12. Kapitel

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Der nächste Morgen verlief schweigsam. Mum und Dad versuchten sich normal zu verhalten, doch von mir kam nur Schweigen. Ich war immer noch sauer. Ohne mich zu verabschieden, machte ich mich auf den Weg zur Bushaltestelle. Es ärgerte mich das ich Chase Handynummer nicht hatte. Ich hatte mich letzte Nacht unruhig hin und her gewälzt und mir den Kopf darüber zerbrochen wie es Chase wohl nach unserem Kuss ging. Mir ließ es nämlich keine Ruhe.

Nach der ermüdenden Busfahrt ging ich unmotiviert zu meinem Schließfach, um die Bücher für Spanisch und Mathematik zu holen. Gerade als ich mein Schließfach schließen wollt, kam Amy um die Ecke und winkte mir überschwänglich zu. "Na du?" sie grinste und umarmte mich. "Alles gut bei dir?" lächelnd erwiderte ich ihre Umarmung. "Klar, hab gehört du verdrehst meinem Bruder jetzt den Kopf?" sie grinste noch breiter. "Hast du das gehört?" verlegen strich ich mir die Haare hinters Ohr. Als Antwort machte Amy nur nen Kussmund und knutschgeräusche. Sofort schoss mir das Blut ins Gesicht. Lachend stupste sie mich an. "Ich mache nur Spaß, Chase war heute Morgen ziemlich geheimnisvoll und verlegen das verrät bei ihm immer schon alles." als es zum Beginn der Stunde klingelte, seufzte Amy frustriert. "Quatschen wir später in der Mittagspause?" "Klar gerne. Bis nachher!" lächelnd verabschiedeten wir uns und gingen zu unseren Kursen. Jedes Mal, wenn ich in einen anderen Raum musste, hoffte ich, Chase über den Weg zu laufen. Doch ich hatte kein Glück. Ich erklärte mich offiziell für verrückt, da ich mich wie eine verknallte Idiotin verhielt. Ungeduldig fieberte ich der Mittagspause entgegen, in der ich ihn hoffentlich sehen würde.

Die Stunden schienen doppelt so langsam zu vergehen wie eh schon und als es endlich klingelte, sprang ich regelrecht auf. "Mary..." ich hatte gerade den Raum verlassen, als ich jemanden meinen Namen hinter mir sagen hörte. Hoffnungsvoll drehte ich mich um. Zu früh gefreut. Es war nur Leon. "Was willst du?" ich konnte mir einen bissigen Unterton nicht verkneifen. "Ich... Ich wollte mich entschuldigen..." "Wofür jetzt genau? Das du dich wie nen Idiot verhälst oder das du dich wie nen Dad anrufendes Arschloch verhälst?" er sah mich gequält an. "Mary..." "Spar es dir. Darauf habe ich heute keine Lust." mit diesen Worten ließ ich ihn stehen und ging eilig zu meinem Spind um die Bücher loszuwerden, bevor ich in die Mensa ging. Wie konnte, er erwarten das alles einfach so wieder okay ist? Er benahm sich seit ich zurück war einfach unmöglich! Natürlich gab es immer dann Probleme, wenn man es am eiligsten hat und sie nicht gebrauchen konnte. Eine halbe Ewigkeit versuchte ich voll bepackt mein Schließfach zu öffnen, ohne dabei die langsam rutschenden Bücher fallen zu lassen. Als es mir endlich gelang das blöde Zahlenschloss zu öffnen, rutschten mir die Bücher aus den Armen und landeten geräuschvoll auf dem Boden. "Mist!" fluchte ich leise und hob alles schnell auf und stopfte es dann einfach notdürftig in mein Schließfach. "Hast du es etwa eilig Cinderella?" eine Gänsehaut jagte über meinen Rücken und ich erstarrte kurz, dann schloss ich mein Schließfach und da stand er. Chase. Lässig an das Schließfach neben meinem gelehnt stand er da und schmunzelte mich an. "Warum immer noch Cinderella?", fragte ich und musste mich anstrengen nicht aus der Puste zu klingen. Er raubte mir buchstäblich den Atem. "Du hast die Angewohnheit Kerle einfach stehenzulassen und zu verschwinden." Chase musste grinsen. Von seiner angeblichen Verlegenheit die Amy erwähnt hatte, war scheinbar nichts mehr vorhanden. "Eigentlich habe ich bis jetzt nur dich stehen lassen." nachdem ich den Satz beendet hatte merkte ich, wie falsch das klang. "Autsch, das tut weh." Chase fasste sich mit Schmerz verzerrten Gesicht an die Brust. "Nein so hab ich das nicht gemeint!" erschrocken sah ich ihn an. Er schmunzelte sofort. "Na dann ist ja gut. Trotzdem musst du damit aufhören mich stehenzulassen. Das macht mich nämlich ehrlich gesagt ziemlich wahnsinnig." für den letzten Satz beugte er sich leicht vor und flüsterte ihn mir beinahe zu. Meine Knie wurden weich und mir wurde schrecklich heiß. "S-sorry..." brachte ich nur stammelnd zustande und spürte den Kloß in meinem Hals. Chase ging wieder etwas auf Abstand und schmunzelte mich an, dann wurde sein Gesicht ernster. "Wie war es gestern mit deinen Eltern noch? Ich wollte echt nicht das du Ärger bekommst Mary." er sah schuldbewusst aus. "Oh nein, mach dir darüber keine Gedanken ehrlich." ich winkte ab. "Du hast echt nichts falsch gemacht, ich hab vergessen Bescheid zu sagen, dass ich unterwegs bin und Mum und Dad sind etwas überempfindlich, wenn man das so nennen kann." "Sicher?" er sah mich skeptisch an. "Ja wirklich." ich nickte lächelnd und hoffte, dass er mir glaubte. Ich wollte nicht das er auf Abstand ging, weil meine Eltern ihn verunsicherten. "Naja, wenn das so ist, würde ich meinen Gefallen ganz gerne einlösen." Chase grinste. "Welchen Gefallen?" verwirrt sah ich ihn an. "Den den du mir noch schuldest." er grinste zufrieden. "Will ich überhaupt wissen, was das für ein Gefallen ist?" dieses Mal war ich diejenige, die skeptisch guckte. "Was denkst du denn von mir?" er lachte rau. "Naja bei euch Jungs weiß man ja nie." Ich zuckte schmunzelnd die Schultern und versuchte mir nicht anmerken zu lassen das sein Lachen mich fast in die Knie zwang. "Vertraust du mir etwa nicht?" und da schlug die Stimmung zwischen uns plötzlich um. Es war wie am letzten Abend. Es lag dieses intensive Gefühl zwischen uns in der Luft von dem ich hoffte, das auch er es spürte. "Doch... Ich vertraue dir..." brachte ich leise hervor und war selber leicht schockiert von meinem Geständnis. Ich vertraute ihm. Wir kannten uns kaum und trotzdem vertraute ich ihm momentan mehr als meinen alten Freunden. Sein Blick hatte sich verändert. Es war ein Leuchten und flackern in seinem Blick und bevor ich etwas tun oder sagen konnte hatte er mich auch schon gegen die Schließfächer gedrängt und presste seine Lippen auf meine. Eine Hand hatte er an meine Wange gelegt, während er sich mit der anderen an dem Schließfach hinter mit abstützte. Eine ungewohnte Hitze durchströmte meinen gesamten Körper und ich erwiderte seinen Kuss aufgeregt. Unbewusst hatte ich mich mit beiden Händen leicht in sein Shirt gekrallt um trotz der Schließfächer hinter mir, mehr Halt zu haben. Ich hatte das Gefühl keinen klaren Gedanken fassen zu können während sich seine Lippen weiter auf meinen bewegten. Keine Ahnung wie lange wir so da standen und uns küssten, aber ich wollte nicht das es ein Ende hatte. Irgendwann lösten wir uns dann beide jedoch schwer atmend voneinander. Mein Gesicht glühte, als er mich musterte und dann zufrieden grinste. "Komm Freitag um sieben zu mir, ja? Und bring genug Sachen für das ganze Wochenende mit." er streichelte mit dem Daumen sanft über meine Wange. Dass ich keinen Herzinfarkt durch seine Berührungen bekam, glich einem Wunder. Unfähig zu sprechen nickte ich nur. Er schmunzelte. "Was denn? Hab ich dir etwa die Sprache verschlagen?" er grinste zufrieden wie ein kleiner Schuljunge und ich spürte, wie mein Gesicht noch eine Stufe heißer wurde. "Naja... Wie ich hörte, hast du jetzt ein Date mit meiner Schwester, nicht das du dazu zu spät kommst." er stieß sich von dem Schließfach ab und ging dann einfach. Als er um die Ecke verschwunden war, atmete ich ein paar Mal tief durch und schloss die Augen. Mir war ganz komisch zumute und ich brauchte ein paar Minuten um wieder klar im Kopf zu werden.

C'est la vie (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt