Herr Holle Teil 2

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~Also Alexander. Du hältst das jetzt mal fest.~, sage ich und drücke ihm einen leeren Umzugskarton, den ich hinter einem Küchenregal gefunden habe, in die Hand.

Dann gehe ich ins Wohnzimmer und vertraue darauf, dass er mir folgt.
Dort angekommen nehme ich die Bilder von mir und ihm von der Wand und werfe sie achtlos in den Karton.

Der Rest seiner Schallplatten folgt, bevor ich zielstrebig wieder zurück gehe und die Treppen hochsteige. Auch hier nehme ich sämtliche Bilder von uns ab und lege sie in den Karton.

Jetzt, da ich nicht mehr nur von Wut gesteuert werde, kann ich mein Haus endlich systematisch von ihm befreien. Ich will ihn zumindest hier ausradieren, denn in meinen Gedanken wird er wohl noch lange herumspuken.

~Wie kam es eigentlich dazu, dass sich Herr Holle von seiner Frau trennt? Oder viel eher, wie hat er den Betrug aufgedeckt?~
~Du meinst wohl eher, wie ich seinen Betrug aufgedeckt habe~, verbessere ich ihn, als wir das Schlafzimmer betreten,~Das ist eigentlich eine ganz lustige Geschichte...~

Ich nehme ihm den Karton ab und ignoriere, dass seine Kinnlade gerade am Boden klebt. Ich bin solche Reaktionen auf meine Ex-Beziehungen gewöhnt, aber dennoch versetzt mir seine geschockte Miene einen kleinen Stich.

Allerdings sind gerade ganz viele Nadeln in meinem Herz, weshalb diese zusätzliche jetzt wohl auch keinen Weltuntergang mehr bedeutet.

Ich lasse den Karton in die Tiefe fallen und es knirscht laut, als er auf dem Boden aufkommt.
Ich spüre seinen bohrenden Blick in meinem Rücken und beschließe, ihm die Geschichte zu erzählen.
Einerseits, um ihm Klarheit zu verschaffen, aber andererseits auch, um mich nochmal daran zu erinnern, dass das alles hier kein böser Albtraum, sondern Realität ist.

Dass ich mich wirklich von ihm trennen werde und das endgültig. Dass ich wieder alleine sein werde. Zwar mit einer guten Karriere, Geld und einem Haus, aber alleine

~Er hat sich bei mir immer über seinen Boss und die vielen Überstunden beschwert. Er hat beklagt, dass es sein Boss irgendwie auf ihn abgesehen hatte und genau deshalb immer ihn auf Geschäftsreisen schickt. Damit wir uns nicht sehen können.
Ich habe ihm geglaubt. Natürlich habe ich ihm geglaubt, ich habe ihn schließlich geliebt. Ich wollte ihn besuchen kommen. In seinem Hotel. Also habe ich da angerufen und erfahren, dass dort kein Gast mit dem Namen Kevin Stuart dort eingecheckt hat. Die darauffolgenden Stunden habe ich ihn angerufen. Immer und immer wieder, denn ich hatte dutzende Horroszenarien im Kopf, aber er hat nicht reagiert. Dann hat meine Freundin Dorothea angerufen. Sie arbeitet in einem Hotel am anderem Ende der Stadt. Sie hat eine Bestellung auf eins der Zimmer gebracht.
Und als sie geklopft hat, stand ihr Kevins Boss gegenüber, nur mit einem Bademantel bekleidet. So weit so skurril, aber dann hat mein Freund den Kopf aus dem Bedezimmer gesteckt und gefragt, wann sein Daddy zurückkommt. Sie waren ja noch nicht fertig miteinander und ...~

Ich stoppe, als Alec mich plötzlich zu sich umdreht und mich einfach in seine starken Arme zieht.

Gegen Ende dieser grausigen Geschichte ist meine Stimme immer zittriger und dünner geworden. Mich nimmt das ganze wohl doch mehr mit, als gedacht.

Dabei will ich das gar nicht! Dieser Feigling hat meine Gefühle mit Füßen getreten und sich lieber von seinem Boss ficken lassen. Ist ja auch einfacher, als eine Beziehung!

Trotzdem fühlt es sich gut an, wie Alec mich einfach hält und mir beruhigend über den Rücken streicht. Ich seufze leise und entspanne mich etwas.

~Das tut mir so leid~, flüstert er leise, bevor er mich sanft von sich wegdrückt, um mir in die Augen zu sehen,~Aber ich glaube, er war einfach nicht der Richtige für dich.~

~Jetzt komm mir nicht mit Du hast etwas Besseres verdient, Magnus. Das ist gerade wirklich das letzte, was ich gebrauchen kann und außerdem weiß ich das schon.~
~Natürlich hast du etwas Besseres verdient, aber darauf wollte ich nicht hinaus~, antwortet er und löst sich von mir,~Ich glaube, dass dieser Kevin schon zittert, wenn du nur mit dem Fuß aufstampfst. Sicher war er süß und so, aber du brauchst jemanden, an den du dich anlehnen kannst. Jemanden, der dich zwar bewundert und auf Händen trägt, der dir aber in den richtigen Momenten die Stirn bietet und dich zurechtweist.~

Er greift nach einigen seiner Hemden und wirft mir den Haufen zu. Ich fange ihn auf und werfe ihn dann aus dem Fenster.

~Und was wenn ich keinen Dominanten sondern einen Romantiker will?~, frage ich und bin gespannt auf seine Antwort.

Mir gefällt die Art wie er redet. Wie er jedes Wort so bedächtig sagt und ihm so immer eine persönliche Bedeutung gibt. Und natürlich ist seine tiefe Stimme ebenfalls mehr als sexy.

~Das eine schließt das andere ja nicht aus. Der Richtige kann sowohl dominant als auch romantisch sein. Beschützerisch wie Freiraum gewährend. Der Richtige muss nicht in aller Augen perfekt sein, nur in deinen.~, antwortet er schließlich.

~Hast du so jemanden?~
~Mir ist der Richtige auch noch nicht über den Weg gelaufen~, gesteht er und fährt sich einmal durch die Haare,~Die Chemie hat bisher einfach noch nicht gestimmt.~

~Und was ist mit der Magie?~
~Magie?~
~Naja, man darf die Magie nicht vergessen. Die Magie ist so eine Art Wegbegleiter der Liebe, denn sie sorgt für die schönen Momente, die in Erinnerung bleiben. Für die Momente, in denen die Zeit stillsteht und nur zwei Personen existieren. Die Magie sorgt für die Traumblase, in der nur die Liebe Zutritt hat. Ohne die Magie des Moments gibt es doch keine Liebe, oder?~, antworte ich leicht verlegen.

Ich komme mir ein bisschen dumm vor als frisch Getrennter gleich wieder von Liebe zu reden. Das scheint mir nämlich gerade so unerreichbar wie der Mond.

Das ist schade, denn wer würde nicht gerne in den Genuss kommen, geliebt zu werden und jemanden zu lieben?
Wer sehnt sich nicht nach dem Gefühl der Geborgenheit und der Leichtigkeit?

Ich denke, es gibt kaum jemanden, der ohne dieses Gefühl und die Magie leben kann.

Plötzlich spüre ich zwei Finger, die mein Kinn sanft hochdrücken und wieder verliere ich mich in diesen tiefblickenden Augen, die mich schon beim ersten Mal gnadelos in ihren Bann gezogen haben.

Jetzt ist dieses Gefühl noch stärker und ich erschaudere leicht. Dabei ist diese Berührung so unschuldig und nur dieser Blick ist an meinen Reaktionen schuld.
Ich verliere mich irgendwo in diesem Blau. Nicht gewillt, je wieder aufzutauschen, denn so kalt diese Farbe auch erscheinen mag, sie ist es nicht. Ehrlich gesagt ist mir noch nichts wärmer vorgekommen.

~Ich spüre sie. Die Magie~, haucht er und mir stockt der Atem, als ich bemerke, dass sich unsere Nasenspitzen beinahe berühren,~Eigentlich mache ich das nicht, aber ich kann nicht anders ...~
~Es ist ok. Ich spüre sie auch.~

Natürlich ist neben der Magie noch eine Restangst und ein Funke Misstrauen.

Das ist doch zu gut, um wahr zu sein. Das ist viel zu einfach. Frisch getrennt und schon steht der Traummann vor der Tür?

Doch ich kann und will gerade nicht rational denken. Ich will genießen und alles auf mich zukommen lassen.

Als Alexander bemerkt, dass es für mich wirklich in Ordnung ist, senkt er den Kopf noch weiter und unsere Lippen finden sich zu ihrem ersten Kuss von vielen anderen.

Malec-One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt