-12.1- Könige über Luft und Meer

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Rotglühende Schuppen legten sich über seine Haut, während er ein Stück ins Wasser watete und sich dann wieder zu mir umdrehte. Seine Züge wurden schärfer, die Wellen um ihn herum zogen sich zusammen, um sich dann in alle Richtungen zu verteilen. Flammen züngelten über seine Glieder, hüllten ihn ein und manifestierten sich schließlich in ein goldrotes Glühen. Vor mir stand ein Junge aus Licht, dessen Umrisse flimmerten und sich schließlich ausdehnten. Ein Ball aus purer Energie formte sich. Eine heiße Druckwelle ging davon aus, die über den Sand hinwegfegte und die Feuchtigkeit aus meiner Kleidung drängte.

Ich wich nicht zurück. Keinen Schritt. Mein ganzer Körper kribbelte. Ich spürte, wie das Wasser mich anzog. Das Licht schwächte ab und ich konnte die Konturen eines Drachen erkennen. 

Saphirschuppen strahlten mir entgegen und Liam senkte seinen Schädel. Ich trat auf ihn zu und betrachtete die langen, spitzen Ohren, die im Wind hin und her zuckten. 

Er gab ein Schnurrendes Geräusch von sich, als ich auf seinen Rücken kletterte und meine Arme um den glatten Hals legte. Unter den blauen Schuppen hindurch, konnte ich seine Wärme spüren. Der mächtige Brustkorb hob und senkte sich langsam.

»Bist du bereit?«, tastete sich seine Stimme durch meinen Kopf. 

»Ja«, flüsterte ich atemlos. Die Aufregung saß tief in meinem Bauch. Ich würde gleich fliegen, wirklich fliegen. 

Liam stieß ein tiefes Schnauben aus seinen Nüstern, erhob sich und breitete die durchschimmernden Flügel aus. Jetzt, da ich sie aus nächster Nähe betrachten konnte, sahen sie aus wie Schwingen aus eingefangenem Mondlicht. 

Ein Gefühl der Ehrfurcht durchflutete mich. Ich winkelte die Beine an. Dieses Wesen konnte einfach nicht mit Worten beschrieben werden. Wunderschön traf es nicht mal ansatzweise. 

Magie. Ja, Liam war pure Magie, die sich fremd und gleichzeitig so vertraut anfühlte, als würde sie selbst ein Teil von mir sein. 

Er ließ die Flügel nach unten schnellen und stieß sich vom Boden ab. In einem Sturm aus Wassertropfen schwang er sich in die Lüfte.

Der Wind drückte meinen Kopf einen Moment nach unten und ein starkes Ziehen machte sich in meinem Unterbauch breit, doch dann konnte ich mich aufrichten.

»Oh mein Gott«, keuchte ich, löste erst eine Hand von seinem Hals, dann die andere und breitete die Arme aus. 

Wir flogen über das endlose Meer hinweg und schwebten den Wolken, dem Mond, entgegen. 

»Ich fliege, Liam!«, rief ich. »Wie eine Möwe.« Ich musste laut lachen und streckte dem Zugwind mein Gesicht entgegen.

Es war ziemlich kühl hier oben und Gänsehaut überzog meine Arme und Beine, doch das Freiheitsgefühl und die tiefe Zuneigung, die ich zu dem Drachen empfand, war so viel größer als jedes andere Gefühl.

»Wenn du lachst, lacht das Meer mit dir«, hörte ich Liam in meinem Kopf. Seine Worte trafen mich wie Tropfen einen See, die auf den Grund hinabsanken und Teil von mir wurden. Ich fühlte mich auf einmal nackt, aber das schwache Mondlicht kleidete mich neu und Liams starke Atemzüge, die ich unter meinen Beinen spüren konnte, schenkten mir Geborgenheit.

»Wir sind wie die Könige der Luft und des Meeres«, flüsterte ich an sein Ohr. Ich musste lächeln, ein trauriges, aber ehrliches Lächeln. »Lass uns zusammen über die Nordsee herrschen.«

Ein Tunnel aus Licht flackerte vor uns auf. Es waren die selben Spiralen, die ich bereits unter Wasser gesehen hatte. Sie flirrten, als würde Strom durch sie hindurchfließen. Liam flog ohne zu zögern durch sie hindurch. Eine Wand aus Hitze schlug mir entgegen und raubte mir für einen Moment den Atem. Ich kniff die Augen zusammen und presste mich an seinen Hals. Die Welt vor meinen geschlossenen Lidern begann sich zu drehen. Eine leise Übelkeit legte sich über meine Brust und dann wurde es auf einmal kühl. Die plötzliche Kälte traf mich beinahe schmerzhaft und ich riss die Augen auf.

Herz aus Salz und GlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt