Lila Lichter

Dreizehntes Kapitel

                   

Nur Minuten später stehen wir in einer viel zu langen Warteschlange zum Club. Hinter mir ertönt das Meeresrauschen, welches von der aus dem Innern dringenden Musik nicht ganz übertönt werden kann. Die Luft ist reiner, es riecht nach Freiheit.

„Ich geh' mal nach vorne", erkläre ich Zach grinsend, „Frauen lassen sie meistens rein."

„Tust du nicht", hält er mich an einem Arm zurück. „Was willst du da drin ohne uns?"

„Tanzen?"

„Nicht ohne mich", stösst Miles viel zu laut aus. Die Mädels vor uns drehen sich fragen um. Jup, Miles ist angekommen.

„Dann halt nicht", verdrehe ich spielerisch die Augen. „Manchmal wäre es so viel einfacher, wenn ihr alle Mädels wärt."

„Nein danke", mischt sich nun auch Dylan ein. Langsam legt er mir einen Arm um die Schulter und die neidischen Blicke der Mädchen vor mir entgehen mir nicht. Ich lächle. Es tut gut, dass jemand für einmal neidisch auf mich ist. Schön, dass nicht alle wissen, dass ich nur freundschaftliche Umarmungen kriege. Niemand braucht mir sagen, dass mein Denken eigentlich völlig falsch ist. Das weiss ich. „Stell dir mich mal als Mädchen vor", fährt er grinsend fort. „Da würde sich Zach ja gleich an mich ranmachen."

„Ja genau", spottet Zach, „weil ich ja so sehr auf fehlendes Hirn stehe."

„Halt die Klappe", gibt Dylan lachend zurück und boxt Zach mit der freien Hand in die Seite.

Da es draussen ziemlich kalt ist und ein frischer Wind vom Meer her meine Haare in mein Gesicht bläst, kuschle ich mich enger an Dylans Seite.

„Mir ist kalt."

„Wusste ich schon."

„Wusste eigentlich schon jeder", meint unser gutaussehender Musiker und fährt sich mit der Hand durch seine nussbraunen Locken.

Eine gefühlte Stunde später stehen wir endlich ohne Jacken in Poco Loco. Obwohl mein Handy gerade 2.14 Uhr anzeigt, ist der Club nicht ganz voll. Die meisten Leute hier sind wie immer Austauschstudentinnen aus Asien oder Europa, die den lokalen Jungs gefallen wollen und ihre Hüften stilvoll über die Tanzfläche schwingen. Und mitten drin tanze ich wie eine Bekloppte, hüpfe und singe lauthals alle Songtexte mit.

Nachdem Dylan sicher drei Mal angesprochen worden ist und meine Beine das Stehen kaum mehr aushalten, beordert mich Miles nach draussen:

„Sin", schreit er über die Musik, „brauchst du ein bisschen frische Luft?"

„Nein, ich brauche eine Bank", brülle ich zurück.

„Hat es draussen auch", antwortet er und packt mich am Arm. Sekunden später stolpere ich hinter ihm her nach draussen. Der Raucherbereich hat natürlich keine Sitzgelegenheit, weshalb ich kurzerhand aufs Geländer hocke. Meine Muskeln entspannen sich augenblicklich.

„Weißt du, das ist einfach so unglaublich", fängt mein Begleiter sofort schulterzuckend an. „Ich meine, der wimmelt die gar nicht ab. Wieso überhaupt macht er diesen Frauen schöne Augen, wenn er mit mir da ist?"

Es geht um Dylan. Natürlich gefällt Miles nicht, dass sein Freund konstant von irgendwelchen Mädels angemacht wird. Andererseits ist Miles' Anschuldigung, dass Dylan sie dazu anspornt, recht fehl am Platz. Dylan hat ganz einfach das, was Skye auch besitzt: überdurchschnittliche Schönheit.

Während Miles weiterredet und mit der Welt nicht mehr klar kommt, spüre ich die Müdigkeit in meinen Kopf steigen.

„Wie viel Uhr ist es eigentlich?", unterbreche ich Miles gedankenverloren.