22. Schattenmesser

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Die Magier-Gilde von Myr Ryba war in einem imposanten Gebäude an der Kreuzung zweier Kanäle untergebracht

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Die Magier-Gilde von Myr Ryba war in einem imposanten Gebäude an der Kreuzung zweier Kanäle untergebracht. Beide Wasserstraßen verliefen zunächst auf höherem Grund und ergossen sich dann im freien Fall in das ringförmige Becken, das den Sitz der Gilde umgab. Das Gebäude selbst besaß einen achteckigen Grundriss, fensterlose Steinmauern, die mit verschiedenfarbigen Marmorplatten verkleidet waren, und eine flache Kuppel aus glänzendem Kupfer. In einer spitz zulaufenden Laterne, die einige Meter über der Kuppel zu schweben schien, brannte das Ewige Feuer: leuchtend grün an diesem Abend.

Iris hatte jedoch keinerlei Sinn für die Schönheit der Architektur oder der Magie. Sie war noch zu sehr damit beschäftigt, herauszufinden, wie sie die Bilder einordnen sollte, die ihr seit dem Kampf im Schmuckladen im Kopf herumspukten. Obwohl sie zu keinem Zeitpunkt Todesangst empfunden hatte, zerfielen ihre Erinnerungen an das Geschehen schon wieder in einzelne Eindrücke, die vollkommen losgelöst voneinander und von der Realität zu existieren schienen. Das Blut des erschossenen Attentäters mischte sich mit ihrem eigenen Blut, dem Blut des Hünen und dem Blut ihrer Freundin, die beim Angriff der Wegelagerer ums Leben gekommen war. Alles vermengte sich zu einer leise köchelnden Suppe aus aufgewärmter Angst, Schuldgefühlen und Zweifeln. Von außen war ihr jedoch nichts anzumerken. Ihr Herz schlug regelmäßig, ihr Atemrhythmus war entspannt. Sie hätte bei jeder Zielübung ins Schwarze getroffen – so ruhig waren ihre Hände. Doch in ihrem Innern tobten die Bilder, als kämpften sie gegeneinander um einen Platz in ihrem Bewusstsein. Erst als sie Zander leise stöhnen hörte, gelang es ihr, die Augen nach innen zu verschließen und nach außen zu öffnen.

Mit schmerzverzerrter Miene lehnte Zander am hölzernen Geländer der Brücke, die über das Kanalbecken führte. »Was ist los?«, wollte Tuna wissen. Sie klang alarmiert.

»Es ist nichts«, sagte Zander, während er sich mit einer Hand am Geländer abstützte und mit der anderen nach der Wunde an seiner Schulter tastete. Ein unsicheres Lächeln huschte über sein Gesicht. »Ich will ja nun wirklich nicht wehleidig klingen, aber-« Als er den Ellenbogen über einen bestimmten Winkel brachte, schien ein scharfer Schmerz durch seinen Körper zu zucken. Jedenfalls ließ er sofort den Arm sinken, verzog das Gesicht und taumelte. 

Salmon sprang vor, um ihn festzuhalten, falls er stürzen sollte, doch es gelang Zander, sich aus eigener Kraft auf den Beinen zu halten.

»Nun, du bist wehleidig«, brummte Tuna. »Aber so ein Theater sieht selbst dir nicht ähnlich.« Sie nickte Salmon zu. »Am besten sehen wir uns die Wunde mal an.«

»Nein, nein«, wehrte Zander ab, doch seine Stimme war so leise, dass sie im Rauschen des Wassers fast vollständig unterging. 

Ohne auf seinen schwachen Protest zu achten, zerrte Tuna ihm den langen Mantel von den Schultern. Darunter trug er ein einfaches, schmuckloses Hemd, das seinen Wert allein durch den seidigen Glanz verriet. Iris rückte näher, um besser sehen zu können. Die Einstichstelle war jedoch auch aus der Nähe kaum zu erkennen.

Die Forelli-Dynastie: Göttliches ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt