-13.1- Drei Leben

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Als ich am Strand entlang Richtung Klaras Café lief, konnte ich mich kaum noch an die letzten Stunden Unterricht erinnern. Mein Kopf fühlte sich an, als hätte jemand Watte hineingestopft. Watte, die mir dumpfe Kopfschmerzen bescherte. Klara wollte mir etwas zeigen und ich musste dringend mit jemanden reden.

Ich schaute auf meine Handyuhr. Mir blieben nur noch knappe zwei Stunden, dann würde meine Mutter von der Arbeit wiederkommen und wenn ich dann nicht Zuhause war, würde es richtig Ärger geben. Streit mit meiner Mutter war wirklich das Letzte, das ich jetzt noch gebrauchen konnte.

Klara erwarte mich schon und führte mich durch den Gastraum in ein kleines Büro. 

»Du siehst nicht gut aus«, stellte sie fest und ich ließ mich seufzend auf dem Schreibtischstuhl nieder, den sie mir anbot. »Es geht um Liam, habe ich recht?«

Ich nickte. »Er ist krank. Er hustet Blut. Ich weiß nicht, wie ich ihm helfen soll. Ich weiß ja noch nicht mal, wo er gerade ist.«

Klara hockte sich auf die Kante des Schreibtisches. 

»Ich habe eine Theorie«, sagte sie und sah mich dabei aus ihren dunklen Augen aufmerksam an. »Sie ist verrückt. Doch das würde zu seiner Ausstrahlung passen.« 

»Ich bin ganz Ohr«, murmelte ich müde. 

Klara schaltete den Computer ein und öffnete eine Internetseite. Ich starrte auf einige Bilder in schlechter Qualität, die einen drachenartigen Schatten am Himmel zeigten. 

Klara scrollte nach unten und ich las den Text, der darunter geschrieben stand.

Die Gemeinde Drya soll von Drachen gegründet worden sein. Das mittelalterliche Wappen der Kleinstadt, war der Drache. Sollten diese Bilder die Gemeinde dann noch wundern? Was, wenn diese Wesen real sind? Oder fliegt dort oben über den Wolken nur ein großer Vogel? Ist es gar ein Überbleibsel längst ausgestorbener Giganten aus der Kreidezeit?

Ich schluckte. Konnte es sein, dass jemand Liam fotografiert hatte? 

»Was willst du mir damit sagen?«, fragte ich vorsichtig. Konnte Klara Liams Geheimnis einfach so gelüftet haben? Immerhin verfügte sie über die Gabe, Dinge zu erkennen, die anderen verborgen blieb. 

»Es gibt viele Geschichten über Drachen hier in der Gegend«, sagte sie. »Eine unglaubwürdiger als die andere. Aber dieser Ort hier ist ... anders. Er ist voller Magie. Das spürst du, nicht wahr?«

Ich nickte. 

»Liams Andersartigkeit ist mir einfach nicht mehr aus dem Kopf gegangen und dann hatte ich einen seltsamen Traum.« Sie seufzte und zwirbelte sich eine Locke auf den Finger. »Vielleicht hat Liam etwas mit diesen Wesen zu tun. Ich weiß, das hört sich sehr an den Haaren herbeigezogen an.« Sie lachte unsicher. »Ich wünschte, du hättest gesehen, was ich gesehen habe.«

»Was hast du denn gesehen?«, fragte ich. Ein flaues Gefühl stellte sich in meinem Magen ein. Was wusste Klara?

»Wie sehr diese dunklen Flecken ihn verzehren. Du hast mir von deinen Träumen erzählt und von den Stimmen, die du hörst ... «

»Es tut mir leid«, murmelte ich. Gewissensbisse fraßen sich durch die Watte in meinem Kopf. 

»Wieso entschuldigst du dich denn jetzt?« Sie nahm meine Hand und drückte sie. 

»Ich wollte dich da nicht mit reinziehen. Du hast sicher eigene Probleme und ich kotze mich bei dir aus, dabei kennst du Liam nicht einmal.«

Klara schüttelte den Kopf. »Mach dir nicht so viele Gedanken. Wir sind uns ähnlicher als du denkst.« Sie zwinkerte. »Wie kann ich ignorieren, was für unglaubliche Dinge um mich herum geschehen? Außerdem mag ich dich, kleine Meerprinzessin.«

Herz aus Salz und GlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt