Elenor"Na komm mein Schatz, dein Vater ist hier."
"Dad?" Ich schlang aufgeregt die Arme um meine Mutter. Sie schmunzelte. Sie hatte ihn auch vermisst, das war nicht schwer zu erkennen. Es war ein gutes Gefühl, Hand in Hand mit ihr zu gehen, mich an sie zu schmiegen, und den leichten Duft ihres Parfums einzuatmen. Es war der Wagen mit dem mein Vater immer nach Hause kam, der im Hof parkte. Ich konnte ihn schon von Weitem erkennen, auch wenn die Sonnenbrille seine liebevollen Augen verdeckten. Den Anzug, der meinen Vater zu dem machte, was er war, einen Geschäftsmann, der viel zu selten zu Hause war. Es war das gleiche Lächeln, das seine Lippen umspielte, sobald er uns entdeckte. Wie immer auf ihn wartend. Voller Sehnsucht."Meine beiden Lieblingsmenschen", raunte er mit seiner tiefen Stimme, ehe er mich in seine Arme zog und mich einmal herumwirbelte. Ich kicherte und hörte auch nicht damit auf, als er von mir abließ und Mom einen Kuss gab.
"Ich habe euch etwas mitgebracht."Meine feuchten Wangen bemerkte ich viel zu spät. Ich konnte sehen, wie der Taxifahrer einen neugierigen Blick wagte.
"Hier sind wir."
Ich kramte nach etwas Geld in meiner Hosentasche und beließ es bei dem Schein, der ein übriges Trinkgeld weit überbot. Der Fahrer, dem nicht mal ein einfaches Danke über die Lippen kam, nickte mir zu und brauste sofort davon, sobald ich aus dem Auto gestiegen war. Meine Beine fühlten sich schwer an, als ich die Treppe erklomm. Für mich mochte es scheinen, als wäre es der Mount Everest der mir solche Probleme machte, aber es war Antriebslosigkeit, der Schock, der noch zu tief in meinen Knochen saß. Mein Vater ein Mörder? Ein Kindesentführer? Sollte das eine Tochter jemals glauben? War er nicht immer noch derselbe Mann, der mich vor dem Schlafengehen zugedeckt hatte? Der Mom immer gesagt hatte, wie sehr er sie doch liebte? Wie sehr er wünschte, öfter zu Hause zu sein. Das war doch nicht alles nur eine große Lüge. Dieser Mann aus den Nachrichten, mit diesem hatte ich nie den Mann verbunden, der jahrelang mein großes Vorbild war. Doch wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass Evan sich irrte? Gab es überhaupt eine Chance, dass das alles nur ein großes Missverständnis war? Aber die ganzen anderen Artikel. Nicht alles davon konnte eine große Lüge sein."Elenor?" Bella wirkte überrascht, aber zuvorkommend. "Komm rein. Hast du geweint?"
Das kleine Familienhaus sah von innen gemütlich aus. Warm. Eine Familie mit Mutter und Vater. Ich hörte ihre Eltern, die ein lautes Gespräch hinter einer verschlossenen Tür führten. Es war kein Streit, mehr eine aufgeregte Erzählung von einem stinknormalen Arbeitstag.Ich schüttelte schnell den Kopf auf ihre Frage. Nicht besonders schlau, denn meine roten Augen verrieten mich und machten es noch offensichtlicher, dass ich etwas zu verbergen hatte. Ich wusste selbst nicht ganz genau, warum ich hergekommen war. Vielleicht, weil Bella eine ungewöhnlich beruhigende Wirkung auf mich hatte. Wann immer sie auch bei mir war. Sie war mein Ruhepol und ich fühlte mich nach der schockierenden Erkenntnis über meinen Vater, endlich wieder so, als könnte ich einen klaren Gedanken fassen.
"Komm wir gehen hoch in mein Zimmer." Ich folgte ihr und versuchte die Familienbilder auszublenden. Wir gingen durch eine Tür, die groß ein Poster mit ihrem Namen trug. Isabella. Ihr Bett war nicht gemacht und ein kleiner Stapel aus Büchern, lag darauf verteilt, wie als schlüge sie immer eine Seite eines anderen Buches auf und legte es anschließend wieder zurück.
Bella war es nicht peinlich, dass ihr Zimmer nicht gerade die Ordnung wiederspiegelte, wie der Rest ihrer Schulsachen. Dennoch räumte sie die Bücher zusammen und bat mich Platz zunehmen.
"Ich habe gerade versucht, eine Stelle aus einem Buch zu finden, die ich in meinen Aufsatz bringen wollte. Aber ich kann mich beim besten Willen nicht mehr erinnern, aus welchem Buch sie stammt." Ich musste Schmunzeln. Es war seltsam sie mit einem großen schwarzen Brillengestell auf der Nase zu sehen. Sie trug ihre Brille nie in der Schule, meinte, es würde sie zu schlau aussehen lassen. Ich wusste, dass sie immer scherzte. "
"Also, was führt dich her? Ich schwieg, wie auch sonst.""Hat es etwas mit deinem Bodyguard zu tun." Perplex schaute ich sie an. "Was? Glaubst du ich merk nicht, dass da irgendwas zwischen euch läuft?" Es war mir nie wirklich aufgefallen, dass irgendwas darauf schließen ließ, dass ich ihn mehr als nur okay fand, nicht so, wie meine anderen Bodyguards, die meist viel älter gewesen waren als Evan. Und lange nicht so attraktiv.
"Es ist doch nicht verboten, seinen Bodyguard gut zu finden." Ja, aber schon, wenn er meinen eigenen Vater ermorden möchte, weil er seine kleine Schwester entführt und seine Eltern ermordet hatte. Es schauderte mich und erneut fühlte ich mich den Tränen nahe. "War er ein Arsch?", hakte Bella nach. Ich schüttelte wieder den Kopf. "Also schlimmer als Wren kann er ja wohl nicht sein. Lass dich doch nicht von einem Typen runtermachen. Ich weiß zwar nicht ganz was vorgefallen ist, aber wenn er dich verletzt hat, dann sag ihm die Meinung. Wenn du willst, kann ich das auch tun."
Ich tat in diesem Moment alles, um meinen Dank auszudrücken; ich schlang meine Arme um sie und zog sie in eine feste Umarmung.
"Wow, wow, nicht so stürmisch", lachte sie.Den restlichen Tag verbrachte ich in meinem Bett und versuchte somit Evan aus dem Weg zu gehen. Die Angst die ich ihm gegenüber empfand, war noch präsent, wenn auch nicht mehr mit einer schrecklichen Panik verbunden. Dennoch überkamen mich oft Momente der Angst. Ich war wie betäubt, wollte mehr über die Taten meines Vaters erfahren und konnte nicht. Ich schaffte es nicht, genug Mut zu fassen, und das letzte bisschen Familiengefühl, das ich für meinen Vater empfand auszulöschen. Seine raue Stimme war nur ein leichtes Vibrieren in meinem Kopf. Wie eine Erinnerung, die nicht mehr dieselbe war. Ein unerwartetes Schluchzen war die Folge. Ich konnte ihn nicht hassen, egal wie sehr ich es auch versuchte. Er war ein Monster. War nie Zuhause, kam nicht zu meinen Geburtstagen, weil er zu sehr damit beschäftigt war, nicht nur seine eigene, sondern auch die Familien der anderen zu zerstören. Er hatte Evan seine Eltern genommen, seine kleine Schwester. Und der Schmerz in seinen Augen, würde niemals verschwinden. Evan war traumatisiert. Er hasste meinen Vater, und ich konnte es ihm nicht einmal verübeln. Doch der Gedanke daran, er könnte meinem Vater etwas antun, tat immer noch schrecklich weh. Ich war am Verzweifeln. Mein nächster Traum brachte keine Einsicht. Es war Evans Schwester, die die Hauptrolle hatte. Eine schreckliche Hauptrolle. Evans Blick, schmerzvoller Ausdruck, ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Der Traum endete mit Evan, der eine Pistole auf meinen Vater richtete.
Schweißgebadet wachte ich auf, meine Kette fest im Griff. Wie konnte ich nur zulassen, dass ein kleines Mädchen litt, weil ich nicht wollte, dass Evan meinen Vater umbrachte?
Ich hämmerte förmlich gegen die Tür. Evan öffnete innerhalb von Sekunden, obwohl es schon nach Mitternacht war. Seine Haare waren zerzaust, aber er sah aus, als hätte er nicht geschlafen.
Aus erwartungsvollen Augen schaute er mich an. In seinen Händen ein kleines Foto; Das seiner Schwester."Ich mache einen Deal mit dir. Ich helfe dir, deine Schwester zu finden, und du verschonst dafür meinen Vater."
Sein Zögern wurde bei jedem Wort das er las, verarbeitete, stärker.
"Was willst du mehr? Deine Schwester oder meinen Vater?" Er brauchte nicht einmal eine Sekunde, zögerte nicht, sondern streckte mir seine Hand entgegen. Ich legte meine in seine.
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Revenge - Für das Licht in der Dunkelheit
Mystery / ThrillerBAND 1 Seine Schwester entführt von dem meist gejagten Verbrecher Amerikas. Seine Eltern vor seinen Augen ermordet. Evan will nur noch eins: Seine Schwester aus den Fängen der Dunkelheit befreien und Rache nehmen. Er hat nur eine Chance. Doch wird e...