In meiner Wolke | 1raf7

25 | Streit

Sarahs Sicht

Während ich am frühen Nachmittag in der U-Bahn saß, um zu Aminas Wohnung zu fahren, bekam ich einen Anruf von ihr. »Hey Sarah, bist du schon unterwegs?« Ihre Stimme klang heiser und belegt. »Ja bin ich, wieso?«, stellte ich die Gegenfrage. »Tut mir leid, aber es wird heute leider nichts mit unserem Treffen. Ich habe Fieber und bin stark erkältet. Mir geht's beschissen. Ich kann beim besten Willen nicht rausgehen«, erklärte meine Freundin.

»Schade, aber ich wünsche dir natürlich gute Besserung. Soll ich trotzdem mal vorbeischauen? Brauchst du irgendwas, Medikamente, Tee, Halsbonbons oder so?« »Nein danke, ich brauche nichts Bestimmtes. Ich würde mich freuen, wenn wir uns kurz sehen. Ich will dich nur nicht anstecken«, meinte sie. »Alles gut. Das kriegen wir schon irgendwie hin. Bis gleich!« Seufzend legte ich auf.

Nachdem mich Amina in ihre Wohnung hereingelassen hatte, quatschten wir ein wenig miteinander und ich half ihr dabei, Wadenwickel zu machen, um das Fieber zu senken. Da Amina jedoch recht müde und schlapp war, wollte ich sie nicht unnötig lange stören und ging nach etwa 40 Minuten wieder.

Ich hatte spontan beschlossen, schon mal ins Studio zu fahren und mich früher als geplant mit Raphael zu treffen Als ich ankam fand ich allerdings nur John vor. »Oh, hallo Sarah. Wolltest du nicht eigentlich erst später kommen?« Er stand zur Begrüßung auf und umarmte mich.

»Meine Verabredung mit Amina musste kurzfristig ausfallen, da sie krank geworden ist, und deshalb bin ich jetzt schon hierhergefahren. Ich wollte nicht zu lange bei ihr bleiben, sie muss sich ausruhen.« Ich ließ mich auf das Sofa fallen und vertiefte mich in mein Handy, während John sich weiter um seine Musik und seine Texte kümmerte.

»Magst du mal herkommen und mir helfen? Hab gehört, dass du schon mal mit Raf im Studio warst und dich da ein bisschen auskennst. Ich bin nämlich nicht so talentiert, was das Produzieren von Beats angeht«, sprach er mich nach einer ganzen Zeit an und grinste breit. Meine Wange färbten sich leicht rosa, als ich aufsah und Johns abwartenden Blick wahrnahm. »Ähm, ja gerne. Ich war tatsächlich mal mit Raphael im Studio, aber ich kenne mich nicht wirklich gut mit Musikproduktion aus. Keine Ahnung, was er dir da erzählt hat«, antwortete ich und stand auf.

»Wo soll ich mich hinsetzen?« Ich sah mich aufmerksam im Raum um, konnte jedoch keinen weiteren Stuhl entdecken. »Achso, ja, die Stühle hat sich Jonas letztens ausgeliehen. Setz dich einfach hierher zu mir.« Er klopfte mit seinen Händen auf seine Oberschenkel. Ich zögerte zunächst kurz. »Was ist los? Ich beiße nicht. Ausnahmsweise. Hab heute schon was gegessen«, witzelte er.

Na gut, was war schon dabei? Wir waren ja Freunde. Ich gab mir einen Ruck und setzte mich schließlich auf seinen Schoß, wohlbedacht mich möglichst weit weg von seinem Schritt zu platzieren. Wir konzentrierten uns auf die Arbeit und ich unterstützte John, der mir neugierig von hinten über die Schulter sah, so gut ich konnte.

»Vielen Dank, du bist die Beste!«, rief John erfreut, als wir schließlich soweit fertig waren. Überschwänglich drückte er mir einen Kuss auf die Wange und zerquetschte mich fast mit seiner Umarmung, woraufhin ich mich jedoch relativ schnell von ihm löste und ihn fragend ansah. Das ging mir dann doch etwas zu weit.

Plötzlich nahm ich ein leises Quietschen wahr. Ich drehte mich um und erstarrte. Fuck! Im Türrahmen stand Raphael. Er kam auf uns zu und funkelte mich aus wütenden Augen an. Wenn Blicke töten könnten, würde ich jetzt schon unter der Erde liegen. »Was sollte das eben, hm? Was läuft da zwischen euch? Unfassbar. Kaum bin ich mal weg, fängst du was mit dem Nächsten an!«, schleuderte er mir entgegen. Fassungslos sah ich ihn an.

»Sag mal spinnst du? Zwischen mir und John läuft gar nichts. Wir sind nur gute Freunde.« Ich wurde ein wenig lauter und Raphael ebenfalls. »Lüg mich nicht an! Ich weiß ja wohl, was ich gesehen habe. Ich weiß, dass ihr miteinander rumgemacht habt. Unter ›Freunden‹ tut man sowas nicht«, schnaubte er wutentbrannt.