Mr Perfect Teil 2

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Ich bekomme eine Gänsehaut und habe das Gefühl, gleich zu hyperventilieren. Dass mein Getränk gerade den teuren Perserteppich meines Dads ruiniert, bemerke ich gar nicht. Zu gefangen bin ich in diesem Moment.

Mein armes Herz schlägt so schnell wie sonst nur bei einem jener Ausdauerläufe, nach denen ich einen halben Kreislaufkollabs erleide. Wie kann man auch davon ausgehen, dass man mehr als eine halbe Stunde durchgängig joggt, ohne irgendwann einfach umzukippen?

Jedenfalls fahren bei mir jegliche Gefühle Achterbahn, als ich bemerke, dass uns kaum ein Blatt voneinander trennt. Unsere Nasenspitzen berühren sich fast und aus dieser Nähe kann ich endlich die Farbe seiner Augen identifizieren.

Sie sind blau. Tiefblau, mit einer beinahe hypnotischen Wirkung, sodass ich keine andere Wahl habe, als in ihnen zu versinken.

So wunderschön, aber er ist schließlich auch Mr Perfect und als dieser hat er sich seinen Titel mehr als verdient.

Wir sind uns so nah, dass ich wieder anfange zu fantasieren.

Ich müsste mich nur ein bisschen vorstrecken und schon würde ich in den Genuss seiner vollen Lippen gelangen, die aus dieser kurzen Distanz noch verführerischer aussehen. Meine Knie würde definitiv nachgeben und mein Herz könnte es dann ernsthaft mit dem Flügelschlag eines Kolibris aufnehmen.

Erst seine Worte reißen mich zurück in die Realität, in der er nicht im entferntesten etwas von mir will, ich dafür aber umso mehr.

~Du kleines Arschloch! Hast mich abgelenkt, damit deine kleinen Arschlochfreunde meine Schwester entführen und jetzt Gott weiß was mit ihr anstellen können! Dafür wirst du büßen!~
~Was?~, frage ich sehr intelligent, denn mein Hirn scheint in einen imaginären Streik gegangen zu sein.

Er wiederholt seine Worte nicht, sondern starrt mich weiterhin an. Sein Blick durchbohrt mich, genau wie die Feuerspeere, die er damit abzufeuern scheint.

Zögerlich blicke ich an ihm vorbei und sehe, dass die junge Schwarzhaarige, seine Schwester, weg ist. Genau wie die drei Typen, die sie angeschmachtet haben. Mist!

~Damit habe ich nichts zu tun! Das musst du mir glauben! So etwas könnte ich überhaupt nicht!~
~Und wieso nicht?~

Die Antwort liegt mir schwer auf der Zunge, aber um mein letztes Fünkchen an Würde am Leben zu erhalten, sage ich stadessen ~Weil ich so etwas schlichtweg abartig finde.~

Das stimmt durchaus. Mein neues Ich hält nicht viel von betrunkenen One Night Stands auf Partys, aber der eigentliche Grund, warum ich so etwas nie tun würde, ist er.
Aber ich kann ihm schließlich schlecht an den Kopf werfen, dass ich ihn unsagbar heiß und attraktiv finde und ich doch nicht so bescheuert bin, um es mir mit diesem Adonis hier zu verscherzen, den ich gern auf ein Date einladen möchte, oder auf zwei, vielleicht auch drei.

Er scheint schließlich alles andere als interessiert zu sein, weshalb ich mich mit meiner Schwärmerei nur selbst blamieren würde.

Kurz huscht Überraschung über sein engelsgleiches Gesicht, was ich ihm nur schlecht übel nehmen kann. Schließlich sehe ich wirklich so aus, als würde ich heute jemanden aufreißen wollen.

Aber ich liebe es nunmal in meinen schwarzen Röhrenjeans, die meine Beine und insbesondere Hintern gut betont, meinem engen, roten Hemd, das die Hälfte meiner Brust freilässt, dem extravaganten Styling meiner Haare und den unzähligen Ketten und Ringen feiern zu gehen.

Ich sehe in seinen Augen bestimmt aus wie die männliche Schlampe schlechthin. Besonders mit dem dunklen Make Up meiner Augen.

~Ich helfe dir, sie zu finden.~, mache ich nun zögerlich einen Vorschlag.

~Ich brauche deine Hilfe nicht!~
~Im Gegensatz zu dir, kenne ich mich hier aber aus. So finden wir sie schneller. Außerdem werde ich dir so oder so helfen, ob du willst oder nicht.~, erkläre ich meinen Standpunkt und sehe ihn entschlossen an, obwohl es in meinem Bauch heftig kribbelt.

Er hält meinem Blick erst stand, räumt dann aber ein~Na schön.~
~Gut! Wenn du mich also loslassen würdest? Ich meine, ich hätte zwar nichts dagegen, aber wenn du nicht willst, dass das Hauptgerücht am Montag ist, dass du gleich mit dem Neuen auf dessen Party rumgemacht hast, solltest du mich runterlassen.~

Ruckartig lässt er mich los, als wäre ich giftig. Ich seufze im Versuch, mir meine Verletzheit darüber nicht anmerken zu lassen.

~Ok, wo könnte sie jetzt sein?~
~Wahrscheinlich sind sie in einem der Gästezimmer im ersten Stock. Folg mir einfach.~

Mit diesen Worten dränge ich mich zwischen den tanzenden und trinkenden Teenagern hindurch und versuche zur Treppe zu gelangen. Ob Mr Perfect mir folgt, weiß ich nicht, aber ich höre, wie schwere Schritte hinter mir die Treppen hochsteigen, weshalb ich mir jetzt ziemlich sicher bin.

Wir kommen in einem dunklen Flur an, von dem viele Türen abgehen, wobei alle geschlossen sind. Auf gut Glück öffne ich die erste links und atme erleichtert auf. Nichts.

Bei der zweiten mache ich dasselbe und stecke den Kopf in den Raum. Auch leer.

Im dritten bekomme ich den Schock meines Lebens, weshalb man es mir wohl nicht verdenken kann, wenn ich die Tür gleich wieder laut zuknallen lasse.

~Was ist dahinter?~
Ich schüttel mich angeekelt.
~Dreier. Hab ich auch mal gemacht. Ich sag nur einmal und nie wieder.~, antworte ich kurz angebunden.

Mr Perfect zieht nur eine Augenbraue hoch, schweigt aber, weshalb ich ihm innerlich danke.

Dann gehe ich zur nächsten Tür, hinter der sich der Hobbyraum befindet. Ja, wir haben einen Hobbyraum mit einer Tischtennisplatte, Tischkicker und Nintendo Switch mit einem riesigen Flachbildfernseher.

In diesem Raum findet wohl irgendein Flaschenpiel statt. Manche neigen zu solch kindischen Spielen, wenn sie deutlich angetrunken sind.

~Magnus! Spiel dosch mit!~, lallt eine mir nur zu bekannte Stimme.

Wie ist sie hier nur reingekommen?

Naja, das sollte mich eigentlich nicht mehr wundern, denn meine Ex Camille lässt sich niemals eine Party entgehen. Egal, wer sie veranstaltet hat.

~Ein andernmal vielleicht.~
~Jetzt sei doch kein Spielverderber! Nur eine Runde!~, steigt ein anderer, mir Unbekannter, mit ein und versucht dabei Camilles schmolligen Ton zu imitieren.

Da ich das Gefühl habe, eh nicht entkommen zu können, seufze ich und stoße die Tür ganz auf. Mr Perfect hinter mir schnaubt wütend, aber das ignoriere ich gekonnt.

Stadessen lasse ich mich zwischen zwei Mädchen nieder und frage mit Blick auf die leere Wodkaflasche~Um was geht's?~

~Der oder die, auf den die Flasche zeigt, musst du küssen. Wir entscheiden, wie lange und wie.~, erklärt die Rothaarige links von mir kichernd und deutet auf eine kleine Drehscheibe mit einem Pfeil neben der Flasche.

Ich verdrehe die Augen. Wie kindsch.

Dennoch checke ich kurz die sechs verschiedenen Möglichkeiten und entscheide, dass dreißig Sekunden mit Zunge mit dem Blonden gegenüber der Rothaarigen oder aber dasselbe mit meiner Ex das schlimmste wäre.

Gelangweilt starre ich auf die, sich drehende, Flasche und beobachte, wie sie immer langsamer wird, bis sie schließlich stehen bleibt. Und der Kopf zeigt auf ... Mr Perfect.

Malec-One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt