Die Shoppingwette Teil 3

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Nachdem wir auch noch Schuhe gefunden haben, sind wir in ein nahegelegenes Café gegangen. Jetzt sitzen wir an einem schönem Platz direkt am Fenster und haben beide eine Kaffeetasse vor uns, Magnus auch noch ein Stück Schokoladenkuchen.

Magnus trinkt seinen Kaffee auch schwarz, aber viel mehr haben wir nicht geredet.

Seid der Situation in der Umkleide hat sich irgendetwas zwischen uns geändert. Plötzlich ist da diese stille Anspannung, die auf uns lastet und das Reden erschwert. Die ausgelassene Stimmung hat sich irgendwie in Luft aufgelöst.

Aber ich will mit ihm reden, ihn kennenlernen und endlich wieder seine samtige Stimme hören. Also nehme ich meinen ganzen Mut zusammen und frage~Wie kommt es eigentlich, dass wir uns noch nie zuvor gesehen haben. Du kannst doch kaum älter sein als ich.~

Endlich sieht Magnus von seinem Schokokuchen auf und blickt mich wieder an.
Die Leichtigkeit ist allerdings aus seinen Augen verschwunden und hat einer unliebsamen Distanziertheit Platz gemacht, die ich am liebsten sofort wieder vertreiben will. Mir gefällt der warme und fröhliche Ausdruck in seinen Augen viel mehr.

~Ich bin zwanzig und studiere Modedesign im zweiten Semester.~, erklärt er und trinkt einen Schluck.

Ich reiße überrascht die Augen auf. Ich hätte nicht gedacht, dass er schon zwanzig und damit zwei Jahre älter ist als ich. Er sieht gar nicht danach aus.

~Das hast du also damit gemeint, als du sagtest, du hast ein Auge dafür.~
~Ja, so in etwa. Ich habe mich schon immer für Mode interessiert. Es ist meine Leidenschaft und, ganz ehrlich, manche Kleidungsstücke sollten gar nicht mehr verkauft werden dürfen.~
~So wie der Anzug?~
~Du meinst, den Anzug des Grauens?~

Ich kann ein Lachen nicht zurückhalten. Magnus' angewiderte Miene sieht einfach zu komisch aus.
Kurz sieht er mich wütend an, doch dann bricht auch er in Lachen aus.

~Du hattest auch noch Glück! Ich musste all die anderen verboten gehörenden Objekte durchforsten. Ich schwöre, ich habe Augenkrebs bekommen, als ich das gelb karierte Jacket zu der grün gestreiften Hose gesehen habe.~, japst Magnus, was meinen Lachflash nochmals anfeuert.

Irgendwann tut mir der Bauch weh vor Lachen und ich wische mir die Lachtränen weg.
Auch Magnus hat sich wieder beruhigt und meint nachdenklich~Kaum zu glauben, dass es mit dir so schön sein kann.~

~Was?~, frage ich alarmiert. Die ausgelassene Stimmung ist dahin und ich starre ihn lauernd an.

Magnus senkt ertappt den Blick und sagt beschwichtigend~Ach, nichts ...~
~Das ist nicht nichts. Ich will wissen, wie du das gemeint hast.~

~Naja, sagen wir es mal so, Raphael, ein Freund von mir, war nicht sonderlich begeistert von dir. Er hat mir gesagt, wie unnahbar und kalt du sein sollst und damit du bei jeder Party mindestens eine abschleppst. Du sollst arrogant und berechnend sein, unfreundlich und intrigant und ich ...~

~Schon gut, du musst mir deine Meinung nicht sagen. Ich hab schon verstanden.~, winke ich verletzt ab. Ich habe nicht gedacht, dass mein Ruf an der Highschool so schlecht ist.

Natürlich bin ich nicht der gesprächigste und ich schleime mich nicht direkt bei jedem ein oder bemühe mich um viele Freunde, aber gleich als eiskalter Cassanova bezeichnet zu werden, ist schon hart. Aber viel mehr trifft mich, dass Magnus diesen Mist zu glauben scheint, so wie er mich gerade ansieht.

~Ich gehe lieber mal, dann musst du meine Anwesenheit nicht länger ertragen.~

Mit diesen Worten lege ich das Geld für den Kaffee auf den Tisch und fliehe schon fast aus dem Café.

Ich will einfach nur weg, aber dass ich dem Schmerz in meinem Inneren nicht entkommen kann, weiß ich schon jetzt. Dennoch endet meine Flucht erst in einem kleinem Park, wo ich mich erschöpft, aber vor allem enttäscht auf einer Bank niederlasse.

So fröhlich ich auch während der Shoppingtour gewesen bin, so traurig bin ich jetzt. Aber warum habe ich mir eigentlich Hoffnungen gemacht? Zwischen uns wäre doch ohnehin nie etwas gewesen.

Ich weiß es nicht, also vergrabe ich mein Gesicht in meinen Händen und seufze tief.

~Zuerst habe ich natürlich geglaubt, was er mir erzählt hat, immerhin ist er mein Freund, aber ich mache mir da gerne immer ein eigenes Bild. Du hast mich wirklich überrascht, Alexander, denn du warst das glatte Gegenteil, von der Person, die mir beschrieben wurde. Du warst schüchtern und nett und alles andere als kalt. Kurz hatte ich sogar den Eindruck, du hättest Interesse, aber dann ... Ich weiß nicht, was passiert ist, aber plötzlich hatte ich wieder das Gespräch mit Rapahel vor Augen und dann bin ich auf Abstand gegangen. Vielleicht war das heute auch nur eine Fassade, um mir Hoffnung zu machen oder so ... Ich weiß es nicht, aber es tut mir leid.~, entschuldigt sich Magnus, der mir wohl gefolgt ist.

Als ich aufsehe, bricht es mir beinahe das Herz. Er sieht so traurig aus, enttäuscht von sich selbst und dass er sich von anderen hat beeinflussen lassen.

~Das alles, was du gehört hast, das ist mein Highschool-Ich. Das ist die Fassade. Aber jetzt, jetzt bin ich ich. Ich bin schüchtern und weiß selten, was ich sagen soll. Aber ich hätte nicht gleich so reagieren dürfen, sondern dich erst ausreden lassen sollen. Also tut es mir auch leid.~

~Also ist wieder alles gut zwischen uns? Ich ... will dich nämlich wirklich kennenlernen und nicht die Fassade von dir.~, macht er klar und wird leicht rot.
~Ok.~, bringe ich lächelnd hervor und erwiedere seinen Blick.

Endlich ist da wieder dieses Strahlen, welches seine Augen erhellt und die Distanziertheit ist wie weggeblasen.
Als er lächelt, fällt mir ein kleiner Fleck an seinem Mundwinkel auf, der wohl noch von seinem Kuchen stammt.
Ich strecke meine Hand aus und wische den Fleck vorsichtig weg. Magnus erstarrt und öffnet leicht seine Lippen.

Sie sehen so weich aus. Ob sie wohl noch nach Schokolade schmecken? Ich weiß es nicht, aber der Drang, es herauszufinden, ist größer als die Angst entdeckt zu werden.

Also lehne ich mich vor und streife seine Lippen hauchzart. Ich will ihm die Entscheidung lassen, aber offenbar scheint er nur darauf gewartet zu haben, denn sofort lehnt auch er sich vor und vereint unsere Lippen endlich zu einem kurzen, unschuldigen Kuss.

Dennoch löst dieser in mir das Gefühl aus zu fliegen. Ich fühle mich so leicht und unbeschwert, einfach nur glücklich.

Wenig später laufen wir dann Hand in Hand zum Treffpunkt zurück, wo Izzy und Simon bereits auf uns warten.

~Ich wusste doch, dass du schwul bist!~, ruft sie triumphierend und mit dem Blick auf unsere verschränkten Hände,~Ich freu mich ja so für euch!~
~Warte. Du wusstest das? Woher?~, frage ich überrascht.

~Weibliche Intuition.~
~Diese Wette war nur ein Vorwand, damit ich Alexander kennenlerne, stimmts? Du wusstest, dass ich bi bin und er haargenau meinem Typen entspricht.~, stellt Magnus amüsiert fest, bevor er mich mit einem liebevollem Blick betrachtet, bei dem ich wieder leicht erröte.

Kann man das vielleicht mal abstellen?!
Izzy nickt grinsend und ich sehe sie leicht verwirrt an. Das war alles ihr Plan?

Mir gefällt es zwar nicht, dass sie mich quasi wie eine Schachfigur gelenkt und benutzt hat, aber sonst hätte es womöglich noch länger gedauert, bis ich Magnus getroffen hätte ...

~Darüber reden wir noch.~, drohe ich, obwohl es alles andere als ernst gemeint ist, dazu bin ich zu glücklich.
~Ja klar.~
~Ok, wer hat Hunger?~, wechselt Simon das Thema, bevor wir alle in ein peinliches Schweigen verfallen können.

Natürlich haben alle Hunger, weshalb wir uns auf den Weg zum nächsten Fastfood-Laden machen. Isabelle läuft mit Simon voraus und ich folge mit Magnus.

Unsere Hände sind noch immer miteinander verschränkt und es fühlt sich so richtig und schön an.

Vielleicht muss ich nicht perfekt sein, wie meine Eltern meinen. Es reicht, wenn ich perfekt für Magnus bin, denn, obwohl wir uns erst vor ein paar Stunden kennengelernt haben, liegt ein Hauch von Ewigkeit in der Luft, den ich für immer festhalten möchte.

Malec-One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt