36 | Willkommen in Vienna

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Sarahs Sicht

Der Alltag hatte mich wieder voll im Griff und mir blieb gar nicht so viel Zeit, Raphael zu vermissen. Natürlich dachte ich täglich an ihn und verfolgte über Instagram stets mit, was er so alles in Wien machte. Zwischendurch war er mit einigen Freunden eine Woche in Marseille gewesen und hatte sich mit Ghetto Phenomène und den 187ern für mehrere Videodrehs getroffen. Unglücklicherweise hatte er sich beim Versuch Wheelies auf dem Tmax Roller zu machen, das Handgelenk gebrochen und trug nun eine Schiene.

Wann immer es zeitlich möglich war, telefonierten wir miteinander oder sahen uns über die Videoanruffunktion von WhatsApp. Manchmal kam dies nur ein- oder zweimal in der Woche vor, doch das war trotzdem kein großes Problem für uns. Er fehlte mir zwar sehr, aber ich wollte ihn nicht unnötig lange von der Arbeit abhalten, die in diesen Wochen oberste Priorität für ihn hatte. Ich wusste, sobald er ein paar Tage in Berlin war, würden wir die Zeit ausschließlich für uns beide nutzen und mein Freund würde voll und ganz für mich da sein.

Raphael war schon knapp einen Monat in Wien und morgen würde ich für fünf Tage zu ihm fliegen. Letzte Woche hatte ich alle Prüfungsergebnisse von der Uni bekommen. Bis auf ein Modul hatte ich alles bestanden, wenn auch teilweise nur durchschnittlich. Wirklich zufrieden war ich nicht unbedingt, aber ich tat mir oft ziemlich schwer und konnte schon seit einiger Zeit keine Lust und Motivation mehr aufbringen. Ich dachte schon mehrmals daran, alles hinzuschmeißen, aber ich hatte momentan keine Aussicht auf eine zufriedenstellende Alternative.

Als ich einen Tag später in der Wartehalle des Berliner Flughafens saß, war ich schon sichtlich aufgeregt. Ich hatte vor etwa einer halben Stunde eingecheckt und wartete nun auf das Boarding. Mit einem kleinen Snack und einer Flasche Wasser im Handgepäck war ich für die Reise eingedeckt. Nach meiner Landung würde mich einer von Raphaels Freunden am Flughafen abholen, da er es selbst zeitlich nicht schaffen würde. Er hatte kurz vorher noch ein wichtiges Meeting, wollte mich aber auch nicht alleine in Wien herumlaufen lassen. Raphael hatte mir gestern schon Bescheid gegeben, dass ich einfach nach seinem schwarzen Ferrari Ausschau halten sollte.

Eine gefühlte Ewigkeit später wurde endlich mein Flug aufgerufen. Ich suchte meinen Platz, ließ mich im Sitz nieder und schaute aus dem Fenster. Exakt eine Stunde und zwanzig Minuten später landete der Flieger in Wien. Hier war es deutlich wärmer als in Deutschland, weshalb ich rasch meine Jeansjacke auszog, sobald ich wieder Boden unter den Füßen hatte. Mit meinem dunkelblauen Rollkoffer in der Hand verließ ich wenig später das Terminal und suchte nach Raphaels Auto.

Als ich es gefunden hatte, klopfte ich zunächst außen an die Scheibe. Ein großer, breit gebauter Mann mit blondierten Haaren, von der Optik her ein arabischer Türsteher, schaute auf und bedeutete mir einzusteigen. Nachdem ich mein Gepäck verstaut und mich neben ihm niedergelassen hatte, reichte er mir seine riesige Hand, lächelte freundlich und stellte sich als Abudi vor. Während er mich zu Raphaels Hotel fuhr, führten wir ein bisschen Smalltalk. Abudi parkte nach einer knapp halbstündigen Fahrt mitten vor dem Eingang eines riesigen 5-Sterne-Hotels, dessen Front komplett verspiegelt war. Wir stiegen aus und er begleitete mich kurz nach drinnen. Ich meldete mich an der Rezeption an, erhielt meine Zimmerkarte mir der Information der Raumnummer und fuhr mit dem Aufzug in den 17. Stock.

Ich klopfte an besagter Zimmertür, welche mir wenige Augenblicke später geöffnet wurde. Raphael stand in einem weißen Cørbo Trainingsanzug vor mir, seine Haare wurden durch einen schwarzen Haarreif zurückgehalten und alles in allem sah er mal wieder unverschämt gut aus. »Sarah! Endlich! Komm doch rein.« Raphael trat ein Stück hinter die Tür und machte mir somit Platz. Ich blieb erst mal staunend in der Mitte des Raumes stehen und begutachtete die wunderschöne, luxuriöse Suite. Der Ausblick über den Donaukanal und den ganzen 2. Bezirk bis zum Prater war atemberaubend. Raphael stand hinter mir und ich fuhr herum, als er sich räusperte. Ich ließ sogleich meinen Rucksack fallen und ging langsam auf ihn zu.

In meiner Wolke | 1raf7Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt