34 | Der Unfall

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Raphaels Sicht

Schon während des Zähneputzens hatten mich starke Bauchschmerzen überkommen und nun lag ich mit ziemlich gequälter Miene im Bett. Meinen einen Arm hatte ich um meine Freundin gelegt, der andere lag auf meinem Bauch. Hoffentlich hatte ich mir nichts eingefangen, denn übel war mir auch. Ich würde in den nächsten Wochen sehr viel arbeiten müssen und es wäre äußerst ungünstig, wenn ich jetzt krank werden würde.

Sarah schlummerte bereits selig und bei ihrem Anblick huschte mir trotz der Schmerzen ein Lächeln übers Gesicht. Ich biss die Zähne zusammen, würde schon irgendwie zurechtkommen und es aushalten. Ich wollte Sarah weder wecken noch wollte ich, dass sie sich Sorgen um mich machte. Also schloss ich meine Augen, versuchte mich zu entspannen und ließ meine Gedanken kreisen. Es dauerte eine Weile, bis die Schmerzen nachließen, doch irgendwann fiel ich in einen unruhigen Schlaf.

Es war ein lauer Spätsommerabend, an dem ich mit meiner Freundin zusammen im Ferrari über eine kaum befahrene Landstraße nach Hause fuhr. Es dämmerte und die ersten Straßenlaternen wurden soeben eingeschaltet. Sarah und ich hatten heute nach Langem mal wieder einen Tagesausflug etwas außerhalb von Berlin unternommen, uns entspannt und die leider momentan nur spärlich vorhandene Zweisamkeit ausgenutzt. Trotz dem wir so wenig Zeit für uns alleine hatten, war ich mit ihr glücklicher denn je. Mittlerweile waren wir knapp 1 1/2 Jahre zusammen und ich liebte sie über alles.

Aufmerksam lauschte ich meiner Freundin, wie sie gerade eine lustige Anekdote aus ihrer Kindheit erzählte und hörte ihr herzhaftes Lachen, als ich aus dem Augenwinkel im Rückspiegel sah, wie sich ein komplett schwarzer BMW rasant näherte. Vorsichtshalber drückte ich etwas mehr aufs Gas, doch auch das andere Auto beschleunigte und war nun fast gleichauf. Es rückte immer näher zu uns und ich bemerkte beinahe zu spät, dass dies kein Zufall war sondern, dass der Fahrer des BMWs es bewusst darauf angelegt hatte, uns abzudrängen.

Ich versuchte auszuweichen, was jedoch kaum möglich war. Wir fuhren schon ziemlich schnell und weit außen auf der rechten Spur. Der Wagen kam immer näher und war nur noch wenige Meter von unserem entfernt. Das konnte doch nicht deren Ernst sein, dass sie uns crashen wollten! Aber genau danach sah es aus. Ich blickte in einer Millisekunde zu Sarah und direkt in ihre panischen, angsterfüllten Augen. »Wir schaffen das«, flüsterte ich und drückte fest ihre Hand. »Was auch immer gleich passiert, Amore, ich liebe dich«, fügte ich hastig hinzu. Stumm schickte ich ein Stoßgebet in den Himmel und hoffte, dass ich recht behielt, aber eigentlich glaubte ich selbst nicht mehr daran.

Dann ging plötzlich alles ganz schnell. Der schwarze BMW rammte uns von links und schob mein Auto mit voller Kraft in die Leitplanke. Ich verlor die Kontrolle über das Steuer. Gleichzeitig ertönte der panische Aufschrei meiner Freundin. Wir durchbrachen die Leitplanke, schlitterten weiter und knallten mit voller Wucht gegen einen Baum. Ich vernahm, wie Glas zersplitterte. Auf einmal durchfuhr ein stechender Schmerz mein linkes Bein und meinen Brustkorb. Mein Kopf schmerzte unfassbar stark, mir wurde schwindlig und ich kippte mit dem Kopf nach vorne auf das Lenkrad. Dann war plötzlich alles schwarz und mucksmäuschenstill. Lebte ich noch oder war das hier schon das Ende?

Nach einer ganzen Weile kam ich wieder zu mir und rieb mir stöhnend die Schläfen. Ich hatte keine Ahnung wie viel Zeit vergangen war, doch irgendwann hörte ich, wie eine Autotüre geöffnet wurde. Erleichtert atmete ich aus, sah auf und bekam direkt den nächsten Schreck.
An der Beifahrertür standen drei dunkel gekleidete Gestalten - der Statur nach waren es Männer - die schwarze Sturmhauben aufgesetzt hatten. Lediglich Augen und Nasen lugten hervor. Sie probierten, meine Freundin aus dem Auto zu ziehen.

Sarah versuchte sich zu wehren, aber vergeblich. Reflexartig hielt ich sie an ihrem Arm fest. Die Männer zerrten weiter an ihr herum und packten sie an Armen und Beinen, sobald sie Sarah aus dem Auto gehievt hatten. Ich gab mir Mühe so gut wie möglich hinterherzukommen, doch jede einzelne Bewegung tat heftig weh. Meine Jogginghose und mein weißes T-Shirt waren blutüberströmt. Mein linkes Bein schmerzte höllisch. Trotzdem biss ich tapfer die Zähne zusammen. Mittlerweile befand ich mich auch auf der Straße.

In meiner Wolke | 1raf7Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt