Das Leben in einer WG Teil 2

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~Ok, also wer schläft bei wem?~, fragt Simon, als wir alle wieder in unserem kleinen Wohnzimmer stehen, in dem es noch immer leicht nach Pizza riecht.

Meine Laune ist mittlerweile im Keller, denn mir wird klar, dass meine ruhige Nacht gerade eben den letzten Bus zu mir verpasst hat und ich mich stadessen auf eine laute, schlaflose Nacht einstellen kann. Freude!

~Das war eine Fangfrage, oder?~, fragt Izzy und zieht zweifelnd eine Augenbraue hoch,~Ich schlafe selbstverständlich bei dir, Clary bei Jace und Magnus ...~
~Ich kann die Couch nehmen.~, wirft er zögerlich ein und ich werfe ihm einen dankbaren Blick zu.

Das wäre wirklich das Letzte, das ich gewollt hätte. Einfach undenkbar und ...

~Ach Quatsch! Du kannst doch bestimmt bei Alec unterkommen. Die Couch hier ist wirklich mehr als unbequem~, meint Clary und wirft Magnus einen unergründlichen Blick zu,~Das ist doch kein Problem, oder Alec?~

Jetzt sieht sie mich an und obwohl sie, in meinen Augen, winzig ist, scheint mich ihr Blick zu durchbohren. Sie versucht mir dadurch wohl zu sagen: Jetzt stell dich nicht so an!

Mit diesem Blick wäre sie bestimmt eine exzellente Mutter, denn ich bekomme ein schlechtes Gewissen.

Unsere Couch ist wirklich sehr hart und man will gar nicht mehr wissen, was da alles mal draufgekommen ist.

Also gebe ich widerwillig nach, denn so etwas verdient keiner. Noch nicht einmal Magnus Bane.

~Nein, das ist kein Problem.~, bringe ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
~Danke.~, meint er nur und sieht mich ehrlich überrascht an.
~Na dann gute Nacht.~

Bis ich endlich zu meiner Nacht komme, dauert es noch ein paar gefühlte Stunden, denn unser winziges Bad ist nicht für sechs Personen ausgelegt. Schon gar nicht, wenn drei Personen jeweils nahezu eine volle halbe Stunde brauchen, um sich bettfertig zu machen.

Irgendwann stehe ich dann doch in meinem kleinen, aber ordentlichen WG-Zimmer und ziehe gerade meine ausgeleierte Schlaflose an, als die Tür geöffnet wird und Magnus hereinhuscht. Anscheinend hat er endlich sein Abendritual abgeschlossen.

Ich will ihn ignorieren, aber da fragt er bereits~Hast du vielleicht irgendein Shirt für mich?

Ich sehe auf und mir stockt er Atem.

Plötzlich kann ich verstehen, warum Magnus so begehrt wird, sowohl von Frauen als auch von Männern. Der Kerl sieht aus wie ein junger Gott.

Wohl definierte Muskeln unter glatter, makelloser Haut in einem geschmeidigen Karamellton. Seine breite Brust verjüngt sich nach unen hin zu einer schlanken Hüfte und einer klaren V-Linie. Auch seine Beine sehen sehr trainiert aus und eine kleine Stimme erinnert mich daran, dass Izzy mir mal erzählt hat, dass er tanzt.

Aber was mich wirklich fasziniert, neben seinem heißen Körper, ist sein Gesicht, denn er ist vollkommen ungestylt.

Jetzt, wo seine Haare gelfrei sind, hängen sie ihm tiefschwarz in die Stirn und wecken in mir den Drang, sie ihm sanft aus dem Gesicht zu streichen. Auch der  Eyeliner und der Lidschatten sind weg, weshalb ich mich plötzlich viel mehr auf seine Augen konzentriere, da nun keine Ablenkung mehr da ist.

Seine Augen haben einen warmen und geheimnisvollen Braunton. Details kann ich nicht erkennen, denn in meinem Zimmer ist es beinahe dunkel. Nur etwas Mondlicht fällt durch mein offenes Fenster -es ist Sommer und ohne offenes Fenster erstickt man fast.

Er trägt nur eine enge Boxershorts, aber dennoch ist es sein Blick, der mich gefangen nimmt.

Kurz herrscht absolute Stille, in der allein mein rascher Herzschlag schon zu laut erscheint.
Nur langsam sickert zu mir durch, dass er mir eine Frage gestellt hat und jetzt wohl eine Antwort erwartet.

~K-klar~, stottere ich und stolpere zu meiner Kommode,~Kein Problem.~

Warum bin ich plötzlich so zittrig?
Keine Ahnung, aber ich versuche mich davon nicht ablenken zu lassen.

Ich reiche ihm ein schwarzes Shirt mit nur wenigen Löchern und von dem ich fest überzeugt bin, es erst vor zwei Tagen frisch gewaschen zu haben.

Er zieht es über und sieht dann nachdenklich zu meinem schmalen Bett.
~Schläfst du lieber auf der Wand- oder der ...~
~Wandseite.~, antworte ich hastig und steige bereits ins Bett.

Er zuckt die Schultern und legt sich ebenfalls hin. Mein Bett ist so schmal, dass sich, trotz dass wir beide am äußersten Rand liegen, unsere Schultern berühren, aber dieses Mal macht es mir nichts aus. Und das obwohl noch immer kleine Stromschläge durch meinen Körper gehen. Jetzt ist es irgendwie angenehmer.

~Wir sollte lieber schnell einschlafen, bevor ...~
Ein unterdrücktes Stöhnen dringt durch die Wand zu uns und ich seufze tief.
~ ... das Sexkonzert losgeht.~, beende ich.

Wieder ertönt ein Keuchen, welches direkt aus dem Zimmer nebenan kommt. Dazu nochmal ein kehliges Stöhnen.

~Wie hälst du das aus?~, fragt Magnus mich leise.
~Greif in die oberste Schublade.~

Ich kann spüren, wie er die Schultern zuckt und dann in die Schublade meines Nachttischs greift.

~Ohrenstöpsel. Raffiniert.~, kommentiert er und reicht mir zwei.
~Anders durchsteht man solche Nächte nicht. Tolle Freunde, nicht?~

~Ja stimmt~, meint er vollkommend ernst,~Sie sind wunderbar chaotisch und doch halten sie immer leidenschaftlich zu dir. Sie unterstützen dich, egal bei was und sind immer für dich da. Du kannst dich wirklich glücklich schätzen.~

~Du aber auch.~, sage ich völlig überrumpelt.

Ich kann sein Gesicht kaum erkennen, denn es liegt größtenteils im Schatten, aber ich meine, dass ein trauriges Lächeln sein Gesicht ziert.

~Vielleicht. Ich weiß, dass Isabelle und Biscuit immer zu mir halten werden und vielleicht sogar noch Simon. Aber Jace und du? Blondie akzeptiert mich, weil seine Freundin mich gernhat und bei dir ist es eben die Schwester.~
~Das ... Das stimmt doch gar nicht. Natürlich haben wir dich gern. Es ist nur ... Du bist so ...~
~...anders?~

~Nicht direkt~, antworte ich,~Es ist nur ... Du lachst, du feierst, du lebst, aber schlussendlich meinst du es nicht ernst. Dir passiert so viel Gutes. Du ziehst nach einem Auslandsjahr hierher und prompt hast du einen Platz am College und ein Dach über dem Kopf. Dir fliegen sämtliche Herzen zu, aber dir scheint das gar nichts zu bedeuten und du brichst sie so, als ob es sich dabei um Glückskekse handelt. Es ist einfach nur, dir scheint alles in den Schoß zu fallen und das finden andere, denen so etwas nicht passiert einfach ...~
~...unfair~, beendet er und klingt auf einmal so traurig, dass ich am liebsten die Arme um ihn schließen würde,~Ich verstehe, was du meinst und glaub mir, für viele Dinge bin ich sehr dankbar, aber so einfach ist das alles nicht. Diese ganze Unbeschwertheit habe ich mir hart erkämpft und ich will mir das einfach nicht anmerken lassen.~

~Was ist passiert?~
Er schüttelt den Kopf.
~Nicht jetzt~, winkt er ab und ich versuche mir meine Enttäuschung darüber nicht anmerken zu lassen,~Ich- ... Sagen wir es mal so: Du bist nicht der einzige, für den die Highschool nicht gerade ein Ponyhof war. Gute Nacht.~

Mit diesen Worten steckt er sich die Ohrenstöpsel ein und dreht sich leicht weg von mir, sodass ich vor allem den eleganten Schwung seiner Schulter sehe.

Ich fühle mich seltsam.
Gleichzeitig leicht wie schwer. Es ist kompliziert, das in Worte zu fassen.

Ich bin überrascht, denn ich habe nicht damit gerechnet, dass Magnus auch so ... ernst sein kann. Ich glaube, er hat sich gerade ein winziges Stückchen geöffnet. Ein kleines Loch in seine dicke Mauer geschlagen, durch das ich auf einen Teil von seinem wahren Ich sehen konnte.

Und dieses Ich erscheint mir nicht immer so fröhlich und ausgelassen wie sonst. Er war nahbarer, auch körperlich, aber vor allem seelisch.

Das hat sich gut angefühlt und mir gefällt dieser unsichere, ernste Magnus irgendwie.

Allerdings habe ich überhaupt gar nicht damit gerechnet, dass er mein Bild, das ich mir von ihm gemacht habe, vollkommen ändert.
Ich weiß nicht genau, wo das hinführt. Ob Morgen schon wieder alles beim Alten ist oder ob dieses neue Bild bestehen bleibt.

Das gilt es dann wohl herauszufinden.

Malec-One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt