Einundzwanzigstes Kapitel

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Ich dachte immer, wenn ich einmal an jemandem Interesse hätte, dann würde er entweder ein Freund meiner Freunde sein oder aber überhaupt nicht in unseren Freundeskreis passen. Entweder, oder. Kein dazwischen.

Aber so funktioniert das nicht, natürlich nicht. Ein Fremder, völlig anders als alle meine Freunde, völlig durchgeknallt. Das ist Alan. Und doch passt er wunderbar zu meinen Leuten. Ich lächle.

„Wolltest du nicht eigentlich die Finger davon lassen?", fragt Alan neben mir und lacht. Auch ich grinse.

Vor und hinter uns tapsen Dylan, Miles, Skye, Zach und Patrick über den Gehsteig. Es ist fast Mitternacht und die Strasse dementsprechend schlecht beleuchtet. Skye stolpert über einen Randstein, fängt sich aber sofort an Zachs Arm auf. Dieser hält in seiner anderen Hand einen Joint.

„Ausnahme, Mann", antwortet Zach grinsend und gönnt sich einen langen Zug. Ich komme noch immer nicht ganz klar damit, dass Alan Drogen mitgebracht hat.

Natürlich, Marihuana ist verglichen mit anderen Drogen vielleicht noch harmlos, trotzdem habe ich mächtig Respekt vor allerlei bewusstseinserweiternden Mitteln. Umso mehr schätze ich es, dass mich Alan zuerst gefragt hat, ob er uns ein bisschen Gras mitbringen dürfe, oder ob wir sowas gar nicht feiern würden. Ich habe erwidert, dass die Jungs ab und zu sowas rauchen.

„Und du?", hat er gefragt.

Ich habe mit den Schultern gezuckt und das Thema gewechselt. Natürlich nicht. Ich bin schliesslich die unschuldige, prüde Sin. Was erwartet er? Aber das muss ich ihm ja nicht gleich auf dem silbernen Tablet servieren. Stattdessen habe ich es ganz einfach ignoriert, als er den Joint zu aller Freuden ausgepackt hat und habe mich kurzerhand bei Skye eingeklinkt.

Wir sind auf dem Weg zu einem uns noch unbekannten Club, der Alan vorgeschlagen hat. Im Internet stand nur, dass heute Techno und Trap gespielt wird, was mich weder begeistert, noch davon abhält, mich auf die Party zu freuen.

„Sin, nimm jetzt auch mal einen Zug", dreht sich Zach euphorisch zu mir um, dieser Idiot. Ich schüttle fast unmerklich den Kopf und mache grosse Augen. Was tut er denn? Will er mich vor Alan blossstellen?

„Sei nicht so, nimm jetzt", beharrt er und streckt mir den glühenden Stängel entgegen. Er bleibt stehen und ich pralle fast mit ihm zusammen.

„Ich...", stammle ich planlos. Soll ich mich überwinden? So schlimm kann's ja nicht sein.

„Gib mal her", rettet mich Alan und schnappt sich den Joint zurück. „Ich will auch noch mal, bevor das Gras alle ist."

Ich spähe überrascht zu ihm hoch. Ob er mein Zögern bemerkt hat? Mist, hoffentlich findet er mich nun nicht langweilig. Nein Sin, du bist betrunken. Mach dir nicht so viele Gedanken.

„Ich will auuuuch", bettelt Skye und hüpft an die andere Seite von Alan. „Ich hatte noch keins."

„Bitte", grinst Alan und reicht ihr den Stängel nach einem langen Zug.

„Sin, wie hiess noch mal der Song, von dem du mir erzählt hast?", will Miles nun von hinten wissen. Ich lasse mich zu ihm und Dylan zurückfallen und werde von Dylan sofort mit einem offenen Arm empfangen. Meine schwarze Mütze rutscht mir ins Gesicht.

„He", empöre ich mich, woraufhin Dylan sie mir zur Antwort noch tiefer ins Gesicht reibt.

„Du bist so ein Blödmann", lache ich. „Welcher Song überhaupt?"

Dylan und Miles halten Händchen, was so gut wie nie vorkommt. In dem Moment bin ich dem Alkohol unendlich dankbar. Dank ihm erlauben sich die beiden endlich ein kleines Risiko. Und sie scheinen sich endlich vertragen zu haben, was mich doppelt freut.

Lila LichterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt