Kapitel 45

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Ich schubste den Handlanger in Richtung des großen schwarzen Wagens, mit dem Riders Männer hierhergekommen waren. Der Wagen der Angreifer war fort und ich konnte kaum fassen, dass es Dominik mit seiner Verletzung geschafft hatte, in den Wagen zu steigen und abzuhauen.

Ich konnte mich jetzt nicht mit ihm befassen. Ich brauchte meine Konzentration für etwas anderes.

"Einsteigen!", befahl ich gereizt und war überrascht, als er ohne große Wehr einstieg.
"Ich will mitkommen"
"Auf keinen Fall. Es ist zu gefährlich."

"Es ist nicht nur deine Sache." Elenor schien nicht aufzugeben, doch mein Gefühl sagte mir, dass es keine gute Idee war. Ihren Vater zu sehen, nachdem was sie über ihn erfahren hatte. Und was, wenn Wesley wirklich keine Liebe mehr für seine Tochter empfand? Unmöglich könnte ich sicher sein, dass er diese Rettungsaktion nur gestartet hatte, um seine Schwester glücklich zu machen.

Wer sagte mir, dass Elenor wirklich sicher wäre, nach allem was passiert war? Was wenn ich doch gezwungen war, ihn zu erschießen? Sollte sie das sehen?

Es waren so viel Gedanken, die ich verarbeiten musste und keine Zeit. "Ich gebe ihr nur ungern recht, Evan, aber wenn diesem Wesley doch was an ihr liegt, wäre sie für den Fall, dass wir umzingelt werden, ein gutes Druckmittel. Wir wissen nicht, wie viele Wachen er hat."

"Du willst sie als Schutzschild benutzen?" Meine Fäuste zuckten. "Komm schon Evan. Er wird seiner eigenen Tochter schon nichts tun."
"Bitte Evan." Elenor streichelte über meine Schulter und lehnte ihren Kopf an, während sie mich immer wieder darum bat. "Nein."

"Du kannst es mir nicht verbieten", sagte sie schließlich trotzig und stieg ein, ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen. Das konnte doch wohl ein schlechter Scherz sein.
"Entweder ich komme mit euch mit oder ich gehe alleine. Bitte Evan. Ich muss meinen Vater sehen."

Ich stieg ein ohne ihre Bitte zu bejahen. Sie hatte schon selbst eine Entscheidung getroffen und ich würde nicht zulassen, dass ihr etwas geschah. Und was würde ich dafür geben, Antworten zu bekommen. Elenor hatte noch die Chance.

Das Navi führte uns mitten durch den Wald und eine beinahe unbefahrbare Straße voller Steinen. Mit jeder Meile die wir zurückließen, wurde ich nervöser. So lange hatte ich auf diesen Moment gehofft. Und jetzt war Lou vielleicht zum Greifen nah. Was, wenn sie nicht mehr die Lou war, die ich kannte? Wie sollte ich ihr jemals gegenübertreten? Ihr in die Augen schauen, im Wissen, dass ich sie alleine, völlig hilflos gelassen haben.

Furcht, so kalt und grausam wie sie nur sein konnte, packte mich. Ich spürte, wie sie langsam meinen Rücken hinaufkroch. Ich zuckte zusammen, als ich Elenors Hand in meiner spürte. Sie drückte zu und sagte mir mit ihrem Blick, dass alles gut gehen würde. Ich drehte mich fort, denn ich wollte nicht, dass sie sah, was in meinen Augen geschrieben stand. Es war der Wunsch, ihrem Vater weh zu tun. Er war wieder so präsent wie damals.

Der Wagen kam zum Stehen und Rider griff nach seiner Pistole.
"Wir halten hier an."
Wir mussten ein Stück laufen, nicht das uns irgendjemand kommen hörte. Die Dunkelheit war nicht gerade hilfreich im Wald und ich schaute immer wieder zurück, um sicher zu gehen, dass Elenor noch direkt hinter mir war.

Sie war erschöpft. Wir alle waren das.

Ich konnte hören, wie Elenors Zähne klapperten. Der Wind war kalt und ich hatte nichts um sie zu wärmen.

Das schlimmste war jedoch, dass es sich jedes Mal anhörte, als würde Lou nach mir rufen, je näher wir unserem Ziel kamen. Ich wollte rennen, doch für die beste Chance mussten wir zusammenbleiben.

"Hast du den Typen auch richtig gefesselt."
"Ja", wiederholte Rider auf meine Frage schon das zehnte Mal. Er sollte niemanden warnen können.

"Da. Da vorne ist es", sagte ich, griff nach Elenors Hand und zog sie schnell mit mir. Sie stolperte beinahe, krallte sich an mir fest und ging sofort auf Abstand, als sie merkte, dass sie meine Arm belastete.
"Habe ich den Verband fest genug gezogen."

Revenge - Für das Licht in der Dunkelheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt