In meiner Wolke | 1raf7

31 | Amore

Am späten Nachmittag waren wir kurz zu meiner Wohnung gefahren, damit ich ein paar Sachen von mir holen konnte, die ich brauchte, solange ich bei Raphael blieb. Ich würde die nächsten beiden Nächte bis zu seiner Abfahrt nach Wien bei ihm übernachten.

Gerade saßen wir in einem gemütlichen kleinen Restaurant mit italienischer Küche und hatten unser Essen bestellt. Raphael hatte darauf bestanden, mich ›zur Feier des Tages‹, wie er betonte, eingeladen. Wir hatten uns beide für ein Pastagericht entschieden, welches Raphael empfohlen hatte. Bis das Essen kam, redeten wir nicht viel, tauschten aber immer wieder Blicke aus. Raphael hatte seinen linken Arm auf den Tisch gelegt und meine Hand ruhte auf seiner. 

Kurz dachte ich an unser erstes Date im letzten Jahr zurück, bei dem wir ebenfalls Essen gegangen waren. Damals waren wir beide noch relativ schüchtern und hatten eher über oberflächlichere Themen geredet. Mittlerweile hatten wir jedoch einiges miteinander erlebt und führten auch deutlich tiefgründigere Gespräche. In vielerlei Hinsicht bewunderte ich auch Raphaels Denkweise.

»Hast du irgendwelche Pläne, wie wir den restlichen Abend verbringen wollen?«, wandte ich mich an meinen Freund und schob mir einen Löffel von dem Eis, welches ich mir zum Nachtisch bestellt hatte, in den Mund. »Nein, ich habe nichts Konkretes vor, Amore. Ich muss, wie du weißt, sehr bald für längere Zeit nach Wien, um an meinem Album zu arbeiten und von daher möchte ich bis dahin noch so viel Zeit wie möglich mit dir verbringen. Ich habe jedenfalls keine Lust nochmal wegzugehen in einen Club oder etwas ähnliches. Das hat mir beim letzten Mal schon gereicht. Wir können es uns daheim gemütlich machen und uns aufs Sofa kuscheln, einen Film schauen oder einfach reden«, schlug Raphael vor.

Ich wunderte mich ein wenig, dass so ein Vorschlag von ihm kam – schließlich war das eher typisch für mich – aber ich stimmte sofort zu. Der Tag hatte mich ziemlich angestrengt und so war ich froh, etwas zur Ruhe kommen zu können.

Nachdem Raphael bezahlt hatte, machten wir uns zu Fuß auf den Rückweg. Sein Auto hatte Raphael zuhause stehen gelassen, da das Restaurant nicht weit entfernt von seiner Wohnung gelegen war. Außerdem konnten wir so in Ruhe ein bisschen spazieren gehen und uns die Beine vertreten. Die Straßen waren zwar immer noch belebt, aber das stand in keiner Relation zu dem, was tagsüber in Berlin los war.

Sobald wir uns einige Meter von der Pizzeria entfernt hatten, griff ich nach Raphaels Hand. Es war schon ziemlich dunkel und da mein Freund seine Cap wie immer tief ins Gesicht gezogen hatte, würde uns vermutlich keiner erkennen. Wir konnten also problemlos händchenhaltend durch das nächtliche Berlin laufen.

Es fühlte sich immer noch etwas unwirklich an, Raphael nach so langer Zeit endlich als festen Freund an meiner Seite zu haben, aber ich war ausgesprochen glücklich darüber. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, nach meiner letzten Beziehung nicht mehr so schnell jemanden an mich heranzulassen und war ziemlich vorsichtig geworden, aber manchmal geschahen die Dinge eben anders als geplant. Meine Entscheidung, mich auf die Beziehung mit Raphael einzulassen, fühlte sich absolut richtig an.

Nach etwas mehr als 20 Minuten kamen wir an dem vierstöckigen Gebäude an, in dem Raphael wohnte. Auch im Aufzug hielt er meine Hand fest umschlossen und ließ sie erst wieder los, als er die Wohnungstür aufschließen musste. Wir räumten unsere Schuhe und Jacken auf und ich verschwand kurz im Schlafzimmer, um mir bequemere Klamotten anzuziehen. Danach folgte ich Raphael ins Wohnzimmer, wo er bereits vor einem kleinen Regal stand und nach einer DVD suchte.

Als er fündig wurde, setzte er sich neben mich aufs Sofa und ich kuschelte mich an ihn heran. Er drückte ein paar Knöpfe auf der Fernbedienung und irgendein mir unbekannter Blockbuster startete. Raphael hatte einen Arm um mich gelegt und schaute konzentriert auf den kleinen Bildschirm, der am Boden vor dem Fenster stand. Ab und zu streichelte er mir sanft über den Rücken.