17. Tafelrunde

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Zander wartete im Speisesaal des Forelli-Anwesens auf das Eintreffen der wichtigsten Angestellten und Bediensteten

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Zander wartete im Speisesaal des Forelli-Anwesens auf das Eintreffen der wichtigsten Angestellten und Bediensteten. Er hatte in der vergangenen Nacht kein Auge zugetan. Früher hatte ihm das nichts ausgemacht, doch jetzt fühlte er sich wie ein Pferdeapfel, der platt getreten auf dem Straßenpflaster lag und wiederholt von Karren und Kutschen überfahren wurde. Sein Kopf schmerzte und pochte wie ein aufgespießtes Herz. Trotzdem hatte er Doktor Seebader, der auf Tunas Anweisung hin gekommen war, um ihn zu verarzten, weggeschickt. Nicht weil er sich für besonders kühn und mannhaft hielt, sondern weil er schlichtweg keine Zeit für derartige Banalitäten hatte. Außerdem sah er den Schmerz als eine gerechte Strafe für sein Versagen an. Natürlich wusste er, dass ihm niemand die Schuld an dem schrecklichen Vorfall gab, nicht einmal Cyan und Enzia, doch sein eigener Verstand war nicht so gnädig und piesackte ihn unablässig mit Vorwürfen und Was-wäre-wenn-Gedanken.

Während Zander seine Schläfen massierte, füllte sich der Saal langsam. Die höheren Angestellten nahmen um den langen Tisch aus rötlichem Schwarzerlenholz Platz, die restlichen Bediensteten verteilten sich entlang der Wände, die mit romantischen Stuckornamenten und Ölgemälden aus der Hand eines unbekannten Künstlers geschmückt waren, der in erster Linie Kapitänstaucher gemalt hatte. Diese Vögel gehörten der Gattung der Kormorane an, besaßen jedoch ein viel prächtigeres Gefieder, sowie einen keilförmigen Kamm, der an den traditionellen Dreispitz eines Piratenkapitäns erinnerte. Angeblich hatte Aureola Corentin, Rogner Forellis erste Frau, die majestätischen Tiere gern beim Nisten beobachtet, was in ihrem Ehemann eine vorübergehende Leidenschaft für Kapitänstaucher-Gemälde ausgelöst hatte.

Testamentarisch festgelegt, gingen in Rogners Abwesenheit alle Privilegien und Verpflichtungen auf seinen Sohn Cyan über. Sein Gesicht suchte Zander in der Menge jedoch vergeblich. Dafür entdeckte er Fräulein Enzia, die mit ihrem rollenden Metallstuhl den Durchgang zum Saal blockierte. Man sagte der jungen Frau nach, dass sie ihrer Mutter besonders ähnlich sähe, und vielleicht stimmte das auch. Wenn es so war, dann gab sie sich redlich Mühe, die Ähnlichkeiten zu kaschieren. Ihre rötlichen Haare waren meist vollkommen zerzaust, die grünbraunen Augen aufgrund nächtlicher Handwerksarbeiten von dunklen Schatten umgeben, die Haut kalkweiß. Soweit Zander sich erinnern konnte, hatte er Enzia seit dem Anschlag auf ihr Leben noch nie ordentlich zurechtgemacht gesehen. Stattdessen brütete sie Tag und Nacht über ihren Erfindungen. Diese waren wiederum von außerordentlicher Qualität und zeugten von einem intelligenten und kreativen Kopf, was in Zanders Augen allemal so viel Wert war wie ein adrettes Äußeres.

Wie immer an Enzias Seite: ihre Leibwächterin Tuna. Während sich Enzia damit abmühte, ihren Stuhl aus dem Weg zu bugsieren, gelang Tuna das Kunststück ohne große Mühe. Sie fasste die zwei Bügel, die aus der Rückenlehne ragten, verlagerte ihr Gewicht, hob die Vorderräder an, sodass sie über den Teppich gelangten, und schob Enzia in den Saal.

Hinter den beiden trat Salmon über die Schwelle. Obwohl es einem verdienten Angestellten wie ihm durchaus zugestanden hätte, sich zu setzen, blieb er stehen. Wachsam belauerte er die Versammelten, als befürchtete er, der hinterhältige Attentäter könnte sich mitten unter ihnen befinden. Trotz seiner Jugend war er voller Misstrauen und machte keinen Schritt ohne seine treue Büchse, die er stets an einem Gurt über der Schulter trug. Zander wusste nur sehr wenig über Salmons Herkunft. Sein Wissen beschränkte sich darauf, dass der flachsblonde Junge mit den auffälligen Segelohren von einer Adelsfamilie aus Neromonte abstammte, die ihn jedoch schon als kleines Kind enterbt und nach Myr Ryba geschickt hatte, damit er sich seinen Unterhalt selbst verdienen konnte. Rogner Forelli hatte sich erweichen lassen und den Jungen aufgenommen. Inzwischen hatte sein adeliges Mündel einen traditionsreichen Namen angenommen und sich auch ansonsten vollkommen in die Rybaler Gesellschaft integriert.

Die Forelli-Dynastie: Göttliches ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt