7. Pike und Hauki ⋆

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In dieser Nacht träumte Iris von unheimlichen Wölfen, die sie durch ein nicht enden wollendes Labyrinth aus engen Gassen hetzten - bis zum Rand eines aufgewühlten Ozeans

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In dieser Nacht träumte Iris von unheimlichen Wölfen, die sie durch ein nicht enden wollendes Labyrinth aus engen Gassen hetzten - bis zum Rand eines aufgewühlten Ozeans. 

In ihrem Traum spürte sie die schaumige Gischt der tosenden Wellen so real auf ihrer Haut, dass sie sich nach dem Aufwachen direkt ins Gesicht fasste und erwartete, statt kaltem Nachtschweiß Spuren von salzigem Meerwasser vorzufinden. 

Dieser Eindruck verflüchtigte sich jedoch schon nach wenigen Sekunden wieder. Zurück blieb nur ein vages Gefühl von Bedrohung. 

Mit einem leisen Ächzen setzte sie sich auf und warf einen Blick auf die Uhr an der gegenüberliegenden Wand, die vom sanften Sonnenlicht bedeutungsvoll angestrahlt wurde. Obwohl es noch früh am Morgen war, schien auf den Straßen rund um das Gasthaus bereits emsige Geschäftigkeit zu herrschen. Jedenfalls konnte sie die gedämpften Geräusche von Pferdehufen, Karren und Vapobilen vernehmen, die von draußen hereindrangen.

Nachdem sie sich ausgiebig gestreckt hatte, glitt Iris aus dem Bett. Dabei fiel ihr Blick auf das Stilett, das griffbereit neben ihrem Kopfkissen lag. Der Anblick der silbrig glänzenden Waffe, ein Geschenk ihrer Großmutter, erinnerte sie unangenehm an die Ereignisse der vergangenen Nacht, an das Gesicht des Hünen, als sie ihre Hutnadel in sein Herz gestoßen hatte, und an den Geschmack seines Blutes auf ihren Lippen. 

Für einen Moment saß sie reglos da, unfähig, sich zu rühren oder die Erinnerung an das Geschehene zu verdrängen. 

Dann vernahm sie ein lautes Poltern aus dem benachbarten Zimmer, das sie aus ihrer Starre befreite. 

Entschlossen blinzelte sie die Bilder in ihrem Kopf weg, strich ihr schlichtes Nachthemd glatt, setzte ein erzwungenes Lächeln auf und spazierte zum Fenster. Mit beiden Händen packte sie den Rahmen und stieß das Fenster auf. 

Ein ungewohnt salziger, leicht fischiger Geruch drang ihr in die Nase und sorgte dafür, dass sich das Lächeln auf ihren Lippen nicht mehr ganz so steif anfühlte. Sie mochte Myr Ryba und ihre ganze Fremdartigkeit. In den nächsten Tagen wollte sie noch viel mehr davon entdecken. Den Spaß daran würde sie sich nicht von einer einzelnen schlechten Erfahrung zunichte machen lassen. 

Vorsichtig lehnte sie sich aus dem Fenster und blickte über die Häuserdächer hinweg zum Fellmonte, der die Bucht majestätisch überragte. Die berühmte Kapitänsstatue, die noch aus der Gründungszeit der Stadt stammte, thronte wie ein bronzener Wächter am südlichsten Punkt des Hügels, über den Steilhängen, an denen im Frühling ganze Scharen von Kapitänstauchern zum Brüten zusammenkamen. 

Dort oben lag ihr Ziel für den heutigen Tag: das Anwesen der Forelli-Familie. 

Wenn alles glatt lief und sie den Auftrag der Forellis erhielt, würde sie die nächsten Wochen, vielleicht sogar Monate, in Myr Ryba verbringen und konnte sich ganz in Ruhe mit den Eigenheiten der Stadt vertraut machen. 

Die Forelli-Dynastie: Göttliches ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt