Valentinstag Teil 3

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Magnus ist wundervoll.

Ich glaube, so habe ich noch nie über jemanden gedacht, aber das ändert sich hier und heute.

Er ist schlichtweg für mich da, hört mir zu und versteht mich. Aber gleichzeitig lenkt er mich auch ab und bringt mich sogar zum Lachen.

Es ist einfach unglaublich. Er ist einfach unglaublich.

Das Erzählen der ganzen Geschichte von Max und Andrew, meinem Ex, hat irgendeinen Schalter in mir umgelegt, denn plötzlich finde ich den Valentinstag eigentlich ganz ok.
Deshalb bin ich auch leicht traurig, als das Café am frühen Abend schließt und die letzten Gäste es gerade verlassen.

~Ich warte draußen auf dich.~, verspreche ich ihm und im Gehen streife ich langsam, aber wie zufällig, seine Hand.

Den ganzen Tag über haben wir uns immer mal wieder zufällig berührt, aber ich habe auch festgestellt, dass Magnus auf plötzliche, unerwartete Berührungen sehr schreckhaft reagiert, weshalb ich versuche, ihn immer so langsam und sanft wie möglich zu berühren oder zu streifen, sodass er jede Bewegung sehen kann. Damit scheint er sich irgendwie sicherer zu fühlen und für mich ist das in Ordnung.

Für mich ist gerade ziemlich viel in Ordnung, wenn ich so darüber nachdenke.

Er nickt mir mit einem dankbaren Lächeln zu und ich verlasse das Café.

Draußen atme ich tief die klare Winterluft ein, die aber auch schon einen Hauch von Frühlimg in sich trägt. Vielleicht ist der Valentinstag auch nur ein Zeichen dafür, dass bald der Frühling zurückkommt und den restlichen Schneematsch von den Straßen vertreibt.
Ich weiß es nicht, aber ich fände das schön.

Wer weiß, vielleicht nutze ich den Abend noch und lade Magnus zum Essen ein? Ich will nämlich nicht, dass unsere gemeinsame Zeit schon vorbei ist und so bekomme ich vielleicht eine Verlängerung von ihm und seiner guten Laune, die auch mich etwas zu erhellen scheint.

Plötzlich werde ich angerempelt.

~Passen Sie doch auf, wo Sie hinlaufen!~, patze ich den Passanten, einen Mann mittleren Alters mit längeren schwarzen Haaren, die er sich zu einem lächerlichen Pferdeschwanz zurückgebunden hat, an.

Er grinst nur verschlagen, während er sich an mir vorbei ins Café drängt.

Wahrscheinlich nur irgendein Typ, der keine Ahnung davon hat, dass Kaffee am Abend nicht sonderlich gut ist, denke ich mir, bis ich ein Krachen höre, wie zerbrechende Tassen.

Sofort schrillen in mir alle Alarmglocken und mein Beschützerinstinkt meldet sich räuspernd zu Wort.

Ohne zu zögern, renne ich zurück ins Innere des Cafés und bei dem Anblick, der sich mir dort bietet, wird mir einfach nur schlecht.

Der Passant, der mich gerade noch angerempelt hat, drückt jetzt Magnus gegen die Tür zu den Toiletten und hält ihm mit einer Hand den Mund zu.
Die andere ist irgendwo zwischen ihren Körpern, aber für meinen Geschmack viel zu weit unten.

Magnus' Augen sind panisch aufgerissen und sein Körper zittert wie Espenlaub. Ich kann seine Angst beinahe riechen, aber da ist noch etwas anderes.

Dieses Bild, von der Kehrseite dieses Mannes, das kommt mir so bekannt vor.

Plötzlich fühle ich mich wie in der Zeit zurückversetzt.

Ich stehe fassungslos in der Tür zu unserem Schlafzimmer. Dort spielt sich schreckliches ab. Mein Andrew, der, dem ich einen Antrag machen wollte, stützt sich auf allen Vieren ab und lässt sich von einem anderem das Hirn rausvögeln. Das Gesicht des anderen kann ich nicht sehen, nur seine langen schwarzen Haare.
Ich fühle mich so machtlos, als würde ich in diesem Moment fallen, um dann wenig später unsanft auf dem Boden aufzukommen.

Das ist er.
Der, mit dem mich Andrew betrogen hat und er ist gerade auf dem besten Wege, Magnus weh zu tun. Nicht unbedingt körperlich, aber seelisch.

Aber jetzt bin ich nicht machtlos. Ich kann etwas tun. Ich kann jemanden beschützen.

Also stürme ich los und packe ihn an der Schulter. Sein schmutziges Gemurmel vorher ignoriere ich angewidert. Mit einem Ruck reiße ich ihn von Magnus weg, der leichenblass auf einer Bank nahe der Tür zusammensackt, und stoße ihn mit so einer Wucht von mir, dass er hart auf den Boden knallt. Das hat er so was von verdient.

~Sag mal, gehts noch!?~, schreie ich ihn an.

Er rappelt sich mühsam auf und blickt mich leicht verwirrt an, bevor er mich genauer mustert und wiederzuerkenmen scheint, dem verschlagenen Grinsen nach.

~Was denn? Es ist doch überhaupt nichts passiert!~ ~Nichts passiert? Ich glaube, Sie haben nicht mehr alle Latten am Zaun! Das war sexuelle Belästigung und wenn Sie nicht auf der Stelle verschwinden, rufe ich die Bullen!~

Er zuckt nur die Schultern.
~Er ist ohnehin nicht so gut, wie mein Andrew.~, sagt er noch und geht.

Ich balle die Hände zu Fäusten und meine Fingernägel graben sich tief in meine Haut, aber ich brauche diesen Schmerz, um ihm nicht nachzurennen und eine zu verpassen.

Wie kann man nur so ekelhaft sein?! Ich weiß es nicht und ich versuche mich zu beruhigen, aber ich kann einfach nicht...

... bis ich ihn höre.
~Alexander?~, fragt er unsicher und es steckt so viel Kummer und Angst in seiner Stimme, dass die Wut in mir schlagartig verpufft und wieder diese Ruhe einkehrt. Und mit ihr die Sorge.

Schnell drehe ich mich um und knie mich vor die Bank hin. Dass auf dem Boden die Scherben der heruntergefallenen Tassen liegen, die ich gehört habe, ist mir egal. Gerade zählt nur er und ihm geht es schlecht.

Langsam, sodass er jede Bewegung sehen kann, umfasse ich Magnus' schweisnasse und eiskalte Hände und drücke sie fest.

Seine Brust hebt und senkt sich viel zu schnell und er scheint kurz vor einer Panikattacke zu stehen, so wild wie seine Augen flackern. Noch immer zittert er, auch wenn sich das langsam legt.

Trotzdem sieht er mich nicht an und meidet meinen flehentlichen und sorgenvollen Blick.

~Ich bin hier und werde dir zuhören, ... falls du reden willst.~, versichere ich ihm und er blickt mich das erste Mal richtig an.

Kurz leuchtet etwas in seinen Augen auf, ein liebevoller Ausdruck, wie ein heller Stern in finsterster Nacht.

~Ich weiß nicht, wie ...~
Er stockt und Tränen schimmern in seinen Augen, die sich langsam ihren Weg nach draußen bahnen.
~Hey. Nicht weinen.~

Dann ziehe ich ihn zu mir herunter in die Scherben und direkt in meine Arme.
Er sitzt auf meinem Schoß und klammert sich wie ein Ertrinkender an mich, während sein Körper wieder anfängt zu beben vor unterdrückten Schluchzern.

Er ist so gebrochen, dass es mir selbst wehtut und ich ziehe ihn fest an mich.
Einerseits, um ihn zu trösten und andererseits, um uns beide irgendwie zusammenzuhalten.

Malec-One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt