... wünscht man sich ...

1K 84 10
                                    

~Gib sie auf!~, rate ich dem blonden Schauspieler grinsend.

Mittlerweile habe ich ein Glas Whisky intus und schaue mir mit Clary eine Serie an. Sie sitzt zwischen meinen Beinen unter der Kuscheldecke und hat den Eisbecher gewissenhaft auf ihrem Schoß drapiert, damit er nicht runterfällt.

~Vergiss es! Mach weiter!~
~Ach komm schon! Das sagst du nur, weil er dein Typ ist!~
~Ach, und der Dunkelhaarige ist natürlich überhaupt nicht dein Typ, oder?~, fragt Clary noch immer grinsend, bis sie zu mir hochsieht und meinen verletzten Blick sieht.

~Oh, tut mir leid, ich ...~
~Schon gut, du hast ja recht.~, meine ich und schiebe mir noch einen Löffel Eis in den Mund.

Während ich einen halben Hirnfrost erleide, fängt plötzlich mein Handy zu vibrieren an.
Sie ist schneller als ich und schnappt sich mein Handy, das neben der Whiskyflasche steht.

Sie schaltet es an und sofort wird mein Herz von hunderten kleinen Nadeln angegriffen. Natürlich habe ich ein Bild von uns beiden als Hintergrund.

Ich erinnere mich noch genau an den Moment.

Alec hat im letzten Highschooljahr bei einen Austausch nach Europa mitgemacht und die Zeit ohne ihn war schrecklich. Skipe kann keine Küsse ersetzen und schon gar nicht Alexander. Aber als ich ihn dann am Flughafen gesehen habe, da gab es für mich kein Halten mehr. Ohne auf die Leute um uns herum zu achten, bin ich auf ihn zu gerannt und habe ihn wortwörtlich angesprungen. Zum Glück hat er sofort reagiert und die Arme um mich geschlossen, während sich meine Beine um seine Hüfte geschlungen haben. Ohne Vorwarnung habe ich ihn dann geküsst, die Hände in seinen herrlichen Haaren vergraben und es war einer der schönsten Küsse, die wir hatten. Aus ihm sprach so viel Liebe, Sehnsucht und Freude. Genau im diesem Moment hat Clary auf den Auslöser gedrückt und das Foto gemacht.

Da war alles noch so schön und jetzt?

Jetzt ist mein Herz ein halber Scherbenhaufen und bei jeder Erinnerung an Alexander stehe ich kurz vor einer Heulattacke, weil mich so gut wie alles an ihn erinnert.

~Alec fragt, wann du kommst. Er will mit dir reden.~, fasst Biscuit seine Nachricht kurz zusammen.

Natürlich weiß sie meinen Pin. Es ist das heutige Datum. Kitschig oder?

~Natürlich will er mit mir reden. Sonst kann er ja schlecht Schluss machen!~, motze ich.

~Wo ist denn mein kleiner Optimist hin?~
~Ich bin einen halben Kopf größer als du.~
~Und du benimmst dich wie ein Achtjähriger~, kontert sie,~Vielleicht ist es auch alles nur ein großes Missverständnis.~

~Wer's glaubt.~
~Vorschlag, du gehst zu ihm und ihr redet miteinander. Ich komme mit und warte im Auto. Wenn er sich irgendwie blöd verhält, kommst du erstmal bei uns unter. Ok?~
~Ok.~

Wenig später sitze ich auf dem Beifahrersitz von Clarys Polo und lehne den Kopf gegen die Scheibe.

Natürlich ist es besser, wenn ich mit ihm rede, aber ich bezweifle, dass ich überhaupt ein Wort herausbekommen werde.
Doch Clary lässt sich nicht erweichen, was mich stark an eine andere Situation erinnert.

Es war im ersten halben Jahr unserer Beziehung und ich konnte einfach nicht mehr.
Alec wollte sich nicht outen und nicht zu mir stehen. Er hatte Angst, auf Ablehnung zu stoßen, vor allem bei seinen Eltern. Er hat sich sogar eine Fakefreundin angeschafft, um den Schein eines "normalen" Lebens zu erwecken.

Am Anfang habe ich das ganz gut weggesteckt, immerhin war ich bis über beide Ohren in den hübschen Schwarzhaarigen verliebt und so habe ich die heimlichen Momente mit ihm genossen. Aber irgendwann habe ich es nicht mehr ertragen, ihn mit dieser Blondine Lydia rumturteln zu sehen. Mir haben seine Beteuerungen, dass er nur mich wollte, nicht gereicht.

Ich bin in ein tiefes Loch gestürzt, habe niemanden an mich heran gelassen, nichtmal Clary. Ich habe alle von mir gestoßen und alleine für mich gelitten.

Auch da hat mich Clary mit der Unterstützung ihres besten Freundes Simon und Cat aus meinem Zimmer gezerrt und zu Alec verfrachtet.

Er hat mit mir geredet und nach vielen Entschuldigungen, Liebesbekundungen und Geschenken habe ich mich schließlich erweichen lasssen.

Der ausschlaggebene Punkt war jedoch, dass er vor seinen Eltern zu mir stand.
Ihre Gesichter waren einfach zum Schießen!

Eine leichte Berührung am Arm reißt mich aus meinen Erinnerungen und ich sehe zu Clary.

~Ich warte hier.~

Ich nicke und steige aus. Noch nie sind mir die Schritte zu unserer Wohnung so schwergefallen. Ich schließe die Haustür auf und gehe die Treppen bis zum dritten Stock wie in Zeitlupe.

Es ist, als würde ich durch Zement gehen und als ich vor unserer Wohnungstür stehe, bin ich kurz davor einen Rückzieher zu machen.

Doch schließlich bringe ich doch den Mut auf, sie zu öffnen und einzutreten.

Ich kann mir noch gerade so meine Schuhe und meinen Mantel abstreifen, als ich bereits in die Arme genommen werde.

~Magnus! Wo warst du denn?~, fragt mich ein gut gelaunter Alexander.

Ich hingegen bin verwirrt. Wenn er mit mir Schluss machen will, warum umarmt er mich dann nochmal? Warum tut er so, als wäre nichts gewesen und alles ist normal?

Er löst sich etwas von mir und drückt mir einen kleinen Kuss auf die Lippen. Ich bin zu perplex, um zu erwiedern, denn in meinem Kopf wimmelt es vor Fragezeichen.

Warum ist er so? Was ist passiert? Was hat er vor?

~Egal. Ich muss dir etwas zeigen.~, meint er lächelnd und will mich mitziehen, aber ich bleibe wie angewurzelt stehen.

Er dreht sich wieder zu mir um und mir fällt auf, wie elegant er gekleidet ist. Er trägt das dunkelblaue Jacket, das ich ihm zu seinem Vorstellungsgespräch ausgesucht habe. Dazu ein weißes Hemd und eine schwarze Jeans.

Auch er scheint meine völlige Verwirrung endlich zu bemerken, denn seine blauen Augen leuchten fragend.

~Was ist los, Magnus?~, fragt er besorgt.

Ich kneife die Augen zusammen und wappne mich schonmal für die kommenden Tränen.

Ich spreche konzentriert und um einiges ruhiger, als ich mich gerade fühle, denn in mir tobt ein Sturm. Dennoch achte ich auf jedes Wort.
~Wenn du mit mir Schluss machen willst, dann mach es bitte gleich, Alec.~

Malec-One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt