40. Fräulein Ondine

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Iris fühlte sich leicht benebelt

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Iris fühlte sich leicht benebelt. Das Getränk, das Tuna ihr gegeben hatte, entfaltete so langsam seine volle Wirkung. Umso dankbarer war sie für Zanders Arm, an dem sie sich durch das verwinkelte Gebäude manövrieren konnte. Gleichzeitig lieferte ihr der Alkohol einen guten Vorwand, um ihre Neugier ungehindert ausleben zu können. 

»Du meine Güte!«, entwich es ihr, als sie dabei zufällig einen Blick in ein Zimmer erhaschte, dessen Einrichtung einem Zelt der Aciarischen Beduinen nachempfunden war. Es gab sogar die traditionellen Schädelketten, von denen Iris in ihren Büchern gelesen hatte. Auf der harten Bastmatte, die das Zelt auskleidete, kopulierten soeben ein älterer Mann und eine grazile Schwarzhaarige. Die Frau schien äußerst dehnbar und biegsam zu sein, denn sie hatte die Beine weit gespreizt und den Rücken so zum Hohlkreuz verbogen, dass es Iris schon beim Zusehen schmerzte. Als der Mann seine Zuschauerin bemerkte, hielt er nicht inne, sondern bewegte seine knochigen Hüften noch schneller.

Eilig wandte Iris sich ab und suchte ganz automatisch Zanders Nähe. Gern hätte sie etwas gesagt, aber angesichts dieser befremdlichen Situation fielen ihr keine treffenden Worte ein. Noch nie hatte sie andere Menschen beim Geschlechtsverkehr gesehen. Natürlich erzählten sich die Frauen untereinander von ihren Erlebnissen, aber diese Berichte waren stark geschönt und von prosaischen Ausschmückungen durchzogen, die mit der Wahrheit nichts zu tun hatten. Und Iris' eigene Erfahrungen waren längst nicht so abenteuerlich, wie das, was sie hier zu Gesicht bekam. Meistens hatten die Männer darauf bestanden, dass sie sich hinlegte und einfach passiv alles geschehen ließ. Das hatte es ihr schwer gemacht, überhaupt etwas zu empfinden – erst recht keine explosiven Gefühlshöhepunkte, wie sie in den Büchern beschrieben wurden, die auf der Schule für Sprachvermittlerinnen heimlich herumgereicht worden waren. Meistens hatte sie sich dafür nicht einmal ausziehen müssen und nur den Rock hochgezogen und ihr Mieder etwas gelockert. Das war ihr jedoch aufgrund der unschönen Narben, die ihren Rücken verunstalteten, ganz recht gewesen. 

Trotz dieser nicht gerade berauschenden Erfahrungen spürte sie manchmal ein Verlangen in sich, wie einen Durst, der sich danach sehnte, gestillt zu werden. Früher hatte sie immer geglaubt, dass nur Männer diese Triebe besäßen, aber das hatte sich schnell als Irrtum herausgestellt. Sie hatten nur eher die Möglichkeit, ihr Begehren auszuleben und zu befriedigen.

»Sieh mal«, hauchte Iris und zupfte Zander am Ärmel seines groben Mantels, als sie an einem Raum vorbeikamen, der wie ein Kaminzimmer eingerichtet war. Das flackernde Kaminfeuer und das davor ausgebreitete Bärenfell regten sogar ihre Fantasie an. Sie dachte an Kaspar Dan de Lignas, der nicht nur stinkreich, sondern auch verdammt gutaussehend gewesen war. Vermutlich wälzte er sich soeben mit einer anderen Frau im Bett. Vorzugsweise mit einer Frau, deren Gehirn nicht von der Last mehrerer Sprachen beschwert wurde.

»Man kann die Räume hier auch mieten, falls dir sowas vorschweben sollte«, meinte Zander mit seinem Lausejungen-Lächeln.

Iris hoffte, dass ihr leichtes Erröten vom flackernden Fackelschein verborgen wurde. »Ich habe nicht gesagt, dass ich das schön finde.«

Die Forelli-Dynastie: Göttliches ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt