Malec-One Shots

Wiedersehen macht Freude Teil 4

Jace' Augen weiten sich überrascht.

~Oh.~
~Ja, oh!~, motze ich und raufe mir verzweifelt die Haare.

Er räuspert sich.
~Ähm, wie ist das denn zustande gekommen?~
~Ich muss dir jetzt nicht ernsthaft erklären, wie man sich küsst, oder?~, frage ich genervt.

Ich weiß, dass ich gerade mehr als unfair zu ihm bin. Er ist einfach überrascht und offenbar ähnlich überfordert mit der Situation wie ich. Aber das ist es ja gerade: Ich bin maßlos überfordert und weiß gerade nicht wirklich, wohin mit mir.

Einerseits ist da Verwirrung, weil ich nicht weiß, warum Magnus sich von mir hat küssen lassen, aber auch die Traurigkeit und Wut von früher. Und andererseits ist da noch immer dieses sanfte Prickeln auf meinen Lippen sowie überall dort, wo er mich berührt hat, eine sanfte Nachwehe von unserer Knutscherei.

Was soll ich jetzt tun? Was hat dieser ganze Mist nur zu bedeuten? Was hat das mit ihm zu bedeuten? Warum geht mir das alles so schrecklich nah?

~Nein, musst du nicht. Ich meinte ... Wie kam es zu diesem Kuss? Was ist davor passiert?~, präzisiert er seine Frage.

Seufzend lasse ich mich auf den schmutzigen Boden sinken. Ich bin so durch den Wind, dass ich mich einfach nicht mehr auf den Beinen halten kann.

Es ist so verwirrend. Warum habe ich früher nie etwas bemerkt? Warum jetzt? Ist das nur eine Phase? Oder doch ein Wink des Schicksals, das meine Pläne für das beste Schuljahr meines Lebens zunichte machen will?

~Er kam zu spät in den Unterricht und hat sich deshalb mehr oder weniger bei Mr Morgenstern entschuldigt ... Oder, naja ... Viel mehr hat er sich herausgeredet. Ich wusste nicht, dass er er ist. Für mich war er einfach ein unglaublich heißer neuer Schüler. Er hat sich sofort neben mich gesetzt und während der Mathestunde haben wir uns unterhalten, indem wir uns gegenseitig Nachrichten geschrieben haben. Wir haben sogar ein Date heute um vier ausgemacht und es war ... schön. Dann habe ich ihn gefragt, ob es einen Unterschied macht, wenn man einen anderen Jungen küsst und er hat nur vorgeschlagen, es auszuprobieren. So sind wir in der Abstellkammer gelandet.~, erzähle ich schließlich und fingere mit meinen Händen an der Krawatte herum.

Ich kann Jace einfach nicht ansehen. Ich könnte es nicht ertragen, wenn ich ich in seinen Augen die Abneigung finden würde, die ich befürchte. Es gibt schließlich Gründe, warum man sich nicht einfach so vor allen outet.

Aber ist das von mir jetzt wirklich ein Comming Out? Ein Bekenntnis, dass ich definitiv nicht normal bin?

~Und macht es einen Unterschied?~, fragt er mit einem neugierigen Unterton, als er sich mir gegenüber setzt.

Zögerlich sehe ich zu ihm hoch und suche vergebens nach dem Ekel und dem Hass. Stadessen sehe ich Verwirrung, Neugier und Sorge in seinem Blick. Nichts Negatives also. Das beruhigt mich irgendwie.

~Ja, keine Lippenstiftreste~, gestehe ich mit einem schwachen Lächeln,~So etwas hatte ich noch nie. Es war so ... elektriesierend, aber gut. Sehr gut. Es hat mir sehr gefallen. Zumindest bis zu dem Moment, wo mir klar geworden ist, dass ich meinen ... ehemals besten Freund küsse, der mich ohne ein Wort des Abschieds verlassen hat. Was soll ich jetzt nur machen?~

~Also, ich bin jetzt kein Experte in diesen Dingen, aber ich würde vorschlagen, dass du versuchst, dir erstmal über dich selbst klar zu werden. Du musst erkennen, was du wirklich willst und was nicht. Das ist, glaube ich, der erste Schritt zur ganzen Erkenntnis. Der zweite ist, dass du es akzeptierst, egal was es ist oder was andere darüber denken könnten. Also, dich selbst und das, was du möglicherweise bist. Und der dritte ist, dass du mit ihm darüber redest.~

~Aber ich kann doch nicht ...~
~Doch, das kannst du~, widerspricht er erstaunlich sanft,~Du bist Alec Lightwood.~

~Gerade fühlt es sich aber nicht so an. Ich habe keine Ahnung, wie ich mich fühlen soll. Ich war so wütend auf ihn, aber jetzt ... Ich weiß es nicht.~
~Gerade das sollst du ja herausfinden. Auf alle Fälle musst du aber erfahren, warum er den Kuss zugelassen hat. Ich meine, bei deiner Erzählung hört es sich so an, als habe er schon von Anfnag an gewusst, wer du bist. Wenn ihr also Freunde wart, warum hat er dich dann zurückgeküsst, statt die Situation aufzuklären? Da muss noch mehr dahinterstecken.~

Ich nicke.
~Ja, wahrscheinlich hast du recht.~
~Also bitte! Ich habe immer recht!~, brüstet er sich grinsend.

Auch ich lächle kurz, bevor ich ihn nachdenklich ansehe.
~Danke. Also, dass du so locker damit umgehst und mir sogar hilfst.~
~Das mache ich doch gern. Du bist mein Bruder und das wirst du auch immer bleiben. Ich will nur, dass du weißt, egal was passiert, ich stehe immer voll hinter dir und dass du anscheinend nicht hetero bist, macht für mich keinen Unterschied, ok? Lass dich nicht unterkriegen.~

Jetzt lächle ich richtig. Es ist süß, wie er mir klarmachen will, dass er immer bei mir sein wird und es rührt mich sehr.

Genau so eine Reaktion würde man sich bei einem Outing doch wünschen? Dass man akzeptiert wird und es vollkommen in Ordnung ist, egal, auf welches Geschlecht man steht oder ob man für beide oder gar keins etwas übrig hat.

~Danke.~, sage ich nochmal, denn ich bezweifle, dass es je ein Wort schaffen wird, das, was ich gerade empfinde, auch nur annähernd zu beschreiben.

Ich bin einfach nur so furchtbar froh, Jace zu haben, denn ohne ihn wäre ich jetzt wohl aufgeschmissen.

~Keine Ursache~, meint er und steht auf, bevor er auch mir die Hand hinhält,~Ich hab nur noch eine Frage.~

~Ok?~, frage ich und lasse mich von ihm hochziehen.
~Bin ich in deinen Augen heiß?~

Ich kann nicht anders und pruste los. Das ist seine Frage?! Damit habe ich jetzt nicht gerechnet.

Er lacht leicht mit, sagt aber~Ich meine das absolut ernst!~

Nur langsam beruhige ich mich wieder und sehe ihn nun vollkommend ernst an~Dann dürftest du dich freuen, wenn ich dir sage, dass du ziemlich attraktiv bist, obwohl ich nicht auf blond stehe.~

Kurz herrscht eine gewisse Spannung zwischen uns, bevor wir gleichzeitig wieder losprusten.

Es tut gut, in all dieser Verwirrung jemanden zu haben, der für einen da ist und einen unterstützt. Ich hoffe nur, dass Jace' Rückendeckung reicht, um den Mut zu finden, mit Magnus zu reden.