13 | Im Studio

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Ich freute mich sehr auf unser Treffen. Heute würde mir Raphael endlich sein Studio zeigen und anschließend wollten wir essen gehen. Raphael und ich hatten uns gestern Nachmittag kurz gesehen, als er sich im Nike Store, in dem ich arbeitete, ein paar neue Sneaker holte.

Wir hatten beschlossen, dass wir uns gegenüber der Öffentlichkeit und insbesondere meinen Arbeitskollegen nicht so verhielten, als würden wir uns näher kennen und privat Zeit miteinander verbringen. Das war eine Sache zwischen uns beiden. Er hatte durch seinen Status sowieso nur noch wenig Privatsphäre.

Da Raphael unterwegs war und noch einige Dinge erledigen musste, holte er mich diesmal in einer kleinen Seitenstraße nicht weit entfernt von seinem Studio ab. Nach einer zehnminütigen Autofahrt kamen wir an. Ich sah an der Fassade des riesigen Hauses mit roten Backsteinen hinauf und betrat nach Raphael das Gebäude. Zumindest von außen konnte man nicht vermuten, dass sich hier das Musikstudio befand, in dem - laut Raphael - die momentan erfolgreichsten Songs Deutschlands aufgenommen und produziert wurden.

Mit dem Aufzug fuhren wir in den 2. Stock. Raphael hielt mir die Fahrstuhltür auf und ich betrat sein »Anthra-Studio«. Neugierig sah ich mich um. Im Vorraum reihten sich an der linken Wand unzählige Gold- und Platinschallplatten. Alles Auszeichnungen, die Raphael im Laufe der letzten Jahre für seine Songs und Alben bekommen hatte, wie er mir stolz erzählte. Dahinter befand sich auf der einen Seite eine kleine Küche und auf der anderen die Garderobe. Im Flur Richtung Küche hing ein abstraktes Bild, das einen Raben zeigte. Eine Tür am Ende des Ganges führte zum Herzstück des Studios.

Im Inneren war alles anthrazitfarben verkleidet und durch LED-Lämpchen beleuchtet, die an der Decke wie Tausende kleine Sterne funkelten. Es war alles farblich aufeinander abgestimmt und sah ziemlich schick aus. Raphael hatte auf jeden Fall einen guten Geschmack. Auf den Tischen standen Bildschirme, ein Mischpult, riesige Lautsprecherboxen und weiteres Musikequipment, welches ich nicht zuordnen konnte. Mehrere Instrumente standen und lagen herum. Auch eine Gesangskabine befand sich im Raum, war jedoch separat abgetrennt. Wir setzten uns auf die Stühle vor das große Mischpult.

Raphael fuhr die Computer hoch und begann mir alles so einfach wie möglich zu erklären, während er immer wieder an diversen Knöpfen herumschraubte, pausierte und verschiedene Beats laufen ließ. Ich folgte seinen Worten aufmerksam und interessiert. Er war gerade dabei einen neuen Beat zu bauen und fragte mich hin und wieder nach Ratschlägen.

»Was meinst du, klingt das gut so?«, wollte er wissen, als er eine Weile an einem ruhigen, aber dancehalllastigen Beat herumgebastelt hatte. »Ich finde, du solltest die Klaviermelodie noch etwas lauter machen und die Schläge der Snare Drum, falls die so heißt, kommen für meinen Geschmack zu schnell hintereinander.« Raphael war begeistert davon, dass ich ebenfalls Ahnung von Musik hatte und mich ein bisschen auskannte. Er befolgte meine Anweisungen und spielte die geänderte Version erneut ab. »Klingt schon viel besser. Danke für deine Hilfe«, sagte er an mich gewandt.

Ich hatte komplett das Zeitgefühl verloren, da ich so in Raphaels Erklärungen und die Arbeit an der Musik vertieft war. Als ich jedoch einen Blick auf die Uhr warf, erschrak ich. »Raphael!«, rief ich in Richtung der Gesangskabine. Er nahm seinen Kopfhörer ab und kam auf mich zu. »Was gibt's denn?«, wollte er neugierig wissen. »Wir haben total die Zeit vergessen. Es ist schon 21:10 Uhr.« »Oh okay. Aber das ist nicht so schlimm. Wir verschieben das mit dem Essen gehen einfach auf einen anderen Tag. Hast du noch Lust mit zu mir zu kommen? Ich bestelle uns Pizza, wir chillen und schauen noch irgendeinen Film oder eine Serie an.«

»Ja klar, gerne. Das klingt nach einem vernünftigen Plan und Pizza ist immer gut. Ich habe mir sowieso schon gedacht, dass du nicht selber kochen kannst«, zog ich ihn auf. »Ey, das stimmt gar nicht. Ich kann sogar recht gut kochen. Bei Gelegenheit kann ich dir das gerne mal beweisen. Ich hab heute nur wirklich keine Lust mehr dazu und bestellen geht nun mal schneller«, rechtfertigte er sich.

In meiner Wolke | 1raf7Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt