Ein Wiedersehen mit dem Ex Teil 3

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Mein Kopf dröhnt, als ob irgendwer ständig auf eine Pauke schlägt. Und dazu ist mir noch so schrecklich heiß und ich fühle mich ausgelaugt.

Und dann diese Kopfschmerzen ... Gott, ich werde nie wieder etwas trinken.

Zum Glück habe ich heute frei.
Wie spät ist es eigentlich?

Murrend will ich mich langsam zu meinem Wecker drehen, aber ich komme keinen Zentimeter voran. Irgendetwas hält mich fest umklammert und ich bin mir zu neunzig Prozent sicher, dass ich mir das nicht einbilde.

Träge öffne ich die Augen und sofort scheinen sich ein paar falsch gestimmte Geigen zu den Paukenschlägen zu gesellen.
Seid wann ist die Sonne so hell?
Nur langsam gewöhnen sich meine Augen an das Licht und müde blicke ich an mir herab.

Ok, cool bleiben, Magnus. Einfach cool bleiben, versuche ich mich selbst zu beruhigen, denn soeben habe ich den blassen Arm entdeckt, der sich um meine Taille geschlungen hat.

Als mein Verstand dann auch langsam aus dem Shut down hochfährt, registriere ich den warmen Körper hinter mir.

Obwohl ich mir der Tatsache bereits sehr sicher bin, fahre ich mit einer freien Hand an mir herab.
Ja, das war dann wohl doch ein One Night Stand, stelle ich gedanklich fest und seufze resigniert.

Mein letzter One Night Stand ist schon eine Weile her, aber nach dem gestrigen Abend sollte es mich eigentlich nicht wundern, dass ich nicht alleine nach Hause gegangen bin.

Ich weiß, dass ich gut aussehe und für beide Geschlechter attraktiv bin -das ist einfach eine Tatsache und keine Selbstverliebtheit. Außerdem war ich betrunken, single, einsam und verzweifelt.

Was ist Gestern nur passiert?, frage ich mich, aber als ich nach den Erinnerungen greifen will, scheinen sie mir zu entgleiten. Ab dem Moment, wo ich über der Klosschüssel hing, wird alles schwarz und nur noch ein paar verschwommene Fragmente sind übrig. Ich habe einen Filmriss.

Zugegeben, ich habe es drauf angelegt und sogar gehofft, alles zu vergessen, aber die Tatsache, dass es wirklich geklappt hat, schockiert mich schon ein bisschen. Andererseits ... Ich bekomme meistens, was ich will.

Und anscheinend wollte ich den Fremden hinter mir so sehr, dass wir schließlich zu mir gegangen sind -außer natürlich der Fremde besitzt ebenfalls verblasste, regenbogenfarbene Vorhänge, was ich bezweifle.

Soll ich noch mit ihm frühstücken oder ihn lieber gleich vor die Tür setzen? Ich kenne ihn nicht, also klingt Letzteres verlockend, allerdings ... ist die Art, wie er mich hält, mehr als angenehm.
Ich fühle mich sicher, geborgen und tiefenentspannt. Irgendwie glücklich und zufrieden.

Es ist lange her, dass ich so etwas gefühlt habe. Der Fremde musste also ziemlich gut gewesen sein. Vielleicht verabrede ich mich mal mit ihm und wer weiß? Vielleicht entsteht ja mehr oder aber es bleibt beim One Night Stand. Zu verlieren habe ich nichts.

Plötzlich rührt sich der Fremde hinter mir und drückt mich noch etwas fester an sich, während er leise seufzt. Sein Atem trifft mich am Nacken und sofort bekomme ich dort eine Gänsehaut. Aus dem Atem werden auf einmal sanfte Küsse, die der Fremde verteilt und jetzt bin ich es, der seufzt. Seine Lippen sind so weich ...

~Mhhmm Magnus.~, brummt er leise und ich höre eine tiefe und vom Schlaf raue Stimme, die mich erschaudern lässt.

Ich will gerade die Augen schließen und anfangen zu genießen, als in meinem Kopf die Info aufblinkt, dass ich diese Stimme kenne. Dass mir diese Stimme so vertraut ist, wie die meiner Mutter, obwohl ich sie schon lange nicht mehr gehört habe.

Nein.
Bitte nicht.
Ich kann doch nicht...
Das Schicksal kann doch nicht so gemein sein!
Ich hätte doch nicht ...
Doch, hätte ich und in meinem Zustand erst recht.

Meine Gedanken sind wirr und klar zugleich, aber zum Glück reagiert mein Körper schneller als mein Verstand, löst sich aus den starken Armen und springt aus dem Bett. Panisch drehe ich mich zu dem, leider nicht mehr ganz Fremden, um und mich trifft der Schlag, als ich die Bestätigung zu meiner Vermutung bekomme.

Vor mir liegt Alexander, wie Gott ihn schuf, und sieht mich verwirrt und flehend an.
Ich hingegen bin in heller Aufruhr und regelrecht panisch, als ich frage~Was machst du hier?~
~Nach was sieht's denn aus?~

Ich beiße mir nervös auf die Unterlippe.
Das darf doch nicht wahr sein!?

Ich habe mit Alexander geschlafen. Ich habe mit meinem Ex und vergebenen, schon verlobten Mann geschlafen. Ein Mann, der mit einer bezaubernden Frau zusammen ist.
Der diese Frau gerade mit mir betrogen hat.

In meinen Therapiestunden habe ich schon oft Paare betreut, bei denen einer eine Affäre gehabt hatte. Die Erklärungen dafür waren immer verzweifelt bis kurios gewesen. Ich habe zwar meist Verständnis gezeigt und versucht, die Wogen zu glätten, aber innerlich habe ich nur den Kopf geschüttelt.

Warum setzte man das, was man bereits hatte, für ein kleines Abenteuer aufs Spiel? Warum ließ man sich überhaupt auf so etwas ein, wenn man doch wusste, dass man nicht der einzige in seinem oder ihrem Leben war?

Jetzt habe ich, zumindest aus meiner Sicht, eine Antwort auf Letzteres: Um nicht alleine zu sein. Um sich zumindest eine Nacht lang wieder begehrt und geliebt zu fühlen. Um einmal der Realität zu entkommen und für einen Augenblick frei zu sein.
Dafür lässt man sich auf jemand Vergebenes ein.

~Aber ... aber ... w-wie?~
~Du erinnerst dich nicht?~, fragt er und ein trauriger Ton schwingt in seiner Stimme mit.

Ist er jetzt ernsthaft enttäuscht?
Ich weiß, dass seine baldige Ehe eher arrangiert als freiwillig ist, aber dennoch hätte ich nie erwartet, dass Alec so weit gehen würde und betrügt.

Das geht gar nicht. Selbst wenn er Lydia nicht liebt, gibt ihm das, meiner Meinung nach, nicht das Recht, sie einfach so zu hintergehen!

~Nein und ich will es auch nicht~, antworte ich,~Ich glaube, du solltest jetzt gehen.~
~Du willst mich rauswerfen?~

Nein, will ich nicht, rufen die Scherben meines Herzens im Chor und ich gebe ihnen recht.

Ich will nicht, dass Alexander geht, aber ich will auch nicht, dass er seine Verlobte mit mir betrügt. Letzteres ist allerdings geschehen und es wäre falsch von mir, ihn noch länger hierzubehalten.
Es wäre unfair Lydia gegenüber, denn obwohl ich vor Neid auf sie schier platze, ist sie ein guter Mensch.

~Ja und es wäre nett, wenn du meine Bitte befolgen würdest.~, presse ich hervor.

Alec stützt sich auf und sieht mich direkt an. An seinem Hals und seiner Brust leuchten mir mehrere Knutschflecken entgegen, die sich auf seiner blassen Haut stark abheben. Auch die Bisswunde an seiner Schulter hebt sich deutlich hervor und scheint mich verspotten zu wollen.

~Nein, ich will bei dir bleiben.~
Ich doch auch.

Malec-One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt