98. Bittere Wahrheiten

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Iris half Zander auf eines der Sofas im Herrensalon

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Iris half Zander auf eines der Sofas im Herrensalon. Auch wenn es den Anschein hatte, als wäre er so gesund und munter wie eine frisch geschlüpfte Motte, ließ sie es sich nicht nehmen, ihn ein wenig zu bemuttern. Vielleicht weil sie wider besseres Wissen hoffte, die Veränderung, die sich in seinem Innern vollzogen zu haben schien, mit etwas Zuwendung wieder ungeschehen machen zu können.

»Willst du einen Tee?«, fragte sie hoffnungsvoll.

Zander lächelte spöttisch. »Du musst mich nicht hofieren wie ein Dienstmädchen.«

»Es macht mir nichts aus«, erwiderte Iris. Sie wollte sich schon abwenden und Hazel losschicken, damit sie ihnen Tee und Kekse organisierte, da fasste Zander nach ihrem Arm und zog sie zu sich aufs Sofa. »Setz dich. Bitte.«

Iris hätte am liebsten protestiert. Eine innere Unruhe machte es ihr fast unmöglich, stillzusitzen. Die angespannte Atmosphäre im Forelli-Anwesen, die zurückgeblieben war, nachdem ihre Gäste fluchtartig das Gebäude verlassen hatten, erweckte in ihr den Drang, die Stille mit Lauten und die Leere mit Bewegungen zu erfüllen. Nervös ließ sie ihren Blick durch den Salon wandern.

Omul, der Diener mit dem ebenholzfarbenen Teint, entfachte soeben ein Feuer im Kamin. Anschließend nahm er Anchois das Tablett mit dem Tee ab, damit sie sich setzen konnte. Sie wirkte noch immer ziemlich aufgebracht. Morena Dorado thronte in einem der Polstersessel und strich gedankenverloren mit der Hand über ihren voluminösen Schwangerschaftsbauch. Tuna und Salmon nahmen auf dem gegenüberliegenden Sofa Platz. Zibeline und ihr Nuntier Onlycka zogen sich in den Ohrensessel am Kamin zurück. Hasel blieb in der Nähe der Tür stehen, als erwartete sie weitere Anweisungen. Alle schienen sich ungewöhnlich langsam zu bewegen und sehr darauf bedacht zu sein, kein lautes Geräusch zu verursachen. Als würden sie über einen Teppich aus rohen Eiern tanzen.

Zuletzt betraten Cyan und Enzia, in Begleitung von Sheitani, den Salon. Der Myrkur blutete noch immer aus diversen Fleischwunden, schien aber nicht lebensbedrohlich verletzt zu sein. In Ermangelung einer geeigneten Sitzgelegenheit ließ er sich in einer Ecke des Salons auf den Boden sinken und breitete seine ledrigen Schwingen aus. Dabei entkam ihm ein leiser Seufzer der Erleichterung. 

Cyan wich ihm nicht von der Seite. Vollkommen unprätentiös setzte er sich zu ihm auf den Teppichboden und schlug die Beine übereinander.

»Ich bin froh, dass du überlebt hast, Zander«, bemerkte Morena in die Stille, die sich nach dem Eintreffen der Forelli-Kinder im Salon ausgebreitet hatte.

»Freut mich, zu hören«, erwiderte Zander mit einem süffisanten Unterton in der Stimme. »Ich bin ebenfalls sehr erfreut, Sie froh und munter vor mir zu sehen.«

Morena lächelte schmal. Iris konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass ihr etwas Hinterlistiges anhaftete. Sie versuchte, sich an das Konzert zu erinnern, bei dem ihr Morena schon einmal begegnet war. Da sie sich jedoch nicht besonders für Operetten interessierte, war ihr von dem Abend nicht mehr viel in Erinnerung geblieben. Sie wusste nur noch, dass sie die Zeit genutzt hatte, um einem jungen Adeligen schöne Augen zu machen, der auf einem der angrenzenden Balkone gesessen hatte. Egal, wie sehr sie sich auch anstrengte, an das Geschehen auf der Bühne konnte sie sich nicht mehr erinnern. Allerdings hatten ihre Begleiter Morenas Gesang in höchsten Tönen gelobt.

Die Forelli-Dynastie: Göttliches ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt