FÜNFUNDSECHZIG

4.8K 116 44
                                    

~Hannah's PoV~

Der eigentliche Grund, weshalb ich nicht aufstand und die Halle verließ, war der Gesang des Sängers.

Gerade trillerte er die ersten Töne von Ray Charles' Halleluja I love her so und ging über zur ersten Strophe.
Ich kannte das Lied durch meine Mutter. Als ich klein war, spielte sie immer die Schallplatten von ihm ab und auf ihnen war auch dieser Song gewesen.

Ich sang leise mit, während ich Löcher in die Luft starrte und emotionslos wirkte, wie eine Leiche.

Die ersten Minuten hatte ich damit verbracht Lydia und Kaden beim Tanzen zu beobachten. Ihre Hand lag auf seiner Schulter, während seine auf ihrer Hüfte weilte. Und dann war da noch die Nähe, die sie zu einander hatten.
Wie sie ihn pausenlos anlächelte...

Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und vertrieb meine Zeit mit Hogwarts Mystery.
Doch schon bald hatte ich weder Energien, noch Lust übrig das Spiel zu spielen und steckte mein Handy wieder weg.

Nun sind bestimmt seitdem um die fünf Minuten vergangen.
Ich fand wieder gefallen am Sekt –dass ich noch nicht betrunken bin, ist ein Wunder– und mich zu Tode zu langweilen. Mir war klar, dass ich hätte zu meinen Freunden gehen können, doch gerade war alles, was ich wollte, alleine zu sein.

Doch anscheinend hatte das Schicksal andere Pläne.

„Hey Han!".
Aria kam mit einem fröhlichen Lächeln auf mich zu und stellte sich neben mich.
„Hey.", erwiederte ich schwach, ohne aufzuhören verloren in die Luft zu starren.
„Geht's dir gut Du siehst ziemlich niedergeschlagen aus."

Das bin ich auch.

Da ihr aber keine schlechte Stimmung bereiten wollte, stritt ich es ab. „Alles okay."
Unsere Blicke kreuzten sich und an ihrem Gesichtsausdruck war klar, dass sie mir nicht glaubte.
„Ehrlich, mir... geht's gut."
Aria schnaubte belustigt an. „Erzähl das meiner Großmutter."
Daraufhin nahm sie auf Kadens Stuhl Platz und sah mich ernst an.
„Was ist los, Han? Und wieso ist Kaden nicht bei dir."

Mir war nicht danach über die Sache zu sprechen, jedoch handelte es sich hierbei um Aria. Früher oder später bekäme sie es sowieso aus mir rausgepresst. Außerdem war sie meine beste Freundin, sodass ich praktisch gesehen gezwungen war es ihr zu erzählen.

Ich seufzte auf und deutete mit dem Sektglas auf die Tanzfläche. „Er ist tanzen gegangen."
Aria folgte meinem Blick und kurz darauf bildete sich eine verwirrte Falte auf ihrer Stirn. „Wer ist denn die behindert lächelnde Make-Up Katastrophe?"
„Lydia. Kadens Sandkasten-freundin.", antwortete ich mit abfälligem Unterton und trank ein Schluck Sekt.
Aria sah mich an. „Oh-oh. Klingt ganz so, als wenn ich sie hassen müsste."

Und dann erzählte ich ihr von allem. Von dem Moment, wo Kaden das erste Mal auf sie zu gegangen ist, bis da, wo sein Vater ihn dazu zwang mich stehen zu lassen und dafür mit Lydia zu tanzen und ich zugestimmt hatte.
Wofür ich mich übrigens immernoch schlagen könnte.

„Und dann ist der einfach so gegangen?", fragte Aria, nachdem ich mit dem Erzählen fertig war.
„Jap, einfach so.", antwortete ich. „ 'Genießen Sie den Sekt' hat er gesagt."
Empört schnaubte ich auf und schüttelte meinen Kopf.

Mr. Santiagos Abgang war für mich, wie eine Backpfeife ins Gesicht geschlagen zu bekommen. Schlimmer allerdings war, dass ich seinen kleinen „Rat" befolgte und tatsächlich Sekt trank.

„Gott, das ist so erbärmlich.", murmelte ich und machte mein Glas leer.
„Ja! Erbärmlich, dass du dich hierhin pflanzt und einfach zulässt, dass man so mit dir umgeht!", warf Aria ein und sah mich streng an.
„Was soll ich denn deiner Meinung nach machen?".
„Zu Mr. Santiago gehen und ihm die Flasche Sekt in den Arsch schieben!", forderte sie, ohne auch nur einmal zu stottern. Meine Mundwinkel zuckten nach oben, jedoch war es so anstrengend, dass ich sie wieder sinken ließ.
„Und danach gehst du zu Lydia und verklickerst ihr, dass Kaden dein Freund ist."
„Als ob sie auf mich hören würde..."

One BetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt