7. Kapitel

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Es roch bereits beim Betreten des Hauses nach Spaghetti Bolognese, doch so richtig auffallen tat es mir erst, als Chase und ich hoch in die Küche kamen und ich dort eine etwas ältere Frau am Herd sah. Man erkannte sofort, das es Chase Mutter war. Sie hatte dieselben leicht lockigen braunen Haare und diese Grübchen, die mir bei ihm immer eine Gänsehaut verpassten. Als sie aufsah, konnte ich sehen das Chase wohl auch seine grünen Augen von ihr geerbt hatte. "Hey Mum." Chase schien wohl gehofft zu haben das wir unauffällig an ihr vorbei in sein Zimmer huschen konnten. Doch da hatte er die Rechnung ohne seine Mutter gemacht. "Chase William Santino. Was glaubst, du wo du hingehst?" Er blieb so abrupt stehen, dass ich leicht in ihn reinlief. Sein griff um meine Hand wurde fester, so als wollte er verhindern, dass ich das Gleichgewicht verlor. Seufzend legte er meine Tasche beiseite und ging mit mir zurück in die Küche. "Mary das ist meine Mum, Mum das ist Mary." "Freut mich sie kennenzulernen Miss Santino." verlegen schüttelte ich ihr die Hand. Gott sei Dank hatte sie ihren Nachnamen vor ein paar Sekunden gesagt, sonst wäre es sehr peinlich geworden. "Ach nenn mich bitte Gabriella, sonst komm ich mir so alt vor." sie lächelte mich warm an. Dann wandte sie sich an ihren Sohn. "Wie kommt es, das ich heute das erste Mal etwas von Mary höre?" in ihrer Stimme lag ein vorwurfsvoller Unterton. "Mum reiß dich zusammen.", brummte Chase und zog mich dann eilig hinter sich her in Richtung Flur. "Wenn ihr was braucht sagt Bescheid!", rief sie uns noch hinterher was Chase nur mit einem Seufzer hinnahm. Er nahm meine Tasche und ging dann mit mir in sein Zimmer.

Es war überhaupt nicht so, wie ich mir sein Zimmer vorgestellt hätte. Es war genauso hell und groß wie alle anderen Räume in diesem Haus. Zwei der vier Wände waren einfach Fensterfronten und durch eine Schiebetür konnte man auf den riesigen Balkon gehen. Sein großes King size Bett stand mit dem Kopfende an der einen Wand und die andere war belegt mit einem großen Einbaukleiderschrank und einem Einbaubücherregal. Außerdem fand man in seinem Zimmer noch einen Schreibtisch mit Laptop darauf und ein paar Sitzsäcke in der einen Ecke. "Oh man... Verarsch mich doch nicht..." "Was?" "Dein Zimmer ist der Hammer!" er musste grinsen und legte meine Sachen beiseite, anschließend kickte er sich seine Schuhe von den Füßen. "Machs dir einfach irgendwo gemütlich. Und sorry wegen meiner Mum. Du bist irgendwie die erste, die ich mit nach Hause gebracht habe und ihr richtig vorgestellt habe." er fuhr sich etwas verlegen durch die Haare. Ich spürte sofort wieder, wie mir die Hitze ins Gesicht schoss und wusste auch nicht so recht, was ich auf dieses Geständnis erwidern sollte. Deshalb zog ich einfach auch meine Schuhe aus und setzte mich im Schneidersitz auf sein Bett. Er warf sich einfach neben mich aufs Bett, seufzte zufrieden und schloss die Augen. Kurzerhand legte ich mich einfach mutig neben ihn. "Stimmt es, das du dich versucht hast umzubringen...?", fragte er plötzlich leise. Ich hielt kurz den Atem an. "Mehr oder weniger...", antwortete ich nach langer Zeit genauso leise wie er. "Wie...?" er drehte sich auf die Seite und stützte den Kopf auf einem Arm ab um mich ansehen zu können. Dadurch kam er mir noch ein ganzes Stück näher. Ich konnte sein Aftershave riechen und spürte, wie sein Atem mein Gesicht streifte. Ich zog langsam den rechten Ärmel meines Pullovers runter und zeigte ihm die Narbe, die meinen Unterarm zierte. "Oh Mary...", flüsterte er offenbar schockiert. Ich wusste nicht so recht, was ich sagen sollte. Es war mir peinlich. Schrecklich peinlich, dass ich beinahe dieselbe Scheiße abgezogen hatte wie mein Bruder. "Ich hatte zu viel Angst es durchzuziehen.", flüsterte ich, da meine Stimme nicht mehr zuließ. "Ich habe selbst den Notruf gerufen." Er strich vorsichtig mit seinen Fingern über die Narbe. "Zum Glück.", sagte er leise. Ich zuckte nur die Schultern und sah ihn an. Er erwiderte meinen Blick und sah besorgt aus. "Sieh mich bitte nicht so an..." "Wie denn...?" "So besorgt und mitleidig..." ich spürte wie es mir die Kehle zu schnürte. "Tut mir leid...", antwortete er leise und strich weiter über meine Narbe, ich wich seinem Blick aus und zog nach kurzer Zeit meinen Ärmel wieder runter. "Tut mir leid was du durchmachen musstest... Ich kann mir nicht vorstellen, wie es sein muss den eigenen Bruder zu verlieren... Ich wüsste nicht, wie es ohne Amy wäre." ich presste die Lippen leicht aufeinander. Meine Augen brannten, weil die Tränen versuchten sich durchzukämpfen. "Hey..." Chase strich mir eine Strähne hinters Ohr. "Ich wollte nicht, das du traurig wirst..." "Das ist es ja. Du bist nicht schuld. Seit fast einem Jahr ist Matt jetzt schon Tod und weißt du was? Seit fast einem Jahr gab es keinen Tag, an dem ich nicht wach wurde und das Gefühl hatte zu ersticken. Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht traurig bin, keinen Tag, an dem ich mal vergessen kann... " ich kämpfte, ich kämpfte so dermaßen damit nicht die Fassung zu verlieren. Mein Kopf sperrte sich gegen den Drang mich Chase mitzuteilen, doch mein Bauchgefühl gewann. Ich wollte das er mich verstand. Wollte das er nachvollziehen konnte, warum ich so war, wie ich war. Ich wollte das er mich verstand, weil er der erste war, der einfach mit mir reden wollte. Es war nicht wie mit Nicole. Sie wurde dafür bezahlt mir zuzuhören und mich zu verstehen. Chase schien etwas daran zu liegen mich zu verstehen. "Hey, ist schon okay... Du darfst traurig sein. Aber hast du mal dran gedacht, was Matt wollte? Meinst du er hätte gewollt das es dir so schlecht geht?" er strich mir vorsichtig eine Träne aus dem Augenwinkel weg.

Was ging hier gerade ab? Wieso heulte ich mich beinahe bei einem mir vollkommen fremden aus? Was war nur los mit mir?

C'est la vie (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt