7.4.

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Auf einer Sanddüne, nur wenige Meter von uns entfernt, tauchte eine weiße Silhouette auf. Ich erschauderte und das lag nicht an meiner noch feuchten Kleidung. »Das da vorne sieht aus wie eine Geisterfrau«, flüsterte ich bibbernd. Seit wir den Leuchtturm verlassen hatten, kämpfte sich die Kälte vehement in meinen Körper zurück.

Liam blieb stehen und schaute zu der Erscheinung. 

»Hey, ihr da!« Ich fuhr zusammen, als ich die Frauenstimme hörte. Liam legte mir eine Hand auf die Schulter. Ich glaubte ihn über meine Ängstlichkeit grinsen zu sehen. »Normalerweise bin ich nicht so schreckhaft«, murmelte ich.

Die Gestalt kam auf uns zugeeilt und ich musste den Drang unterdrücken, zu schreien, oder wegzurennen, doch schon nach wenigen Sekunden erkannte ich, dass es sich bei dem Geist um eine dunkelhäutige Frau im weißen Kleid handelte, und ich entspannte mich wieder. So ängstlich kannte ich mich nicht. 

Sie blieb keuchend vor uns stehen. »Was macht ihr denn bei diesem Wetter hier draußen?«

»Wir, ähm ... «, antwortete ich. 

Liam schwieg. Die Frau schaute zwischen uns hin und her. »Lasst mich raten, ihr trefft euch heimlich, weil eure Eltern nichts von euch wissen dürfen?«

Ich spürte wie mir die Röte ins Gesicht schoss. 

»Wir sind nur, ähm ... «

»Nachtspaziergänger.«

»Nachtspaziergänger.« Ich schielte zu Liam, aber dieser schaute zu der Frau. »Genau wie ich.« Die Frau grinste. »Mein Name ist übrigens Klara und ihr zwei seid?«

»Yara«, sagte ich. 

Liam schwieg. Es wirkte fast, als hätte er in dem Leuchtturm nie sein Schweigen gebrochen. »Das ist Liam.« Ich spürte einen kurzen Anflug von ... Ärger. Dieses Gefühl tauchte so plötzlich in mir auf, als gehörte es nicht zu mir, sondern zu ... Erneut blickte ich zu ihm. Vielleicht hatte er seinen Namen nicht Preis geben wollen.

»Freut mich«, sie reichte mir und Liam abwechselnd die Hand. Ich nahm sie etwas verlegen entgegen. 

Liam rührte sich nicht, also wandte sich Klara wieder mir zu. Sie musste ihn jetzt schon als äußerst seltsam empfinden. »Ich hab ein Café hier ganz in der Nähe. Gerade erst eröffnet. Wollt ihr zwei nicht mitkommen und euch aufwärmen? Ihr seht total durchgefroren aus.«

Liam drehte sich um und wollte schon davon stampfen, aber ich hielt ihn zurück. 

Ich empfand die Einladung als äußerst freundlich. Außerdem versprachen solche unüblichen Begegnungen immer etwas besonders zu werden. Drei Menschen, die den Sturm liebten. Uns alle verband die Nacht. Klara lächelte unsicher. »Oh je, ich bin immer etwas ... direkt. Ich wollte euch nicht stören.« Sie lachte hell auf und fuhr sich durch die Locken. »Was ihr jetzt von mir denken müsst! Tauche einfach mitten in der Nacht hier auf wie so eine Verrückte.«

»Ach, wir sind selbst verrückt«, sagte ich leichthin und spürte wieder diesen leichten Anflug von Ärger in mir. »Bei dem Wetter rauszugehen, meine ich.«

Ich schaute zu Liam, der auf seiner Unterlippe herumkaute. Auf einmal fühlte ich mich schlecht. Ich wollte ihn zu nichts drängen und sein Vertrauen nicht missbrauchen. Für diesen Nacht hatte er sich mehr als genug überwunden. »Aber ... «, fügte ich hinzu. »Ich muss die Einladung ausschlagen, vielleicht kann ich aber mal trotzdem bei deinem Café vorbeikommen.«

Erneut suchte mich Ärger heim und ich schüttelte den Kopf. »Was ist denn jetzt?«, fragte ich Liam. Dieser zuckte zusammen, dann verzog er die Mundwinkel nach unten, deutete auf Klara, dann auf mich und schließlich die Dünen hinauf. Ich zog eine Braue hoch. Von außen musste das Ganze absolut lächerlich aussehen. 

Herz aus Salz und GlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt