Überraschung

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~Ich verstehe nicht, warum du ausgerechnet mich zum Gaffen mitschleppst. Ich dachte, mein Coming Out wäre eindeutig?~, sage ich zu Verlac, einem guten Freund von mir.

Er verdreht grinsend die Augen, bevor er seinen Blick wieder zu den Cheerleadern wendet, die auf dem Rasen trainieren.

~Ach komm schon, Alec. Es sind doch auch ein paar Kerle da und außerdem bist du der einzige, der sich überreden lassen hat.~
~Ich habe ein eindeutig zu großes Herz für Singles!~, seufze ich theatralisch und stütze mich ebenfalls auf die Umzäunung des Feldes.

~Wann lernen wir eigentlich deinen Freund kennen?~
~Zu gegebener Zeit.~, weiche ich aus.

Mein Freund war der Grund, warum ich mich vor meinen Jungs aus dem Footballteam geoutet habe, denn ich wollte ihm das ständige Versteckspiel nicht länger antun. Ich bin ja schon froh, dass mein Freund das so lange mitgemacht hat, wo ich doch weiß, wie gern er der ganzen Welt zuschreien würde, dass er mit dem Quaterback der Angels und heißesten Kerl der ganzen Galaxis zusammen ist -seine Worte, nicht meine.

Die Jungs haben das alle erstaunlich gelassen aufgenommen, auch wenn natürlich der ein oder andere Spruch kam. Aber das gehört dazu und wenn ich sonst nicht auf Ablehnung stoße, kann ich damit gut leben.

Sebastian hingegen ist ein ewiger Junggeselle und wird wahrscheinlich nie eine feste Beziehung haben. Dazu steht er zu sehr auf Abenteuer und das mit beiden Geschlechtern.

Mitunter die einzige Regelmäßigkeit bei ihm ist dieses Gaffen am Mittwochnachmittag, über das in der Umkleide immer Witze gemacht wird. Verlac lässt sich davon allerdings nicht unterkriegen und schlussendlich muss doch immer einer von uns dran glauben und ihn zum Begaffen begleiten.

Allein wäre es uncool. Tja, und jetzt bin ich eben dran.

Desinteressiert betrachte ich die Cheerleader, die in ihren kurzen Röcken die verschiedensten Formationen einnehmen und dabei immer lächerlich mit ihren bunten Pompons wackeln.

Man merkt, dass ich schwul bin, denn Sebastian neben mir muss aufpassen, um nicht gleich zu sabbern.

Das heißt aber nicht, dass ich keinen Respekt vor ihnen habe. Natürlich erfordert Football ein gewisses Maß an Konzentration, Reaktionsschnelligkeit und Ausdauer, aber in die unterschiedlichsten Positionen zu wechseln und sich nahzu furchtlos der Erdanziehungskraft zu widersetzten und dabei noch gut auszusehen, ist wenn nicht sogar noch schwerer.

Und den paar männlichen, die nur bei den Hebefiguren helfen, schenke ich auch keine Beachtung, immerhin liebe ich nur einen und der ist gerade am anderen Ende der Stadt ... leider.

Gerade geben die Cheerleader ihre Formation auf und springen rasch zur nächsten, während sich manche mit kunstvollen Rädern etwas entfernen. Die männlichen Cheerleader folgen ihnen, wobei mir einer plötzlich ins Auge springt.

Ich bin zu weit weg, um Details zu erkennen, aber das, was ich sehe gefällt mir. Er ist beweglich und mit vollen Enthusiasmus dabei.

Verlac bemerkt meinen Blick umd grinst verschlagen.
~Was gefunden?~
~Wie gesagt, ich habe einen Freund.~, widerspreche ich, kann meinen Blick aber nicht von diesem Jemand lösen, der gerade einen beeindruckenden Flickflack hinlegt, als wäre es nichts.

Er fasziniert mich irgendwie und ich sauge jede seiner anmutigen Bewegungen in mich auf. Wie er mit einem anderen eine Cheerleaderin in die Luft wirft, damit sie sich auf dessen Schultern stellen kann. Wie er unbekümmert Räder macht und den anderen hilft.

~Den kann man auch mal für einen Augenblick vergessen ... oder eine Nacht.~, meint Sebastian zwinkernd.

Ein Pfiff läutet das Ende des Trainings ein und die Cheerleader machen sich auf den Weg in die Umkleide.

Lediglich der, von dem ich nicht meine Blicke lösen konnte, kommt mit schwingenden Hüften auf uns zu.

~Aber wenn du ihn nicht willst, ich nehm ihn gern.~, meint er achselzuckend und wirft dem Neuankömmling ein verführerisches Grinsen zu.

Besagter Neuankömmling hat reine, karamellfarbene und gerade ziemlich verschwitzte Haut und tiefbraune Augen. Seine schwarzen Haare sind ebenfalls verschwitzt und hängen ihm lose ins Gesicht.

Dennoch ist sein Gang anmutig wie der einer Katze.
Allerdings schwingt er die Hüften wie eine Frau, was mich grinsen lässt.

~Hey, Hübscher. Lust auf einen Filmabend bei mir? Darfst auch über Nacht bleiben.~, fragt Verlac schamlos.

Besagter Hübscher taucht unter der Eisenstange, die das Feld umzäunt, hindurch und stellt sich mit hochgezogener Augenbraue vor uns.

~Sorry, ich habe schon einen Freund.~
~Der muss ja von nichts erfahren.~

Ich verdrehe die Augen. Sebastian ist manchmal schon ziemlich dreist und erbärmlich.

Nun umspielt ein verschmitztes Lächeln seine vollen Lippen.
~Das wird schwer, wenn er direkt neben dir steht.~

Mit diesen Worten kommt Magnus auf mich zu, legt die Arme um meinen Hals und drückt mir einen kurzen Kuss auf die Lippen.

Jetzt kann ich mir das Grinsen nicht mehr verkneifen, als ich Sebastians überraschte Miene sehe.
Um das ganze noch deutlicher zu machen, lege ich einen Arm um meinen verschwitzten, aber nicht minder heißen Freund und ziehe ihn an mich.

~Haben wir jetzt schon zu gegebener Zeit?~
~Anscheinend schon. Sebastian, das ist Magnus und Magnus, das ist Sebastian.~
~Freut mich.~, sagt Magnus und wirft ihm ein halbes Lächeln zu, das mir zeigt, dass er gerade viel lieber mit mir allein sein möchte.

Auch die Hand, die in kleinen Kreisen über meinen Rücken fährt, weist deutlich darauf hin.
~Guter Geschmack, Lightwood. Ich lass euch dann mal alleine.~, entschuldigt sich Verlac und sucht das Weite.

Wieder legt Magnus die Arme um meinen Hals und ich schlinge sie um seine Hüfte.
~Was machst du denn hier?~, wispere ich fragend und stupse seine Nase liebevoll mit meiner an.

~Naja, mein Vater war nun endlich auch der Meinung, dass diese Highschool viel besser ist als meine alte. Größeres Bildungsangebot und so. Dass es mir vorrangig um dich ging, musste er ja nicht wissen.~
~Und warum durfte ich nichts von deinem Schulwechsel wissen?~, frage ich gerührt, weil er wegen mir hier ist, aber auch leicht quengelig, weil er mir kein Sterbenswörtchen davon erzählt hat. Dabei erzählen wir uns immer alles.

~Überraschung!~
~Das ist dir definitiv gelungen. Essen im Jade Wolf?~

Er wiegt nachdenklich den Kopf hin und her.

~Verlockend, aber eigentlich wollte ich noch duschen.~

Ich ziehe eine Augenbraue hoch. Er zieht eine Dusche mir und einem Dinner vor?

~Aber ich weiß leider nicht, wo die Duschen hier sind und ich dachte, du zeigst sie mir.~, fügt er mit einem unschuldigen Grinsen hinzu.

Jetzt grinse ich auch.
~Ich bin ein pflichtbewusster Schüler, also helfe ich dir selbstverständlich. Danach fahre ich dich natürlich noch nach Hause, um auch sicherzugehen, dass du auch wohlbehalten dort ankokmmst.~
~Und dann begleitest du mich noch in mein Zimmer, um sicher zu gehen, dass mir auch wirklich keiner gefolgt ist. Und dann bleibst du über Nacht, um mich vor den berühmten Monstern unter dem Bett zu beschützen.~, beendet er grinsend unseren Plan.

~Das könnte mit Gefahren und Schmerzen verbunden sein.~, wende ich ein.
~Das nehme ich gerne auf mich.~, haucht er und vereint unsere Lippen zu einem leidenschaftlichen Kuss, der mehr verspricht.

Schneller, als er schauen kann, habe ich ihn über meine Schulter geworfen und trage ihn in Richtung Umkleiden, die jetzt wohl leer sein dürften.

Sein Lachen begleitet mich dorthin und es wird für mich wohl immer das schönste Geräusch auf Erden bleiben und ich hoffe, es auch für immer hören zu dürfen.

Malec-One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt