91. Ein lang erwartetes Fest

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Iris betrachtete sich in der Fensterscheibe der Kutsche

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Iris betrachtete sich in der Fensterscheibe der Kutsche. Sie hatte sich gewaschen, ihren Oberschenkel verbunden, ihr Haar in Ordnung gebracht und war wieder in ihr lavendelblaues Abendkleid geschlüpft, das Alanda ihr ausgezogen hatte. Im Gegensatz zu ihrem Körper wies das Kleid keinen einzigen Kratzer auf. Nicht einmal eine Perle hatte sich gelöst. Die Ironie dieser Begebenheit blieb ihr nicht verborgen, auch wenn ihre Gedanken um ganz andere Einsichten kreisten. 

Früher hatte sie sich immer auf Anseen de Solvende gefreut. Ein Tag im Jahr, an dem sie ihren Leidenschaften, gutem Essen und ausgelassenem Tanz, nachgehen konnte. Ein Tag im Jahr, an dem sie alte Freunde treffen und neue Bekanntschaften schließen konnte. Ein Tag im Jahr, an dem das Beste gerade gut genug war. In jeder Hinsicht ein besonderer Tag. Doch dieses Mal war alles anders. Dieses Mal war Anseen de Solvende kein Tag für Speis und Tanz, sondern eine reine Nervenprobe. Immerhin standen das Ansehen der Familie Forelli und Cyans Leben auf dem Spiel. Vielleicht auch noch viel mehr. 

Gleichzeitig musste Iris an Zander denken und an das, was in den vergangenen Stunden mit ihnen und zwischen ihnen geschehen war. Es gab da etwas, das ihr Angst eingejagt hatte. Mehr Angst als sie sich eingestehen wollte. Sheitanis Worte hallten in ihren Ohren: Ich sehe das alte Blut in dir, Waldmädchen. Altes Blut. Vielleicht war es an der Zeit, sich den Tatsachen zu stellen - und der Wahrheit darüber, was bei ihrer Flucht vor dem Rothaarigen und seiner Diebesbande wirklich geschehen war.

»Du siehst unglücklich aus«, bemerkte Hauki, der ihr gegenüber saß und auf der mit dunklem Samt bespannten Sitzbank reichlich fehl am Platz wirkte. Seine massige Gestalt füllte fast die gesamte Kabine aus. Es musste ihm unmöglich sein, den Kopf zu heben oder die Beine auszustrecken. Die Beengtheit schien ihn jedoch nicht zu stören. Nach allem, was Iris inzwischen über ihn wusste, war er ein genügsamer Kerl, der das Aussehen eines aggressiven Welses mit dem Temperament einer Rybaler Heidschnucke vereinte. Ein stiller, eher kindlicher Charakter, der mit einer furchteinflößenden Gestalt gestraft war. Iris hatte beinahe Mitleid mit ihm.

»Nun, ich bin auch nicht gerade glücklich«, erwiderte sie. »Immerhin sollst du mir den Hals umdrehen, sollte Pike nicht wohlbehalten zurückkehren.«

Hauki machte eine unbeholfene Bewegung, die ein Schulterzucken darstellen konnte. »Er wird wohlbehalten zurückkommen. Tut er immer.«

Ja, genau wie Zander, dachte Iris. Dennoch machte sie sich Sorgen um ihn. Wenn sie erst Myr Ryba und das Forelli-Anwesen erreichten, würde sie sich um sich selbst sorgen müssen. »Du hast doch verstanden, was Zander gesagt hat?«

Hauki wiederholte das seltsame Achselzucken. »Denke schon.«

»Er und Pike werden es mit Aciarischen Attentätern und einer Kreatur aus dem Totenreich zu tun bekommen«, erklärte Iris und klammerte sich an einen verschnörkelten Handgriff, als die Kutsche über eine Bodenunebenheit holperte.

»Wir haben schon Aciarier getötet«, gab Hauki zurück. Seine riesigen, schaufelartigen Hände wiesen die gleichen alten Vernarbungen auf wie Zanders Hände. Offenbar war er ebenfalls zur Arbeit auf den Schlammfeldern gezwungen worden. »Was uns bevorsteht, ist schlimmer.«

Die Forelli-Dynastie: Göttliches ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt