Raphaels Sicht
»Raphael, ich habe Angst«, ließ Sarah mich wissen. Wir saßen in meinem Ferrari und fuhren zum Gericht, da heute die letzte Verhandlung im Fall Luca anstand. »Ich bin für dich da, Amore. Du bist unglaublich stark und du wirst das schaffen.« Beruhigend strich ich über ihre Hand und verschloss sie mit meiner. »Ich hoffe nur, dass er seine gerechte Strafe bekommt«, meinte sie nachdenklich.
»Das wird er. Mehrfache schwere Körperverletzung, sexuelle Nötigung und Missbrauch, unerlaubter Waffenbesitz sowie Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Da kommt einiges zusammen. Gut, dass du auch seine vergangenen Taten nachträglich gemeldet hast.« Zur Verhandlung und anschließenden Urteilsverkündung wurden als Zeugen Sarah, Abudi, ich und Amina eingeladen. Wir alle hatten etwas von Lucas Vergehen mitbekommen und mussten erneut aussagen. Die Aussage von Sarah, bei der sie alles Erlebte noch einmal genau darstellen musste, dauerte gefühlt ewig.
Nach insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden wurde schließlich ein Urteil gefällt. Luca wurde in allen Punkten der Anklage schuldig gesprochen und zu sieben Jahren Freiheitsstrafe ohne Bewährung sowie einer Geldstrafe verurteilt. Mit Sorge betrachtete ich meine Freundin, die soeben ihren Platz verlassen hatte und auf mich zugelaufen kam. Ich schloss sie fest in die Arme.
»Das hast du super gemacht, Sarah. Ich weiß, dass das schwer für dich war und ich bin stolz auf dich. Du warst echt gut.« »Endlich ist es vorbei«, murmelte sie. Sarah sah mich kurz an. Sie war emotional aufgewühlt, doch trotzdem hatte sie diesen leeren Blick in den Augen. Ich bot ihr die ganze Zeit Halt, bis wir bei meinem Auto ankamen. Sarah verabschiedete sich von Amina, die direkt wieder zurück nach Hamburg fahren musste. Sie bedankte sich bei ihrer besten Freundin, genauso wie bei Abudi und mir.
Wenig später waren wir wieder zurück zuhause. Ich fing direkt an, mich wieder in die Arbeit zu stürzen. Vor ein paar Monaten hatte ich meinen eigenen Laden in Wien eröffnet und musste mich diesbezüglich um verschiedene Dinge kümmern. Zudem stand in Kürze die Zenittour an und ich war noch nicht zu einhundert Prozent mit meinem Bühnenbild zufrieden. Der letzte Feinschliff fehlte noch. Die nächsten Tage verbrachte ich damit, meine Ideen auszutüfteln. Manchmal traf ich mich mit den Newcomern meines Labels im Studio und produzierte Beats für sie oder half ihnen dabei, Texte zu schreiben.
Ich war nicht oft daheim und flog sogar kurzfristig für drei Tage nach Wien. Was mir jedoch nach meiner Rückkehr auffiel, war, dass Sarah sich ziemlich zurückgezogen hatte. Ich war mir aber nicht sicher, woran es lag, und so sprach ich sie darauf an, als wir abends auf dem Sofa saßen. Es war spät und Sarah hatte bereits ihren Pyjama angezogen.
»Du bist in letzter Zeit so ruhig und in dich gekehrt. Was ist los?«, fragte ich geradeheraus. »Du bist momentan so viel unterwegs und ich sehe dich wenn überhaupt nur spät am Abend. Ich weiß, es ist dein Job, aber manchmal ist es trotzdem scheiße.« Sie räusperte sich und sah aus, als wollte sie noch etwas sagen, aber wüsste nicht, wie. »Tut mir leid, wenn du dich ein bisschen vernachlässigt fühlst. Ich verspreche dir, dass sich das bald wieder ändern wird, aber zurzeit habe ich so viel um die Ohren, dass ich gar nicht weiß, wo mir der Kopf steht. Aber das war doch nicht alles, oder?«
»Nein«, gestand sie, »das ganze Drama mit Luca macht mich immer noch fertig. Ich versuche, es so gut wie möglich zu verdrängen. Aber die Bilder im Kopf bleiben. Wir waren immerhin zweieinhalb Jahre zusammen und es ist schon krass, wie sehr er sich zum Negativen verändert hat. Was er dir und vor allem mir in den letzten Monaten angetan hat, sein ganzes Verhalten, das ist einfach krank. Schlimm, zu was manche Leute fähig sind.
Dein Privatleben wurde in die Öffentlichkeit gezogen und bei dem Messerangriff hättest du draufgehen können. Dann dieser psychische Druck mit den Drohnachrichten und Erpressungsversuchen. Wer weiß, was er mit mir gemacht hätte, wenn du nicht rechtzeitig eingeschritten wärst. Ich bin dir auch so unendlich dankbar, dass du das alles auf dich genommen und mit mir durchgestanden hast. Das klingt vielleicht komisch, aber ich hätte wirklich nicht gewusst, wie ich das ohne dich hätte schaffen sollen. Dann hätte er mich vielleicht gekriegt.«
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In meiner Wolke | 1raf7
FanfictionDie 29-jährige Sarah Brändtlein lebt in Hamburg und ist die beste Freundin von Alex, dem berühmten Rapper der 187 Strassenbande. Auf seiner Geburtstagsparty lernt sie einen seiner Freunde kennen und ist sofort fasziniert von ihm. Einen Monat später...