FÜNFUNDACHTZIG

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~Fynn's PoV~

Mit einem lauten Knall ließ ich die Fahrertür meines grauen Audis in seine Angeln fallen und schloss das Auto ab.
Eine Weile betrachte ich das große Haus, zudem die große Einfahrt gehörte, bevor ich entschlossen darauf zu lief.

Eigentlich sollte ich garnicht hier sein. Zumindest wollte Chris es so.
„Er braucht jetzt Zeit für sich. Mach dir keine Sorgen.", hatte er gesagt und mir daraufhin brüderlich auf die Schulter geklopft.
Pah! Von wegen!

Kadens Gesichtsausdruck, als Hannah ihn gestern abgewiesen hatte, hatte sich aufs Genauste in meinem Gehirn eingebrannt. Ich konnte den Schmerz förmlich fühlen, den seine Augen zum Vorschein gebracht hatten. Es zerriss mir das Herz ihn so zu sehen. In so kurzer Zeit ist Kaden mir so verdammt wichtig geworden, da konnte ich ihn einfach nicht still und heimlich für sich leiden lassen!

Mir war bewusst, dass es nicht einfach werden würde. Kaden ist stur und würde bestimmt nicht so schnell mit sich reden lassen. Besonders dann nicht, wenn ihm das Herz aus der Brust gerissen wurde.

Während der Fahrt hatte ich mir zehntausende Szenarien ausgemalt, wie ich ihn am besten auf gestern ansprechen konnte. Meine Schlussfolgerung lautet wie folgt: Es gibt keine.

Entweder stand das Glück auf meiner Seite oder nicht. Heiliger Vater stehe mir bei...Amen.

Als ich vor der Haustür stand, atmete ich tief ein und aus und drückte auf die Türklingel.
Laute Musik war von hier draußen zu hören, die sich ganz nach Depri-Rap anhörte. So schlimm ist es also...

Die Sekunden vergingen, niemand machte auf.
Ich klingelte erneut, nur dieses Mal etwas energischer.

Als wieder niemand aufmachte, war ich mir ziemlich sicher, dass es weniger an der ohrenbetäubenden Musik und mehr an Kadens Ignoranz lag. So stürmisch wie ich geklingelt hatte, hätten das sicherlich auch die Nachbarn gehört.
Wenn es welche geben würde...

Dennoch gab ich nicht auf und drückte ein drittes Mal auf die Klingel. Und zwar solange, bis endlich die Tür aufschwang und Kaden vor mir stand.

Wären seine Gesichtszüge nicht gewesen, hätte ich ihn nicht wiedererkannt.

Seine sonst strahlende Haut glich der eines Geists. Tiefe Augenringe lagen unter seinen geröteten Augen, die mich emotionslos anstarrten. Eine dunkler Aura hatte sich über sein Erscheinungsbild gelegt. Mein Herz raste und fühlte aich gleichzeitig wie ein ein Tonnen schwerer Stein an.
Er trug bloß eine einfach Jogginghose und wie mir als nächstes auffiel, hielt er eine Bierflasche in der Hand.

Er hatte doch wohl nicht...

"Verpiss dich!", maulte Kaden mir zu. Den Alkohol konnte ich klar und deutlich riechen.
„Ich muss mit dir reden.", sagte ich, anstatt seine Anweisung zu befolgen und reckte meinen Kinn die Höhe.
„Nun ich aber nicht mit dir, also zisch ab."

Seine Worte fühlten sich an wie ein Faustschlaf ins Gesicht. Also zisch ab.
Ich versuchte seine Abweisung nicht persönlich zu nehmen. Kaden war verletzt, da konnte ich verstehen, wenn er niemanden bei sich haben wollte. Aber auf der anderen Seite war ich mir sicher, dass er sich insgeheim freute, dass jemand nach ihm sah.
Außerdem war er nicht gerade nüchtern anwesend.

Also stellte ich mich gerade hin und fixierte ihn mit eisernem Blick. „Ich denke zuhören tut's auch."

Ohne groß darüber nachzudenken quetschte ich mich an ihm vorbei und lief geradewegs ins Haus. Mein Weg führte mich ins modern eingerichtete Wohnzimmer. Neben der riesigen grauen Couch, auf der mit Sicherheit zehn Leute Platz finden würden, befand sich gegenüber ein großer Smart TV mit Musikanlage, aus der die lauten Beats ertönten.

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