Die letzten Tage durfte Emma die Hütte nicht verlassen, sollte den Arm schonen. Lorna war diesbezüglich recht resolut, da sie einer möglichen Infektion vorbeugen wollte.
So lag Emma die meiste Zeit auf ihrem Schlafplatz und ließ ihre Gedanken schweifen, wenn sie nicht gerade Lorna Gesellschaft leistete.Heute ist der erste Tag, an dem sich Lorna erweichen ließ und Emma ist ihr mehr als dankbar dafür. Sie hatte schon das Gefühl, dass der Dachboden immer kleiner werden würde, je länger sie sich darin aufhält.
Mit einem kleinen Weidenkorb in der Hand, schlendert sie durchs Dorf, während sie sich erneut ihren Gedanken hingibt.
"Werwölfe...", denkt sie,
als würde dieses Wort etwas erklären. Ihr erklärt es gar nichts.
Es ist ein Wort, das etwas beschreibt, das sie sich nicht mal im Ansatz vorstellen kann.
Seit den letzten Tagen geistern ihr unzählige Fragen durch den Kopf und die, die am lautesten ist, fragt, ob sie bleiben soll.
Wie sollte sie als Mensch hier leben?
Doch von Ben weiß sie, dass sie nicht die einzigen sind.
Hinter diesem Zaun, vor dem sie nun stehen bleibt und an ihm emporsieht, soll es noch andere geben. Solche wie sie in der Nacht traf.Eigentlich wollte Emma auch nach Erik sehen und sich bei ihm bedanken.
Sie tat es bisher nicht.
Sie weiß nicht mal warum, doch etwas hindert sie.Genauso wie sie etwas hindert hier ruhig auszuharren. Seit ihrem neuem Wissen spürt sie eine innerliche Unruhe, die sie verrückt werden lässt und sie hat große Mühe dies zu verbergen.
Die Sorge um Alex ist nun übermächtig und auch die Angst, dass während sie hier war, er...
"Nein!", scheltet sich Emma und schüttelt den Kopf.Sie wendet sich von der Wand ab und läuft ziellos durchs Dorf.
Die, an denen sie vorbeiläuft ignoriert sie, obwohl sie durchaus das Gemurmel wahrnimmt, blickt sie nicht ein einziges Mal auf, bis sie bei den Hühnern ankommt.
In aller Ruhe scharren diese mit ihren Schnäbeln über den Boden und picken Körnchen um Körnchen.Emma lehnt sich ans Gitter und kommt nicht umhin sich zu fragen, ob nur solch Getier auf ihrem Speiseplan stehen oder nicht noch... anderes.
Sie schüttelt den Kopf und blickt empor, empor zu den kahlen Baumkronen, deren Äste und Zweige sich wie eine Decke über das kleine Gehege spannen.Es ist zum Haare raufen.
Sie lebt in einer Welt, von der sie nichts weiß und sie ist anders, als sie sich sie vorstellte."Wie lange bist du schon hier?", fragt plötzlich eine Stimme.
Emma zuckt zusammen und wirbelt herum.
"Ich...", beginnt sie und schluckt, "Eine Weile."
Lukas nickt und stellt sich neben sie. Sein Blick richtet sich auf die Hühner, genauso wie es ihrer kurz vorher tat.
Sie sieht ihn an, betrachtet ihn von der Seite. Sein markantes Gesicht, die blauen Augen und sein nachtschwarzes Haar, das trotz seiner Dunkelheit in der Lage ist das Sonnenlicht einzufangen. Es schimmert."Dir scheint es besser zu gehen", stellt er fest und nickt ihrem Arm zu. Emma blickt auf diesen, befühlt ihn und sieht wieder empor.
"Dank Lorna", stimmt sie ihm zu, die Hand noch immer an der Stelle, in die sie der Wolf biss.
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When the snow falls
ParanormalFernab der Zivilisation, versteckt in einem tiefen, endlosen Wald liegt ein kleines Dorf. Jedes Jahr, sobald der erste Schnee fällt, wird ein Mädchen erwählt, die zu sein, die diesem Ruhm und Reichtum einbringen soll. Dafür muss es das Dorf verlasse...