32. Hummer zum Dessert

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Es war bereits dunkel, als Zander und Tuna das Forelli-Anwesen verließen und in einer kleinen Barke über den See ruderten

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Es war bereits dunkel, als Zander und Tuna das Forelli-Anwesen verließen und in einer kleinen Barke über den See ruderten. Am anderen Ufer suchten sie die Stallungen auf, die an eine unscheinbare Stadtvilla anschlossen und daher auf den ersten Blick gar nicht als solche zu erkennen waren. Neben Pferden und Kutschen waren hier auch einige Vapobile untergebracht. Die älteren Modelle erinnerten Zander an Insekten, weil sie mit ihren glänzend polierten Kupferkesseln den taillierten Chitin-Leibern von Ameisen glichen. Die neueren Modelle besaßen dagegen lackierte Karosserien, die ihre metallischen Gedärme vor den Augen der Welt verbargen.

Während Tuna einen Stallburschen und einen Kutscher suchte, die sich zu jeder Tages- und Nachtzeit zu ihrer Verfügung halten mussten, wartete Zander bei den Pferden. Das durchdringende Aroma von Stroh und Tierausscheidungen mischte sich mit dem Geruch von nassem Holz und salzigem Regen. Andauernder Niederschlag war für diese Jahreszeit nicht untypisch und auch wenn Zander zugeben musste, dass die Bedingungen eher ungemütlich waren, konnte er daran nichts Schlechtes erkennen. 

Sein Blick wanderte den Fellmonte hinauf, wo das Forelli-Anwesen in den tief hängenden Wolken zu verschwinden schien. Einzelne Lichter drangen aus dem Innern des Gebäudes wie die Sturmfackeln eines großen Segelschiffs. In einer plötzlichen sentimentalen Regung dachte er daran, wie sehr sich sein Leben in den vergangenen Jahren verändert hatte und wie groß der Dank war, den er Rogner Forelli schuldete. In all der Zeit hatte er diesen Dank nie ausgesprochen. Irgendwie war es ihm immer deplatziert vorgekommen. Vielleicht hatte er sich aber auch einfach nur davor gescheut, sich der Wahrheit zu stellen: Alles, was er war und besaß, verdankte er den Forellis. Und obwohl er diese Familie in sein Herz geschlossen hatte, fühlte es sich nicht richtig an, derart von anderen Menschen abhängig zu sein. Man hatte ihm gesagt, sein Vater hätte hart gearbeitet, um niemals in diese Form des Schuldverhältnisses zu geraten, wie so viele andere Gusaren. Doch zu welchem Preis? Und was würde aus Zander werden, wenn Rogner Forelli nicht wieder aufwachte? Daran wollte er lieber gar nicht denken. Gleichzeitig bereute er es zutiefst, dass ihn der falsche Stolz bislang davon abgehalten hatte, seine wahren Gefühle zu äußern. Jetzt war es vielleicht für immer zu spät.

Kurz darauf kehrte Tuna zurück und riss ihn mit einem schrillen Pfiff und einer schwungvollen Geste aus seiner Grübelei. Sie stiegen in eine der Kutschen und ließen sich von der Kuppe des Fellmonte in die Stadt transportieren. Ein oder zwei Mal erwähnte Zander, dass es vermutlich schneller gewesen wäre, wenn sie den Weg zu Fuß zurückgelegt hätten, vor allem dank der reichlich vorhandenen Abkürzungen über Mauern und Dächer, aber an Tunas stiller Reaktion las er ab, dass er sich mit derartigen Vorschlägen auf dünnes Eis begab. Dabei ging es seiner Schulter schon wieder viel besser. Vor ihrer Abreise hatte er sie noch einmal mit der alten, stinkenden Salbe eingerieben, die er seit seiner letzten Stichverletzung im Schrank aufbewahrte. Seitdem spürte er den Schmerz kaum noch. Es gab also keinen Grund, ihn wie ein rohes Ei zu behandeln. Doch Tuna hatte es sich anscheinend in den Kopf gesetzt, ihn für seine Unachtsamkeit zu bestrafen.

Die Forelli-Dynastie: Göttliches ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt