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~ somewhere on the road between Palmanova and Milan~

Es schien fast schon zum Ritual zu werden, das Louis kommentarlos in den oberen Teil des Busses verschwand, während der Rest der Jungs unten im Bus den Abend ausklingen ließen. Es sollte mich nach diesem Tag also nicht überraschen, dass Louis ohne ein weiteres Wort an mir vorbei stolzierte.

"Emily you're joining us?" Ignorierte Joseph das Verhalten seines Schützlings und sah mich stattdessen fragend an. Ich schüttelte nur leicht den Kopf.

"I promise next time, but I still need to call someone." Lehnte ich ab und begab mich ebenfalls in den oberen Teil des Busses. Privatsphäre war definitiv etwas, was man nicht hatte, wenn man auf Tour war. Denn die einzige Tür die man, von Louis eigener mal abgesehen, in diesem Bus abschließen konnte, war die von dem kleinen Badezimmer.

Mein Duschzeug, neue Klamotten und Handy mitnehmend, verbarrikadierte ich mich also im Bad. Hoffentlich nahm Harry ab, wo auch immer auf der Welt er sich gerade befand.

~

Das dritte mal in Folge brach der Anruf nach dem ersten Freizeichen ab. Verwirrt nahm ich das Handy von meinem Ohr. Vollen Empfang hatte ich, das konnte also nicht das Problem sein. Seufzend drückte ich zum vierten Mal auf die mir mittlerweile so bekannte Nummer. Komm schon Harry, nimm ab. Erleichtert atmete ich durch als es bereits das zweite mal klingelte.

"You're number is restricted from making this connection, for further details please contact your phone provider."

Fassungslos ließ ich das Handy sinken. Harry hatte mich blockiert, meine Nummer gesperrt oder sonst was getan, damit ich ihn nicht mehr erreichen konnte. Ich schluckte, Louis Ansage hatte wohl genau das bewirkt, was er beabsichtigt hatte. Harry ließ mich in Ruhe.

Und jetzt? Louis war sauer auf mich, weil Harry mich hier eingeschleust hatte und Harry war sauer, weil er dachte ich hätte was mit Louis am laufen? Gott diese beiden Jungs würde mich noch umbringen.

Duschen. Ich musste duschen. Fast schon mechanisch befreite ich mich von meinen verschwitzten Klamotten und stieg in die Duschkabine. Bereits nach Sekunden wusste ich nicht mehr ob es Tränen oder das Wasser aus dem Duschkopf war, das meine Sicht verschleierte. Ich war fertig, das Chaos der letzten Stunden war einfach zu viel gewesen. Angestrengt rang ich nach Luft, das ausgelassene Lachen der anderen drang nur dumpf durch die Tür.

Die Tränen hörten einfach nicht auf, ein überfordertes schluchzen unterdrückend, presste ich meine Hand krampfhaft gegen meine Lippen. Die Wände schienen mich von Sekunde zu Sekunde mehr zu erdrücken. Zwanghaft schnappte ich nach Luft, die meine Lunge einfach nicht zu erreichen schien. Das Wasser stoppte ohne Vorwarnung, hinterließ augenblicklich eine Gänsehaut auf meinem ganzen Körper. Kraftlos ließ ich mich an der Duschwand runter gleiten. Mir wurde immer kälter aber ich konnte nichts dagegen tun, wie gefangen in meinem eigenen Körper klammerte ich mich an mich selbst. Krampfhaft konzentrierte ich mich darauf zu atmen, doch immer wieder zuckten Bilder von Max leeren Blick vor meinem inneren Auge auf.

Mir war so unerträglich kalt und warm zu gleich. Es war meine Schuld. Warum war ich nicht ein paar Minuten früher da gewesen? Eine halbe Stunde, lächerliche 30 Minuten und er würde noch leben. 3,75 € hatte der Cappuccino gekostet den ich unbedingt kaufen musste. 3,75 € war sein leben Wert gewesen.

Die Kälte umschloss mich wie ein Mantel aus blankem Eis, brannte unerträglich auf meiner Haut.

Ich wusste nicht wie lange ich auf dem Boden der Dusche verbracht hatte, als ein lautes Klopfen mich endgültig zurück ins hier und jetzt brachte. "Come on Emily you've been in there for ages." Zwei angestrengte Atemzüge später wurde mir klar, dass Adam wohl auf eine Antwort wartete.

Care for you. |H.S.|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt