45 | Kennenlernen

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Obwohl ich nicht viel getrunken hatte, steckte mir die letzte Nacht ziemlich in den Knochen und ich war sehr müde. Raphael hingegen war schon wieder trainieren, wie ich dem Zettel auf dem Tisch der Suite entnehmen konnte. Es war bereits später Vormittag und um 12:30 Uhr würden wir uns zum Mittagessen treffen. Ich duschte mich, aß schnell eine Kleinigkeit und suchte mir ein schlichtes, aber dennoch elegantes Outfit aus meinem Koffer aus.

Ich entschied mich für einen schwarzen Rock und ein weißes T-Shirt mit Print. Da es noch etwas kühl war, zog ich meine Jeansjacke darüber an. Meine Haare steckte ich hoch und ich schminkte mich dezent. Raphael kreuzte wieder mal ziemlich spät auf. In 10 Minuten mussten wir zum Restaurant fahren. Obwohl er duschte, sich rasierte und stylte, schaffte er es, eine Viertelstunde später fertig zu sein. Er strich sich ein paar feuchte Haarsträhnen aus der Stirn, schnappte sich seine Sonnenbrille und wir fuhren mit seinem Ferrari zum »XxXL Grillrestaurant«.

»Aufgeregt?«, fragte er und warf mir einen Seitenblick zu. »Hmm«, machte ich und nickte. Natürlich war ich nervös, schließlich würde ich heute zum ersten Mal seine Mutter kennenlernen. Wie zu erwarten waren wir die Letzten, die das Lokal betraten, aber das schien meinen Freund nicht im Geringsten zu stören; frei nach dem Motto »Das Beste kommt zum Schluss«.

Er begrüßte alle kurz und nahm mich mit, um mich mit den anderen bekannt zu machen. »Das hier ist meine Cousine Nora. Nora, das ist Sarah, meine Freundin«, stellte er uns kurz und bündig einander vor. Die große Brünette lächelte freundlich und wir gaben uns die Hand. Danach sagte ich Abudi, Sale, Agic und Farido Hallo. Am Ende des Raumes konnte ich Barbara ausfindig machen. Gegenüber von ihr saß vermutlich ihre Mutter.

Raphael ging gezielt auf die kleine, etwas mollige Frau mit den dunkelbraunen, leicht gelockten Haaren zu, die so in etwa aussah, wie man sich eine typische italienische Mama vorstellte. Sie sah sympathisch aus und hatte ein leichtes Lächeln auf den Lippen, als sie Raphael sah. Raphaels Mutter stand auf und umarmte ihren Sohn, der sich sehr über ihre Anwesenheit zu freuen schien.

»Mio dio, Raphael, gut siehst du aus. Du wirkst sehr glücklich. Wie geht's dir?« Ich stand noch immer einige Meter hinter ihm und beobachtete das Geschehen. »Mir geht's sehr gut. Ich hoffe, dir auch.« Er machte eine kurze Pause. »Mama, ich möchte dir gerne jemanden vorstellen. Ich habe eine Frau kennengelernt und dir schon einiges von ihr erzählt. Jetzt will ich sie dir endlich persönlich vorstellen.«

Er drehte sich lächelnd um, nahm meine Hand und drückte sie kurz, um mir zu signalisieren, dass ich keine Angst zu haben brauchte. Dann schob er mich vor sich und ich stand seiner Mutter gegenüber. »Das ist meine Freundin Sarah.« Sie musterte mich prüfend mit dem gleichen strengen, neapolitanischen Blick, den Raphael auch manchmal drauf hatte. Ich lächelte unsicher, sah kurz zu Raphael und dann wieder zu seiner Mutter.

»Hallo Frau Ragucci«, sagte ich mit fester Stimme und hielt ihr meine Hand hin. Anstatt mir ebenfalls die Hand zu geben, zog sie mich in eine herzliche Umarmung. »Nenn mich doch einfach Silvia. Willkommen in der Familie. Freut mich, dich kennenzulernen.« »Danke, die Freude ist ganz meinerseits«, erwiderte ich und nahm auf dem freien Stuhl neben Barbara und gegenüber von Raphael Platz. Wir führten ein wenig Smalltalk und ich berichtete, wie ich ihren Sohn kennengelernt hatte.

Es dauerte nicht lange, bis das Essen kam. Zuerst wurde eine kleine Vorspeise serviert, ehe zur Hauptspeise Fleischgerichte mit verschiedenen Beilagen wie Nudeln, Reis oder Kroketten folgten. Später wurde Raphael von seinen Freunden eine große zweistöckige Torte überreicht. Sie hatte anthrazitfarbenes Fondant und außen waren sein Name sowie das Anthrazitlogo abgebildet. In der Torte steckten zwei kleine goldene Kerzen, die zusammen die Zahl 35 bildeten.
Raphael machte Fotos, filmte alles ab und lud das Video in seiner Instagram Story hoch. Dann nahm er sich ein Messer und schnitt den Kuchen auf. Nach dem Essen unterhielt ich mich eine Weile angeregt mit Joshi und Barbara. Wir lachten viel und verstanden uns gut.

In meiner Wolke | 1raf7Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt