53. Schlammfischen

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Es war früher Morgen

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Es war früher Morgen. Die Sonne ging gerade auf und erfüllte den Himmel über dem Ozean mit einem blassrosa Leuchten, das sich am Horizont mit Gelb- und Orangetönen mischte. Die Farben spiegelten sich auf den Seen und Prielen der Schlammfelder, die durch das herrschende Niedrigwasser freigelegt worden waren. Der Wind wehte frisch aus nördlicher Richtung und trieb die Stimmen der Schlammfischer vor sich her. Mit rollenden Booten, Schaufeln und Säcken rückten sie an, um dem Schlick seine Schätze zu entreißen. Eine ganze Schar Kinder zwischen fünf und fünfzehn Jahren folgte ihnen. Bei diesem Anblick konnte Zander spüren, wie seine alten Narben schmerzten und ihm die Galle hochkam. Er reichte das Fernrohr an Tuna, damit sie sich ebenfalls ein Bild vom Geschehen machen konnte.

»Sie kommen heute in drei Gruppen«, sagte Salmon, der am Stamm einer hohen Asch-Weide lehnte und ein Pulverrohr in den Lauf seiner Büchse steckte. »Narwal hat in Erfahrung bringen können, dass sie sich Knallkegel bei den Alchemisten besorgt haben, um sich gegenseitig zu warnen, falls etwas schief gehen sollte.«

»Dann müssen wir verhindern, dass sie diese Kegel zünden«, erwiderte Zander, während er das Gelände genauer in Augenschein nahm. Aufgrund der gekrümmten Küstenlinie konnten die Schlammfischer keinen Sichtkontakt zueinander halten, aber das galt auch für die Truppen von Orka Narwal und Silur Weller. Die Kommandanten der Gendarmerie und der Stadtwache, die sich normalerweise spinnefeind waren, hatten sich zusammengeschlossen, um den Schlammfischern ein für alle Mal den Garaus zu machen – und natürlich auch um Informationen über die toten Straßenkinder zu erhalten. Wenngleich sich die Bevölkerung unter normalen Umständen wenig bis gar nicht für diese Kinder interessierte, trieb sie die Furcht vor einem Serienmörder zum entschlossenen Durchgreifen. Zander konnte es nur recht sein. Er wartete schon lange auf eine Gelegenheit, den grausamen Brauch des Schlammfischens zu beenden.

Als es hinter ihnen im Dickicht der Meereskiefern und Asch-Weiden raschelte, stützte sich Zander auf die Ellenbogen und richtete sich langsam auf.

»Hier seid ihr also«, bemerkte der alte Gamal, der sich mit seinem knorrigen Gehstock einen Weg durch das Unterholz gebahnt hatte. Wegen der vielen Runzeln in seinem Gesicht und seiner heiser klingenden Stimme fiel es Zander manchmal schwer, zu erahnen, was er dachte und fühlte. Doch heute nicht. Heute war seine Miene grimmig und in seinen Augen glomm die gleiche finstere Entschlossenheit, die Zander auch auf den Gesichtern seiner Mitstreiter lesen konnte. »Pike und Hauki lassen euch ausrichten, dass sie sich den östlichen Teil der Schlammfelder vornehmen werden«, erklärte er. 

Man konnte von den beiden Handlangern der Calamaris sagen, was man wollte, aber sie hatten ein Herz für Straßenkinder. Von Hauki wusste Zander sogar, dass er selbst auf der Straße gelebt hatte. Wo Pike herkam, war ihm dagegen ein Rätsel.

»Gut«, sagte Salmon, während er eine Kugel auf das mit Spucke befeuchtete Pflaster setzte, das die Laufmündung bedeckte. »Sollen die zwei sich um den Osten kümmern. Wir übernehmen den westlichen Teil.« Mit dem Starter schob er die Kugel in den Lauf. »Narwal und seine Leute scheuchen die Schlammfischer auf und wir-« Er schob mit dem Ladestock bis zur Markierung nach, sodass die Kugel an geeigneter Position saß. »-knöpfen sie uns vor. Wie bei der Fuchsjagd.«

Die Forelli-Dynastie: Göttliches ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt