62. Die Lage spitzt sich zu

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Als Zander in den Speisesaal zurückkehrte, hatten sich bereits alle wieder versammelt

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Als Zander in den Speisesaal zurückkehrte, hatten sich bereits alle wieder versammelt. Das Essen war ebenfalls schon aufgetragen worden. In Schüsseln und Töpfen, auf Speiseplatten und Tellern warteten zahlreiche Gerichte der traditionellen Rybaler Küche, jedes davon so unaufgeregt und konservativ wie die Familie Karpi selbst, aber dennoch äußerst wohlriechend und schmackhaft. Dennoch fiel es Zander schwer, beim Anblick der Speisen Appetit zu empfinden. Obwohl er in der Obhut der Familie Forelli das Essen neu erlernt hatte, war das gemeinsame Schmausen noch immer eine enorme Herausforderung für ihn. Dabei war es weniger die Nahrungsaufnahme selbst, die ihm Probleme bereitete, sondern der Umstand, dass er dabei von zahlreichen Augen beobachtet wurde. Tuna hatte ihn früher oft mit einem Warzenschwein aus der Aciarischen Wüste verglichen, von dem ihr ein Reisender mal erzählt hatte. Angeblich waren diese Tiere so scheu, dass sie sich an den Wasserlöchern immer wieder nervös umblickten und darüber kaum zum Trinken kamen. 

Zander wusste nicht, wie treffend der Vergleich war, aber manchmal fühlte er sich tatsächlich wie ein hilfloses Tier, das belauert und gejagt wurde. Und das Essen war seine Schwachstelle. Noch immer befürchtete er, urplötzlich von einer Heißhungerattacke übermannt zu werden und alles Essbare in Reichweite in sich reinzustopfen, als hätte sein Verstand vergessen, dass er nicht länger um jeden Bissen kämpfen musste. Wenn er alleine aß, in vertrauter Gesellschaft oder während er mit anderen Dingen beschäftigt war, hielten sich seine Schwierigkeiten üblicherweise in Grenzen, doch jetzt, den Blicken der anderen Tischgäste hilflos ausgeliefert, war das alte Unwohlsein zurück und verdarb ihm gehörig den Appetit. Trotzdem zwang er sich dazu, ein wenig geräucherten Lachs und ein paar geröstete Meereszwiebeln mit rohen Fischeiern und Seetang zu essen. Dabei lächelte er viel und betrieb artig Konversation.

Im Anschluss an das gemeinsame Mahl entschuldigten sich Vinya Karpi und ihr Ehegatte. Anscheinend benötigte Herr Karpi eine Ruhepause, um das reichhaltige Essen zu verdauen. Seine Frau geleitete ihn zur Tür hinaus. Der Rest der Gruppe blieb noch im Speisesaal, um ein paar Gläser süßen Weins zu genießen und Erzählungen auszutauschen. 

Während ihr Auserkorener lautstark mit seinen Erfolgen bei den diesjährigen Skipbauten prahlte, bedachte Sardina Zander immer wieder mit bösen Blicken, die jedoch einfach an ihm abperlten. Seine Gedanken kreisten um Iris. An das Gefühl ihrer Finger an seiner Wange und daran, wie es sich angefühlt hatte, ihre weiche Handinnenfläche zu küssen. Wider besseres Wissen sehnte er sich danach, andere Teile ihres Körpers mit den Lippen zu berühren. Immer wieder kehrten seine Gedanken zu dieser Vorstellung zurück. In gewisser Weise wäre alles einfacher, wenn sie ihn zurückgewiesen oder zumindest irgendwie deutlich gemacht hätte, dass sie sich in seiner Nähe unwohl fühlte. Doch zu erahnen, dass sie die gleiche Anziehung verspürte wie er, war fast mehr als er ertragen konnte. Vor allem, da er keine Ahnung hatte, wie sie sich näher kommen sollten, ohne dass es irgendwann zu Problemen führen würde. 

Sein Blick wanderte zu Sardina, die soeben über einen Witz von Lumin Morue lachte und dabei Haddocks Hand hielt. Er wollte nicht, dass es mit ihm und Iris so endete, wie mit ihm und Sardina. Er wollte nicht dabei zusehen, wie sie irgendwann in den Armen eines reichen Schleimbeutels lag und ihm über den Tisch hinweg böse Blicke zuwarf. Das durfte einfach nicht passieren.

Die Forelli-Dynastie: Göttliches ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt