25. Die Füchsin

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Am nächsten Morgen erwachte Iris zum ersten Mal in ihrem neuen Bett

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Am nächsten Morgen erwachte Iris zum ersten Mal in ihrem neuen Bett. Die weichen Kissen gaben ihr das Gefühl, auf Wolken zu schweben. Normalerweise hatte sie keine Probleme, beim Krähen des Hahns auf den Beinen zu sein, doch unter diesen Bedingungen blieb sie gern noch etwas länger liegen und beobachtete durch die hohen Sprossenfenster, wie die Sonne über der Bucht von Ryba aufging. Durch ein halb geöffnetes Fenster drangen salzige Meeresluft und der Lärm der heimkehrenden Fischerboote herein. Kreischende Möwen umkreisten die Schiffe, in der Hoffnung, den einen oder anderen Fisch stibitzen zu können. Gleichzeitig drangen auch aus dem Innern des Anwesens Geräusche an Iris' Ohren: Das Klappern von Geschirr, das traurig klingende Lied auf den Lippen eines Dienstmädchens und das Gekläffe eines kleinen Hundes.

Für eine Weile genoss Iris das müßige Nichtstun und gab sich der verderbten Faulenzerei hin, wie ihre Zofe Poppy es immer genannt hatte, dann setzte sie sich auf und zog sich die Bettdecke bis ans Kinn. Noch immer fiel es ihr schwer zu glauben, welche Wendung ihr bis dahin weitgehend beschauliches Leben genommen hatte. Jetzt saß sie in einer fremden Stadt unter einem freischwebenden Baldachin mit goldenen Ornamenten und einem aufwendigen Sternenmuster, während irgendwo irgendjemand ihren Tod plante. Davon musste sie zumindest ausgehen. Auch wenn Sarko Baboi beteuert hatte, er würde keine Damen verletzen, hatte er Zanders Tod ohne mit der Wimper zu zucken in Kauf genommen. Selbst Iris war klar, dass auf das Wort eines solchen Mannes kein Verlass sein konnte. Doch es war, wie Tuna gesagt hatte: Sie war so weit gekommen und jetzt musste sie es auch zu Ende bringen. Vorbei waren die Zeiten, in denen sie sich vor ihrem eigenen Schatten gefürchtet hatte!

Mit einem tiefen Atemzug wappnete sie sich für die Herausforderungen des kommenden Tages und streckte sich nach der Kordel, die neben ihrem Bett aus einem Loch in der Wand baumelte. An ihrem Ende war ein hübsch verzierter goldener Griff befestigt. Iris zog daran und wartete, bis nach etwa einer halben Minute ein Dienstmädchen, das laut Anchois nur für sie zuständig und ihr bei allem behilflich sein sollte, in der Zimmertür erschien.

Das Mädchen, das sich ihr bei ihrer gestrigen Rückkehr zum Forelli-Anwesen als Hasel vorgestellt hatte, mochte etwa vierzehn Jahre alt sein. Sie trug ein schwarzes Kleid mit einer weißen Schürze und hatte das dunkle Haar zu einem strengen Zopf geflochten. Ihr noch recht kindliches Gesicht war weich und rund, ihre großen Augen wirkten aufgrund der hängenden Lider etwas schläfrig, aber ihr Lächeln war aufgeweckt und freundlich. Vermutlich wäre Iris nie der Gedanke gekommen, dass sie mal auf der Straße gelebt hatte, wären da nicht die Narben an ihren Händen und ihr steifes Bein gewesen, das sie beim Gehen nachzog. Ihre Erklärung dafür hatte Iris bis ins Mark erschüttert: Hasel trug eine Prothese, die Fräulein Enzia für sie angefertigt hatte - und das, weil es aufgrund von Erfrierungen notwendig gewesen war, ihr schon im zarten Alter von zehn Jahren den Fuß bis über den Knöchel zu amputieren. Allein der Gedanke daran machte Iris sprachlos.

»Fräulein Dan de Lion«, sagte Hasel mit einer eleganten kleinen Verbeugung. Ohne ihre Verletzung hätte sie vermutlich in jedem anderen Haushalt eine Anstellung gefunden, denn ihr Benehmen war untadelig.

Die Forelli-Dynastie: Göttliches ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt