65. Zu den Waffen

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Zander balancierte mit ausgebreiteten Armen über den Dachfirst der Saibling-Villa

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Zander balancierte mit ausgebreiteten Armen über den Dachfirst der Saibling-Villa. Kurz wanderte sein Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass ihn die Maskierten noch immer verfolgten. Inzwischen war die Menge seiner Verfolger auf fünf Männer angewachsen. Sie hatten sich ihm an die Fersen geheftet, als er die Dienstbotenunterkünfte Richtung Haupteingang verlassen hatte. Ein Weg, den er ganz bewusst gewählt hatte, um alle eventuellen Angreifer von Iris abzulenken – mit der Konsequenz, dass er sich selbst zur Zielscheibe gemacht hatte.

Als ihm klar wurde, dass seine Verfolger rasch aufholten, beschleunigte er seine Schritte. Der ansteigende First führte ihn immer weiter aufwärts. Der Wind blies ihm feuchte Meeresluft ins Gesicht und riss an seinem Mantel. Die abgerundeten Ziegel unter seinen Sohlen luden zum Abrutschen ein, aber Zander kannte diesen Weg gut genug, um sich sicher zu fühlen. 

Am Ende des Dachfirsts erwartete ihn ein finsterer Abgrund. Das Licht der Straßenlaternen reichte nicht bis auf den See hinaus, der ihn vom Forelli-Anwesen trennte. Still und pechschwarz lag das Gewässer da. Der halb hinter Wolken verborgene Mond überzog das Ufergras und die Seerosenblätter mit einem schwachen, silbrigen Schimmer. Auf der anderen Seite des Sees ragten die Mauern des Anwesens auf, stolz und herrschaftlich, wie es der Familie Forelli gebührte. Die Fenster der oberen Stockwerke waren hell erleuchtet – und auch hinter einem der Erkerfenster unter dem Dach des Gebäudes brannten Öllampen. Bei diesem einladenden Anblick beschleunigte Zander seine Schritte noch weiter. Die letzten Meter legte er förmlich im Sprint zurück.

»De nu! De nu!«, hörte er einen der Maskierten brüllen. Die Aufforderung musste seinem Vordermann gelten, doch sie kam viel zu spät.

Zander hatte das Ende des Dachs erreicht. Ohne innezuhalten oder auch nur eine Sekunde zu zögern, stieß er sich ab und hechtete in den See, der eine Straßenbreite entfernt und gut zehn Meter unter ihm lag. Mit den Armen voran tauchte er ins kalte Wasser, das ihn mühelos verschluckte, als wollte es dazu beitragen, ihn vor den Augen seiner Verfolger zu verbergen. Die Maskierten dachten erst gar nicht daran, ihm dieses Kunststück nachzumachen. 

Als Zander nach einem langen Tauchgang, der ihn fast bis zum anderen Ende des Sees befördert hatte, wieder auftauchte, konnte er hören, wie Schüsse durch die Nacht peitschten. Jemand gab einen gellenden Schrei von sich, Wasser spritzte auf und Zander beschloss, schnell wieder unterzutauchen. Am jenseitigen Ufer angekommen, zog er sich ruckartig in die Höhe. Im Wasser hatte er nicht gefroren, doch jetzt überkam ihn sofort ein eisiges Frösteln.

»Zander!« rief Tuna. Sie kam ihm vom Haupteingang aus entgegengelaufen. Dabei trug sie ein altes Schild mit sich, das zu den verstaubten Rüstungen in den Lagerräumen des Anwesens gehörte. Früher hatten diese Rüstungen die Eingangshalle geziert, doch da Rogners neue Frau keinen Gefallen an den antiken Staubfängern gefunden hatte, waren sie vor ein paar Monaten von dort verbannt worden. Anchois hörte nicht auf, sich darüber zu beschweren, auch wenn sie früher immer über die Pflege der – wie sie sagte – Blechbüchsen gestöhnt hatte.

Die Forelli-Dynastie: Göttliches ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt