Fünfzehntes Kapitel

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Fünf Minuten vor Mitternacht streifen wir alle unsere Pullis über und gehen nach draussen. Inzwischen hat Skye irgendeinen Typen gefunden, in dessen Arme sie hängt und Zach hat sich mit den Shots an der Bar heillos übertrunken. Zusammen mit Dylan schleife ich ihn nach draussen, während Miles unsere Drinks hinterher trägt. Seine leuchtenden Flügel finde ich immer lustiger und platze deshalb fast vor Lachen.

„Noch drei Minuten", ruft mir Skye aus den Armen ihres Typen zu.

Sobald wir den Platz überquert haben, legt sich Zach lachend auf den Boden. Ich gehe neben ihm in die Hocke und Miles drückt mir meinen Drink in die Hand.

„Ah, danke", sagt Zach in die Leere, „ich bin am verdursten."

„Hey, das ist für mich."

„Hast du nie gelernt, dass man teilt?", empört er sich lautstark. „Pfft, Einzelkinder."

„Ich kann teilen, aber ich will nicht", protestiere ich halb ernst. Daraufhin zuckt unser betrunkener Frauenheld nur mit den Schultern und fängt an, Engelchen auf dem Boden zu machen.

„Hör auf", lache ich laut auf. Ihn so zu sehen ist zwar extrem lustig, aber auch ein bisschen beängstigend.

„Dreissig Sekunden", ruft jemand aus der Menge.

„Steh auf", versuche ich Zachs Arme zu fassen zu kriegen. „Oder willst du das neue Jahr im Liegen willkommen heissen?"

„Im Liegen. Definitiv im Liegen."

„Zehn..."

„Wie du willst", stupse ich ihm mit meinem Schuh in die Seite.

„Fünf, vier, drei, zwei, eins..."

Im Himmel explodieren tausende Sternchen, als eine Rakete nach der anderen dem Mond entgegen schiesst. Etliche Stimmen um mich herum jubeln und mich überkommt eine Welle Glückseligkeit.

Ein neues Jahr. Ein Jahr, das von uns allen entdeckt werden will. Ich bin absolut bereit jeden Tag davon zum Vollen auszukosten.

„Happy New Year", meine ich zu Zach, dessen Augen die Feuerbällchen im Himmel reflektieren.

„Mhm", gibt er nur zurück und ich grinse. Dann sehe ich mich nach meinen anderen Freunden um.

Dylan und Zach sind wie erwartet am knutschen, ebenso Skye. Ich lächle. Es freut mich, sie so glücklich zu sehen.

Und ich lächle, weil ich nicht traurig sein will. Ich will nicht die einsame, neidische Freundin sein, die sich ebenso nach einem Neujahrskuss sehnt. Aber das tue ich. Und wie.

Sind nicht solch einzigartige Momente eigentlich zum Teilen gedacht?

Ich nehme einen Schluck aus meinem Becher und lächle weiter. Nein, ich brauche niemanden, um zufrieden zu sein. Das ganze Jahr über bin ich glücklicher Single, also brauche ich auch an Neujahr niemanden, um mich gut zu fühlen.

„Sin", reisst mich Dylan als erster in eine Umarmung und drückt mich ungestüm an sich. „Frohes Neues."

„Dir auch", lache ich in seine Schulter.

„Ich mag dich", fügt er beduselt zurück.

„Ist das so?", frage ich grinsend. „Ich dich zufällig auch."

„Aww...", macht er, doch meine Aufmerksamkeit schweift in dem Moment von ihm weg.

Über seine Schulter sehe ich vier Gestalten auf uns zukommen. Ich traue mich nicht, mich von Dylan zu lösen. Um nicht vor Aufregung umzufliegen, halte ich mich weiter an meinem besten Freund fest.

Lila LichterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt