96. Rybala Havfruese

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Ziek ma, Zander

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Ziek ma, Zander. De Klifsen op de Fellmonte. Att je nättmals onver te werpest.

Die Stimme seiner Mutter geisterte durch seinen Kopf, auch wenn er nicht glaubte, sich an sie erinnern zu können. Vermutlich war sie nur eine Einbildung. Ihre Warnung vor den Klippen des Fellmonte nur ein Produkt seiner Fantasie, die in den letzten Sekunden seines Lebens verrückt spielte. Wenn dem so war, musste er seiner Einbildungskraft ein großes Lob aussprechen. Er konnte seine Mutter nämlich nicht nur hören, sondern sie auch noch lebensecht vor sich sehen. Ihr kohlrabenschwarzes Haar, ihre türkisblauen Augen und das beinahe herzförmige Muttermal direkt über ihrer Oberlippe. Ihr mattes, melancholisches Lächeln und die feinen Linien, die Krankheit und Sorge auf ihr Gesicht gemalt hatten. Sie duftete nach einem sanften Regenschauer über dem Ozean, weich und salzig.

Diese sehnsüchtigen Erinnerungen, egal, ob wahr oder eingebildet, betäubten Zanders Sinne, während er in die Tiefe stürzte. Er dachte nicht mehr an das Leben, das er auf dem Fellmonte zurückgelassen hatte, oder an die scharfkantigen Felsen, die aus dem Ozean ragten und unaufhaltsam auf ihn zu rasten. Nur verschwommen bekam er mit, wie die steilen Felswände an ihm vorbeirauschten und die Kreatur mit den brennenden Flügeln im Sturzflug ihre Klauen nach ihm ausstreckte. Dann wurde er vom Ozean verschluckt.

Der Aufprall war hart und raubte ihm die Sinne. Als er wieder zu sich kam, befand er sich inmitten eines chaotischen Brodelns und Rauschens. Strömungen und Wirbel zerrten an seinem Körper, warfen ihn herum und rissen ihn mit sich in die Tiefe. Schwärme aufsteigender Luftblasen verschleierten seine Sicht. Er vermeinte, einen Schatten wahrzunehmen, der hinter ihm in den Ozean eingetaucht war. Klauen und Zähne und ledrige Schwingen. Bevor er sich ein klareres Bild seiner Situation machen konnte, wurde er mit dem Rücken gegen einen Felsen geworfen. Seine Schulter schien zu explodieren. Er schnappte nach Luft und schluckte kaltes Salzwasser. Erneut schwanden ihm die Sinne.

Dieses Mal dauerte es länger, bis er wieder zu Bewusstsein kam. Der Ozean um ihn herum hatte sich beruhigt. Pechschwarz und friedlich erstreckte er sich in alle Richtungen. Wie ein riesiges, dunkles Grab. Zander war so weit in die Tiefe gezogen worden, dass er die Wassermassen zentnerschwer auf sich lasten spürte. Gleichzeitig vernahm er ein dumpfes Murmeln und Raunen, als würde die See über weite Entfernung zu ihm sprechen. Er konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt so tief getaucht war. Dennoch war ihm klar, dass seine aktuelle Situation äußerst gefährlich war - auch für einen Gusaren.

Seltsamerweise erfüllte ihn die Aussicht, auf den Meeresgrund zu sinken und dort seinen letzten Atemzug zu tun, nicht mit Furcht. Er fühlte sich frei. Frei und friedvoll. Das ganze Drama der vergangenen Wochen schien in weite Ferne gerückt zu sein. Es spielte keine Rolle mehr, wer Rogner angegriffen hatte oder warum. Es war nicht länger wichtig, ob er mit Iris zusammen sein und mit ihr eine Familie gründen konnte. Es gab nur noch ihn und das Meer. So wie es irgendwie immer gewesen war. Die Konstante seines Lebens. Der mächtige Ozean, der ihn auffing, wenn er fiel, und der ihn zur Ruhe betten würde, wenn er starb.

Die Forelli-Dynastie: Göttliches ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt