Nur eine Nacht Teil 5

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~Hey, entspann dich.~, versuche ich Maia zu beruhigen, die nervös vor mir auf und ab läuft.

Heute ist die Gerichtsverhandlung und wir alle warten vor dem Saal darauf, dass es endlich losgeht.
Leider hat Miss Branwell erwirkt, dass die Verhandlung öffentlich ist, ganz zu meinem Missfallen, denn das bietet ihr und ihrem Mandanten Lorenzo Rey eine größere Bühne und macht es mir und Maia somit schwerer. Es ist nicht einfach, mit so einer Geschichte an die Öffnetlichkeit zu gehen und noch dazu würde Maia den ganzen Mist lieber hinter sich lassen als ihn vor zig Menschen nochmals plattzutreten.

Ich kann sie da verstehen, aber ich kann sie schlecht beruhigen, wenn ich selbst so nervös bin, immerhin ist das meine erste Gerichtsverhandlung.
Das Publikum macht mir mein Debüt auch nicht leichter, obwohl ich ansonsten selten etwas gegen Aufmerksamkeit habe.

Dass ich nach diesem Tag wahrscheinlich arbeitslos bin, ignoriere ich einfach, denn ich will mir nicht noch mehr den Kopf zerbrechen.

In einiger Entfernung warten Miss Branwell, ihr Mandant und, zu meinem Bedauern, auch noch Mr Lightwood, der uns schon die ganze Zeit über beobachtet. Hinter den Dreien warten all diejenige, die an einem Samstag Mittag nichts zu tun haben und liebend gerne eine emotionale Realitylifeshow sehen wollen.

Sucht euch doch ein Hobby, denke ich mir genervt, bevor ich mich der aufgekratzten Maia zuwende und sie an den Oberarmen packe, um sie still zu halten. Ihr Herumgewusel macht mich noch ganz wuschig im Kopf.

~Wir haben uns hervorragend auf den Tag vorbereitet, an dem wir diesem Mistkerl in den Hintern treten, ok? Es wird alles gut werden.~, versuche ich uns beide zu beruhigen.
~Wir schaffen das.~, stimmt sie mit einem schwachen Lächeln zu.

Ich nicke entschlossen.
~Hör mir mal ganz genau zu, meine Liebe. Du betrittst diesen Gerichtssaal als gefasste, innerlich aber zutiefst verstörte Frau. Wir wollen kein Mitleid erregen, aber es bringt uns nichts, wenn du ausrastest. Ich gehe davon aus, dass sie dich provozieren werden, um genau das zu erreichen, denn dann wirken wir nicht mehr glaubwürdig. Überlass das ausrasten einfach mir.~
~Kannst du das denn?~
~Also bitte! Ich lebe mit zwei Frauen in einer sehr kleinen Wohnung. Wenn ich da eins gelernt habe, außer wie man eine Schokoladentafel ordnungsgemäß verteidigt, dann ist es Ausrasten.~

Sie lacht leise und ich lächle erleichtert, denn genau das war mein Ziel: Die Stimmung etwas auflockern.

Plötzlich wird die schwarze Tür geöffnet und langsam strömt das Publikum in den Gerichtssaal. Ich halte Maia gentelmanlike den Arm hin und frage~Bereit?~

~Nein~, antwortet sie und hackt sich unter,~Los gehts.~

Der Saal ist groß und lichtdurchflutet. Am anderen Ende steht ein erhöhtes Richterpult auf dem eine junge Frau in schwarzer Robe sitzt und streng auf uns hinabstarrt.

Ich setze mich mit Maia auf die Stühle an einem der vordersten drei Tische, während Miss Branwell und ihr Mandant auf der anderen Seite auf derselben Höhe Platz nehmen.

Ohne ein bestimmtes Zeichen stehen wir alle auf und begrüßen so die Richterin.
~Setzen Sie sich.~, befiehlt sie und ihre Stimme hallt nur so durch den Raum.

Nachdem wir alle wieder sitzen, schlägt sie eine Akte auf und beginnt vorzulesen~Wir alle sind hier zusammengekommen, weil die Klägerin Maia Roberts den Angeklagten Lorenzo Rey der Vergewaltigung beschuldigt. Diese fand Anfang dieses Monats in einem kleinen Park gegen acht Uhr abends statt. Der Angeklagte wurde von einem Zeugen gesehen und später von der Polizei gefasst. Auch stimmen die genommenen Spermaproben, die man an der Kleidnung des Opfers finden konnte, überein, sodass der Täter bisweilen in Untersuchungshaft sitzt. Heute wird über sein Urteil entschieden. Der Täter wird von Miss Branwell, stellvertretend für die Kanzlei Shadowhunter vertreten, während das Opfer von Mr Bane vertreten wird. Ladys first, würde ich sagen.~

Ich vermeide, nach hinten zu sehen, denn irgendwo dort sitzt Mr Lighgwood, der meinen Verrat live mitbekommt. Um Miss Branwell mache ich mir keine Sorgen, denn ich bezweifel, dass sie mich vermissen würde. Sie steht auf und streicht ihr weißes Kostüm glatt.

~Mein Mandant ist unschuldig. Der Geschlechtsverkehr ist erst auf massives Drängen von Miss Roberts geschehen und somit einvernehmlich gewesen. Die beschuldigte Vergewaltigung ist nur ein Vorwand, um an Geld zu gelangen, denn mein Mandant hat vor Kurzem reich geerebt und zufällig hat Miss Roberts große Geldschlden.~

Ich spüre, wie Maia neben mir vor Wut zittert und lege schnell meine Hand auf ihre. Sie darf nicht ausrasten, sonst haben die anderen gewonnen.

Das heißt aber nicht, dass ich nicht ausrasten darf.
Wütend springe ich auf und rufe~Unerhört! Sie bezichtigen meine Mandantin der Lüge, obwohl Sie gerade nichts als die Unwahrheit von sich geben!~

Mein Körper bebt vor Adrenalin, denn jeder starrt mich an.
Dennoch versuche ich alles auszublenden und meine nächsten Worte nicht ganz so laut zu schreien.

Immer höflich bleiben.

~Ich kann einfach nicht fassen, dass Sie glauben, dass meine Mandantin so eine Tat vortäuscht, nur um an Geld zu gelangen. Natürlich können solche Sorgen zu Dingen verleiten, die man im Nachhinein bereut, aber eine Vergewaltigung ist kein Kinderspiel. Die Scham und die Demütigung, die mit so etwas einhergehen, sind kein Kinderspiel und es ist schlichtweg respektlos, das als solches zu betiteln. Außerdem ist meine Mandantin in einer glücklichen Beziehung, die sie bestimmt nicht mit so einem Seitensprung riskieren würde. Es gibt nämlich viel wichtigere Dinge als Geld.~

Mit diesen Worten setze ich mich wieder und drücke weiter Maias Hand.
Diese lächelt mich dankbar an, was mir zeigt, dass zumindest nicht alles, was ich gesagt habe, Käse war.

~Beharren Sie dennoch auf nicht schuldig?~, fragt die Richterin.
~Selbstverständlich und ich kann das auch beweisen. Ich würde gerne meine erste Zeugin hierzu vorführen.~
~Stattgegeben.~

Mit diesen Worten steht eine junge Frau mit porzellanfarbener Haut auf und stolziert zu einem kleinen Pult zwischen unseren zwei Tischen.
Ihr blondes Haar fällt ihr über die linke Schulter und ihr Lederkleid ist so eng, dass ich mich frage, wie sie darin überhaupt atmen, geschweige denn sich so geschmeidig bewegen kann.

Elegant lässt sie sich auf dem Stuhl nieder, wobei ihre smaragdgrünen Augen unterwürfig funkeln. Meine Menschenkenntnis sagt mir aber, dass das alles nur Fassade ist.

~Wer sind Sie?~
~Ich bin Camille Belcourt, eine Kollegin von Miss Roberts.~
Maia neben mir schnappt nach Luft.

Malec-One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt