~• Kapitel 2 •~

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Am ganzen Körper zitternd, sieht sich Emma um, doch ihr Blick reicht nicht weit, denn die Dunkelheit verschluckt alles in näherer Umgebung

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Am ganzen Körper zitternd, sieht sich Emma um, doch ihr Blick reicht nicht weit, denn die Dunkelheit verschluckt alles in näherer Umgebung.
Nur der Mond spendet noch ein wenig Licht, doch es ist zu schwach, um Emma eine Hilfe zu sein. Die Tannen stehen zu dicht aneinander und versperren mit ihren ausladenden Zweigen dem Licht jeden Weg gen Boden.

Emma wagt einen Schritt, bevor sie zögerlich stehen bleibt.
Fragen wirbeln durch ihren Kopf, die sie nicht beantworten kann.
Am liebsten würde sie sich auf die Knie fallen lassen und weinen, solange bis ihr Vater sie findet.
Sowie er es einst tat, als sie ihn als kleines Mädchen zur Jagd begleitete und sich in dem Bild der vielen kleinen Blümchen verlor, ohne zu merken, dass ihr Vater weiter ging.

Dieses Mal wird er sie nicht finden und sie ist sich nicht sicher, ob sie überhaupt von jemandem gefunden werden möchte.
Außer von einem; Alex.
Wie sehr wünscht sie sich, dass er aus dem Unterholz bricht und erleichtert ausatmet, in dem Wissen sie gefunden zu haben und auch sie wäre erleichtert und glücklich, doch Alex kommt nicht und das ist eine Wahrheit, mit der sie sich abfinden sollte, rügt sie sich im Geiste selbst.

Sie blickt sich erneut um, während sie sich weiterhin in ihren Gedanken verliert.
Sie haben sie nicht gehen lassen wollen. Haben sie Alex erwischt, vielleicht sollte sie zurück gehen?
Sie schüttelt den Kopf.
Wenn Alex es geschafft hat zu fliehen und er genauso wie sie alleine im Wald ist, würde ihr Gang zurück bedeuten, dass alles umsonst gewesen ist.

Sie zittert stärker. Die Kälte durchdringt immer mehr ihre Kleidung.
"Ich brauche einen Unterschlupf. Erst dann kann ich nachdenken. Erst, wenn ich vor der Kälte sicher bin", sagt sie zu sich selbst, um ihre Gedanken zum Verstummen zu bringen.
Sie dreht sich einmal um sich selbst und entscheidet sich dafür in die entgegen gesetzte Richtung zu laufen, aus der sie kam.

Die Tannennadeln knirschen unter ihren Füßen, als sie sich in Bewegung setzt.
"Hoffentlich begegnet mir kein Wildschwein", murmelt sie und versucht so die Stille, die um sie herum herrscht, zu unterbrechen.
Nun, fällt ihr auch erst auf wie ruhig es ist- ungewöhnlich ruhig.
Sie war schon nachts im Wald. Meist mit ihrem Vater, um die Fallen zu überprüfen, die sie am Tage auslegten oder mit Alex, wenn sie die Regeln des Dorfes brachen und im Wald spazieren gingen. Es war immer anders, als es jetzt ist.
Sie hörte den Wind in den Baumkronen rascheln und Tiere, wie sie durchs Unterholz liefen oder Geräusche von sich gaben.
Manchmal hörten sie sogar einen Uhu, der seinem Namen alle Ehre machte.
Jetzt hört Emma nichts dergleichen.
Kein Tier, kein Rascheln und nicht mal den Wind.
Es ist still. Viel zu still für Emmas Geschmack und schon wieder rügt sie sich im Inneren für diese Gedanken. Ist dies alles nicht schlimm genug, muss sie sich zusätzlich auch noch Angst einflüstern.
Sie seufzt.

Nach einiger Zeit, in der sie durch die Dunkelheit ging und irgendwann sogar zu laufen begann, um die Kälte zumindest ein wenig zu vertreiben, sieht sie, wie sich etwas aus der Dunkelheit erhebt.
Vorsichtig geht sie näher heran und kann kaum glauben, was ihre Augen da erfassen.
Ihre Mundwinkel ziehen sich unwillkürlich in die Höhe, als sie der Hütte entgegen blickt.
Es scheint eine alte, herunter gekommene Hütte zu sein, die nicht mehr bewohnt wird.
Das Dach ist zur Hälfte eingestürzt, als hätte ein Sturm seinen Tribut gefordert und die Eingangstür hängt nur noch in einer Angel, sodass der obere Teil sich gen Boden neigt.
"Vier Wände reichen mir", murmelt Emma und läuft darauf zu.

Langsam schiebt sie sich unter der Tür hindurch, vorbei an dem Dach, das ihr bis zur Hüfte geht und sie beim Eintritt begrüßt.
Sie biegt nach links ab, schlängelt sich an den Brocken einer eingestürzten Wand vorbei und bleibt in einem kleinen Raum, der weiter hinten gelegen und noch relativ unberührt ist, stehen.
"Scheint die Speisekammer gewesen zu sein", sagt Emma zu sich selbst mit Blick auf die Regale, die vom Boden bis zur Decke reichen und eine ganze Wand säumen.

Emma dreht sich einmal um sich selbst. Es ist nicht groß, doch mehr als ausreichend für die Nacht.
Auch die Kälte macht ihr nicht mehr soviel aus, auch wenn sie die Tür zum Raum nicht schließen kann, da es keine gibt, so ist diese Möglichkeit viel besser, als auf dem kalten Waldboden zu schlafen.

Sie setzt sich auf den Boden und lehnt ihren Rücken an die Hüttenwand.
Es ist nicht bequem, es ist nicht warm, doch es ist besser und mit diesem Gedanken gleitet Emma in den Schlaf.

~•~

Als Emma aufstand taten ihr alle Knochen weh und nachdem sie ihre Gedanken sortiert hat, kam sie zu dem Ergebnis, dass sie drei Tage und Nächte auf Alex warten und nach ihm suchen würde. Finden die beiden beim vierten Sonnenaufgang nicht zueinander, überlegt sie sich wie es weitergeht.

Ihr erstes Ziel für diese Zeit ist es ihren neuen Schlafraum ein wenig wohnlicher zu gestalten.
Dafür rollt sie die Brocken der Wand nach draußen, um einen besseren Durchgang zu haben und sucht in den nicht zerstörten Teil der Hütte nach etwas, was ihr den Aufenthalt angenehmer gestaltet.

Nun steht sie mit einer alten, löchrigen, braunen Jacke, die ihr viel zu groß ist und einem Stuhl, dessen Lehne abgebrochen ist, in ihrem kleinen Kämmerlein.
Im angrenzenden Raum, der scheinbar ein Essbereich war, fand sie eine kleine weiße Kerze, zwei Feuersteine, einen Becher und zwei eiserne Schüsseln.
Den Stuhl stellt sie mitten in die Kammer und positioniert darauf die Kerze.

Nach getaner Arbeit, verlässt Emma, mit einer der Schüsseln, die Hütte und blickt sich tief ausatmend um.
Der Winter zeigt sich heute von seiner dunkleren Seite.
Dicke graue Wolken verhängen den Himmel und verstecken so das warme Licht der Sonne.

Emma wischt sich den Staub von ihrem Kleid und hofft in der Umgebung einem See, einen Fluss oder einen Bach zu finden.
"Einfach los laufen", weist sie sich selbst an und setzt sich in Bewegung.
Auf ihrem Weg hält sie immer mal wieder an, wenn sie Vogelmiere, Pfennigkraut, Gundermann oder Labkraut entdeckt. Vorsichtig pflückt sie die jungen Blätter und verstaut sie in den Taschen ihres Kleides.
Auch wenn es nicht an einen Eintopf heran kommt, so werden diese Blätter zumindest ein wenig ihren Magen füllen und ihren Hunger stillen.

Emma hält inne.
Hatte sie nicht eben etwas gehört?
Sie lauscht, atmet ganz ruhig.
Nichts...
Sie wartet noch einen weiteren Moment, blickt sich um, ehe sie ihren Weg fortsetzt. Vergessen ist das Geräusch, das sie wahrnahm.

"Oh!", ruft sie freudig aus, als sie nach dem Verstreichen einiger Zeit, sieht wie die Bäume sich lichten und den Blick auf eine ruhige dunkle Oberfläche preis geben.
Braunes Schilf säumt den kleinen Teich, der ruhig dar liegt.
"Es geschehen noch Zeichen und Wunder", sagt Emma und blickt gen Himmel.
Sie kniet sich ans Ufer und schöpft in die Schüssel Wasser.
Gerade, als sie sich aufrichtet und umdrehen will, knackt es laut hinter ihr.
In ihrer Bewegung erstarrt harrt sie aus.
Das Knacken war ganz nah und klang so, als ob es nicht von einem Hasen stammt.
Emma ist klar, wenn sie sich dieses nicht einbildete, dann muss da etwas größeres hinter ihr stehen.
Hoffentlich kein Wildschwein...
Angst erfüllt sie bei dieser Vorstellung und macht ihr das Atmen schwer.
Sie schließt die Augen und zählt leise bis drei.
Mit einer schnellen Bewegung, die das Wasser aus der Schüssel schwappen lässt, dreht sie sich um.

~• Fortsetzung folgt •~

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