9. Die Florfruese und der Gusar ⋆

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»Was machen Sie für ein Gesicht, Fräulein Dan de Lion?«, fragte Pike, der ihr gegenüber saß, mit seiner einschmeichelnden Samt-Stimme

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»Was machen Sie für ein Gesicht, Fräulein Dan de Lion?«, fragte Pike, der ihr gegenüber saß, mit seiner einschmeichelnden Samt-Stimme. 

Dabei bewegte sich ein sehniger Muskel an seinem Hals und zog Iris' Aufmerksamkeit wie magisch auf sich. Die Art, wie er sich an- und wieder entspannte, erinnerte sie an eine Harfensaite. Gleichzeitig stellte sie sich vor, wie sie den Muskel mit ihrem Stilett durchtrennte. Obwohl sie schon allein der Gedanke daran ekelte, war sie zornig und verängstigt genug, um einen weiteren Mord zu begehen. 

»Ein Lächeln würde Ihnen viel besser zu Gesicht stehen«, fuhr Pike fort, wobei er selbst ein schmales Grinsen aufblitzen ließ, das seine viel zu weißen Zähne betonte. In den Händen hielt er Iris' Stilett und drehte es hin und her, sodass die Klinge im Licht, das durch die Fenster hereindrang, wiederholt hell aufleuchtete.

»Ich lächle dann, wenn ich es für angemessen halte, vielen Dank«, erklärte Iris. 

Das Gerumpel und Geklapper der Kutsche machte sie nervös, sogar noch nervöser als der hagere Mann, der sie entführt hatte. 

Nach dem brutalen Raubüberfall, den sie im Alter von fünfzehn Jahren überlebt hatte, war es ihr schwergefallen, überhaupt wieder in eine Kutsche zu steigen, doch in den Jahren darauf hatte sie ihre Furcht überwunden, war stärker und mutiger geworden. Jetzt sah sich mit einem alten Übel konfrontiert, das sie längst vergessen geglaubt hatte. 

»Was wollen Sie eigentlich von mir?«, fragte sie, um sich abzulenken.

»Ich persönlich habe keinerlei Interesse an Ihnen«, antwortete Pike. »Meine Herrschaften dafür umso mehr.«

»Und weshalb?«, brummte Iris. »Wenn es Ihnen um Lösegeld gehen sollte-«

An dieser Stelle lachte Pike auf. Sein Lachen klang, als würde ein feiner Samtstoff auf ganzer Länge einreißen und fuhr Iris wie ein Sägeblatt durch den Körper. »Um Geld? Ich bezweifle, dass Ihre Familie auch nur halb so viel besitzt wie die Herrschaften Calamari.« Er betrachtete versonnen den Griff des Stiletts, der mit hellgrünen Alamandin-Blüten verziert war. »Nein, hierbei geht es nicht um Geld, aber die Details werden Ihnen meine Herrschaften erläutern.«

Iris reagierte ganz instinktiv, schoss vor und hätte es auch beinahe geschafft, Pike die Waffe abzunehmen, aber er war eine Millisekunde schneller. Mit der freien Hand wehrte er ihren Angriff ab und brachte mit der anderen Hand das Messer dicht an ihren Hals. »Ich warne Sie, Fräulein«, sagte er, während sich seinee Finger wie ein Schraubstock um ihren Arm schlossen. »Sparen Sie sich diese Spielchen.«

Im nächsten Moment kam die Kutsche abrupt zum Stillstand, wodurch Iris das Gleichgewicht verlor und zurück auf die Sitzbank plumpste. Ihr voluminöses Kleid federte die Wucht des Sturzes ab. Pike hatte nicht ganz so viel Glück. Das schnelle Bremsen verlieh ihm so viel Schwung, dass er förmlich vorwärts katapultiert wurde. Beim Versuch, sich mit den Händen abzufangen, ließ er Iris und das Stilett los. Trotzdem prallte er mit der Stirn gegen die hölzerne Sitzbank und war für einen kurzen Augenblick benommen. 

Die Forelli-Dynastie: Göttliches ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt