3. Kapitel

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Die restliche Zeit des Kunstunterrichtes verbrachte ich zum einen damit durch beliebige Zeichnungen auf einem DinA 4 großen Blatt meinen Charakter darzustellen und zum anderen Julie und Maxime zu erklären das zwischen Leon und mir nie was gelaufen ist, oder laufen würde. Sarah musste ich es nicht mehr erklären, immerhin kannte sie Leon zumindest vom ab und zuen sehen wenn sie bei mir war und Matthew Leon zu Besuch hatte.

Insgeheim war ich froh als es endlich zum Schluss der Stunde und Ende dieses anstrengend Tages klingelte. Schnell packte ich meine Sachen zusammen. "Holt dein Dad oder deine Mum dich ab?" Sarah, die neben mir ihre Sachen zusammen packte sah mich fragend an. "Nein ich fahre heute mit dem Bus, Mum und Dad müssen arbeiten." "Willst du bei uns mit fahren? Meine Mum holt uns drei ab und hat bestimmt kein Problem wenn du mit kommst." Sarah lächelt. Ich sah kurz zu Juls und Max. Sollte ich wirklich mit? Insgeheim freute ich mich schon darauf einfach in den Bus zu steigen, die Kopfhörer ein zu stecken und so jeden anderen daran zu hindern eventuell ein Gespräch mit mir anzufangen. "Nein danke ist schon okay." Ich zwang mich zu lächeln. "Ihr müsstet wegen mir sonst total den Umweg fahren." Ich schulterte meine Tasche. "Wir sehen uns morgen ja?" lächelnd winkte ich den dreien zu bevor sie mir widersprechen konnten und machte mich schnell auf den Weg zur Bushaltestelle.

Ich hatte allerdings Pech und war mit eine der letzten sodass sich die Platzwahl in Grenzen hielt. Nach kurzem zögern entschied ich mich jedoch nicht stehen zu bleiben, sondern ging so mutig wie nur möglich zu einer vierer Sitz kombo und drei Jungs die etwa in meinem Alter oder älter sein mussten. Einer von ihnen hatte es sich mit den Füßen auf den letzten freien Platz ihm gegenüber bequem gemacht. Er redete mit seinen Kumpels und keiner von ihnen nahm mich wahr. Klar hatte sich niemand getraut sich dort hin zu setzen. Erst als ich mich räusperte sahen die drei mich an. "Ist was?" fragte der Typ der mit seinen Füßen den Platz blockierte und sah mich mit seinen stechenden grünen Augen an. "Kann ich mich hier hin setzen?" entgegnete ich und gab mir alle Mühe so Selbstbewusst wie möglich rüber zu kommen. Was mir natürlich nicht gelang. Doch am meisten brachte mich seine Antwort aus dem Konzept. "Ne sorry ist besetzt." er grinste mich an und zeigte mir seine weißen, ziemlich perfekten Zähne und ziemlich verführerische Grübchen. Sein Gesicht würde vermutlich jeden Schönheitschirugen die Sprache verschlagen. Aber darum ging es jetzt ja nicht. Ohne weiter nachzudenken steckte ich mir meine Kopfhörer in die Ohren, stieß seine Füße von dem Platz und setzte mich einfach hin. Sichtlich überrascht sah mich der Kerl mir gegenüber an und wechselte dann einige Blicke mit seinen Freunden. Ich hatte nicht vor mit ihm zu reden oder ihn auch nur anzusehen. Naja... Wie gesagt ich hatte es nicht vor... Eigentlich.

Ich spürte wie er mich anstarrte. Warum zur Hölle starrte er mich so an?! Genervt von der Gesamtsituation nahm ich einen meiner Kopfhörer raus. "Ist was?" fragte ich ihn und klang zickiger als gewollt. "Komm runter Süße." schmunzelte er nur wodurch er mir erneut seine Grübchen zeigte. Seine Augen wanderten an mir herab und sein schmunzeln entwickelte sich zu einem dreckigen grinsen. Augen verdrehend steckte ich mir den Kopfhörer wieder ins Ohr und starrte den Rest des Weges bewusst stur an ihm vorbei. Es war mir egal das er immer wieder zu mir sah. Sollte er doch.

Die Busfahrt dauerte gefühlt doppelt so lang wie sonst immer und die drei Typen neben mir schienen auch nicht aussteigen zu wollen. Umso erleichterter war ich als endlich meine Haltestelle die nächste war. Ich wartete bis der Bus hielt, stand dann auf und schulterte meine Tasche. Als ich endlich aus diesem scheiß Bus raus war atmete ich erstmal erleichtert durch. Der Tag war deutlich zu anstrengend gewesen und ich freute mich nur noch auf mein kuscheliges Bett. Mum und Dad waren beide noch arbeiten was mir ganz passend kam. Ich hatte es satt so zu tun als wäre alles super. Und wenn ich das meinen Eltern nicht vorspielte machten sie sich nur noch mehr Sorgen. Nachdem ich mir noch etwas Pizza von gestern Abend aufgewärmt hatte, setzte ich mich an meine Hausaufgaben. Es war etwas schwer mitzukommen da die Schule seit etwas mehr als einem Monat schon wieder lief, aber tausend mal besser als bei einer neuen Schule anzufangen. Gott sei dank war ich vor dem Vorfall mit Matt immer eine Einser Kandidaten. Nur deshalb hat mich die Direktorin zurück kommen lassen. Als ich gerade mit den Aufgaben für morgen soweit durch war vibrierte mein Handy. Ich starrte es eine Zeit lang abschätzend an. Sollte ich nachsehen wer mir geschrieben hatte oder sollte ich es lieber lassen? Mit etwas Glück hatte mir Leon geschrieben. Wenn ich Pech hätte Sarah. Warum ich mich lieber mit dem besten Freund meines Toten Bruders treffen wollte als mit meiner ehemaligen besten Freundin? Ganz einfach: Leon verstand mich. Er hatte fast das gleiche durchgemacht wie ich und wusste wie schwer der Neustart an der Schule mir nun fiel. Leon und Matt waren damals unzertrennlich gewesen was Leon zu so was wie einem Brother-from-another-mother machte.

Nach einigem überlegen sah ich schließlich nach und das Glück schien ausnahmsweise mal auf meiner Seite zu sein, da es Leon war der mir geschrieben hatte.

Leon: Hey du :-) Ich wollte mal fragen ob du Lust hast gleich vorbei zu kommen? Ein paar aus dem Team sind da, wir bestellen Pizza und chillen einfach, würde mich echt freuen!

Pizza und Jungs aus dem Lacrosse Team? Am liebsten hätte ich sofort abgesagt. Ich war seit knapp einem Jahr ein Mensch ohne irgendein Sozialleben was mir nur recht war... Aber andererseits war ich so nicht zu Hause wenn Mum und Dad von der Arbeit kämen und würden mir auch keine Vorträge darüber halten das das Leben weiter gehen musste. Ich atmete tief durch und schrieb Leon dann das ich kommen würde.

Ich war mir von Anfang an nicht sicher ob das eine so gute Idee gewesen war Leon zu zusagen. Denn dieses unangenehme flaue Gefühl in der Magengegend nahm immer mehr zu, desto näher ich dem Haus kam, in dem der beste Freund meines Toten Bruders lebte. Auch wenn der Weg dorthin zu Fuß höchstens zehn Minuten dauerte kam er mir unendlich, ja fast schon schrecklich lang vor! Die Unsicherheit kroch mir durch den ganzen Körper und ließ mich frösteln. Ich war noch nicht bereit... Ich konnte mit noch niemandem über das reden was ich gesehen und durchgemacht hatte. Selbst meine Seelenklempnerin hat nach knapp einem Jahr nichts aus mir raus bekommen, leider erreichte ich durch mein Schweigen nicht, dass die wöchentlichen Termine die ich mit ihr hatte abgesagt wurden.

Erst als ich mich umsah realisierte ich das ich zum Stehen gekommen war. Noch etwas irritiert durch die unbemerkte Handlung meiner Beine versuchte ich meinen vorherigen Gedankenfluss zu vergessen. Seufzend atmete ich aus und führte meinen Weg fort. Als ich nur noch ein paar Meter vom Haus der Miller's entfernt war, hörte ich bereits wie lautes lachen, Musik und Gespräche aus der geöffneten Garage drangen. Naja, als Garage konnte man diesen Ort nun wirklich nicht mehr nennen. Sagen wir mal eher es war ein Paradies für Teenager, besonders für Jungs. Neben einer alten Couch gab es einen Fernseher der natürlich nur zum zocken lief, einen Kühlschrank den Leon immer liebevoll seine 'kleine Bar' nannte, ebenso einige Sitzsäcke und LED Lichtstreifen die den kleinen Raum in immer wechselnden Farben nur spärlich Beleuchtete.

Zögernd blieb ich in der Einfahrt stehen und beobachtet Leon und ein paar andere wie sie hoch konzentriert auf der Couch hingen und irgendein Spiel am zocken waren. "Verfolgst du mich etwa süße?" ich zuckte vor Schreck zusammen als ich plötzlich eine raue Stimme direkt an meinem Ohr hörte. Ich stolperte einige Schritte nach vorne und drehte mich erschrocken um.

Und vor mir stand kein anderer als ER.

C'est la vie (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt