35 | Mit den Jungs

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Als wir vormittags aufwachten, waren wir beide ziemlich übermüdet. Ich packte die letzten Sachen in meine Tasche und verstaute sie im Kofferraum meines Ferraris. Wir aßen noch schnell eine Kleinigkeit ehe dann auch schon der Zeitpunkt des Abschieds immer näher rückte.

Zugegeben, mir fiel es auch nicht leicht Sarah ausgerechnet jetzt hier in Berlin zurücklassen zu müssen. Gerade nach den Ereignissen der letzten Tage wäre ich gerne länger bei ihr geblieben, aber was sein muss, muss sein. Ich würde zwischendurch immer mal wieder für ein paar Tage nach Berlin zurückkehren, um sie zu sehen.

Gerade standen wir im Flur, um uns zu verabschieden. »Amore, hast du Lust mich mal besuchen zu kommen, solange ich in Wien bin? Du hast doch soweit ich weiß eh noch Semesterferien«, schlug ich vor und zog meine Freundin an ihren Handgelenken zu mir. Sie platzierte ihre Hände auf meinen Unterarmen, legte den Kopf schief und sah mich nachdenklich an. »Ich würde dich sehr gerne besuchen, Raphael. Ein paar Tage kann ich mir zwar bestimmt freinehmen, weil ich noch Urlaub übrighabe, aber ich habe momentan nichts gespart, wovon ich nach Wien fahren könnte. Mein letztes Geld ging für die Reparatur meines Autos drauf.« Ihr Blick wurde etwas traurig.

Ich konnte gut nachvollziehen, wie sie sich fühlte, schließlich ging es mir früher nicht anders. Das Geld, welches ich hatte, als ich nach Berlin kam, war stets sehr knapp bemessen und reichte selten für einen ganzen Monat aus. Den Strom musste ich mir im Treppenhaus von Nachbarn abzapfen und Essen von Kollegen schnorren.

»Du weißt genau, dass Geld bei mir mittlerweile keine so große Rolle mehr spielt. Den Flug kann ich dir zahlen und im Hotel habe ich sowieso ein Doppelbett. Das dürfte dann auch nicht mehr viel zusätzlich kosten«, bot ich an. »Tesoro, ich weiß dein Angebot sehr zu schätzen, aber ich will nicht, dass du immer so viel Geld für mich ausgibst. Das muss nicht sein und ich kann das auch nicht annehmen. Mir ist das so unangenehm«, meinte Sarah und schaute beschämt weg. Vorsichtig legte ich eine Hand unter ihr Kinn, drehte ihr Gesicht zu mir und zwang sie so dazu, mich anzusehen.

»Ich weiß, Sarah. Ich bin auch froh darüber, dass du mich nicht wegen des Geldes liebst und dir der Luxus, den du haben könntest, relativ scheißegal ist. Aber ich will jetzt nicht mit dir über Geld diskutieren. Das führt zu nichts und du kennst meine Meinung. Ich will dich einfach gerne mal ein paar Tage bei mir haben und dir Wien zeigen, auch wenn ich an meinem Album arbeiten muss. Ich benötige außerdem wieder deine Meinung zu ein paar meiner Songs, die ich schreiben werde. Wir werden uns so lange nicht sehen. Bitte sei nicht stur und nimm mein Angebot an«, versuchte ich sie zu überzeugen. »Na gut, wenn es dir so wichtig ist und es keine Umstände macht, werde ich mir Anfang April ein paar Tage freinehmen und dich besuchen, okay? Ich freue mich auch sehr, wenn ich dich sehen kann«, stimmte sie schlussendlich zu.

Ich nickte erleichtert und drückte Sarah einen kleinen Kuss auf die Lippen. Sie schmeckten leicht nach Kirsche. Ich vergrub meine Hände in ihren samtweichen dunkelbraunen Haaren, während Sarah ihre Arme um meinen Nacken gelegt hatte. So standen wir mehrere Minuten eng umschlungen da, kuschelten und tauschten immer wieder liebevolle Küsse aus. Irgendwann löste ich mich seufzend von ihr, warf einen Blick auf meine Rolex und ging zur Tür. Der Abschied fiel mir deutlich schwerer als gedacht. Verdammt, mich hatte es wohl richtig erwischt. Ein letztes Mal drehte ich mich um, hob die Hand zum Abschied und joggte die Treppen nach unten.

Einen kurzen Fußweg später war ich an der Tiefgarage angekommen und stieg in mein Auto. Ich freute mich sehr auf die Zeit mit meinen Jungs in Wien. Ich war froh, ein paar Minuten Ruhe zu haben und meinen Gedanken nachhängen zu können, ehe ich meinen Freund Abudi abholte, der mich begleiten würde. Wir tranken zunächst noch einen Espresso zusammen, dann brachen wir auf.

Die Fahrt war anstrengend, obwohl wir uns abwechselten. Die Autobahnen waren immer wieder gespickt mit ellenlangen Staus und so ging es nur langsam voran. Gegen Abend kamen wir schließlich in meiner wunderschönen Heimatstadt an und sofort kam Sehnsucht auf. Wir fuhren die mir vertrauten Straßen entlang in den 2. Bezirk. Ich bezog direkt die auf meinen Namen reservierte Suite im SO/Vienna, in der ich die nächsten Wochen und Monate leben werde. Nachdem ich mich frisch gemacht und kurz ausgeruht hatte, kontaktierte ich meine Jungs aus Fünfhaus.

In meiner Wolke | 1raf7Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt