~• Kapitel 2.4 •~

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Lautes Gefluche reißt Emma aus dem Schlaf. Laut stöhnend und sich den Schlaf aus den Augen reibend, tappert sie nach draußen, um dem Fluchen auf den Grund zu gehen.
Draußen angekommen, traut sie ihren Augen kaum, als sie einen jungen Mann erblickt, der sich mit seinem Hosenbein in einem Busch verfangen hat und auf einem Bein hüpfend, laut fluchend, versucht sich zu befreien.
Es sieht fast... Nein, nicht nur fast, es sieht witzig aus und ehe Emma sich versieht, lacht sie aus vollem Hals.

Der Mann blickt erschrocken auf.
"Kannst du mir bitte helfen?", ruft er ihr zu, während er weiter an seinem Bein zerrt.
Sofort vergeht Emma das Lachen und Scham erfüllt sie.
Mit schnellen Schritten läuft sie auf ihn zu und besieht sich das Hosenbein.
"Warte, beweg dich nicht", fordert sie ihn auf, als sie sich niederkniet und mit ihrer Hand das Hosenbein ergreift.
Sie spürt die Zweige über ihre Haut kratzen, doch das macht ihr nichts.
Sie möchte ihm helfen und wieder gut machen, dass sie ihn auslachte, auch wenn der Anblick wirklich komisch aussah; Emma muss erneut grinsen.
"Geht es?", fragt er, während er versucht das Gleichgewicht zu halten.
"Wer läuft auch durch einen Busch?", murmelt Emma, während sie nach und nach den Stoff befreit.
"Der, der den Busch nicht gesehen hat", antwortet der Fremde stumpf.
Sie rollt mit den Augen, sodass der Fremde es nicht sehen kann.
"Zieh mal", fordert sie ihn auf und drückt mit ihrem Arm die Zweige zurück.
Langsam, aber sicher befreien sie das Hosenbein und als der Fremde aufrecht neben ihr steht, klopft Emma sich ihre Hände ab und richtet sich auf.

"Vielen Dank für deine Hilfe", sagt der Fremde und hält ihr seine Hand hin, "Mein Name ist Ben und wie heißt du?"
Zögerlich sieht Emma von der Hand zu dem Besitzer hinauf.
Er ist einen guten Kopf größer als sie und erinnert von der Statur ein wenig an ihren Vater, der auch so ein breites Kreuz hat.
Seine wuschligen braunen Haare fallen ihm ins Gesicht und verbergen sein linkes Auge. Sein rechtes Auge, das für Emma gut sichtbar ist, blickt sie aus einem warmen Braun heraus an.

Ben lächelt freundlich, während er darauf wartet, dass sie seine Hand ergreift.
Nach einiger Zeit lässt er sie jedoch sinken.
"In Ordnung, du willst deinen Namen nicht verraten. Das verstehe ich."
"Du verstehst mich?", wiederholt Emma langsam.
Ben nickt und blickt sich um. Seine Augen schweifen übers Emmas Kopf hinweg.
Er dreht sich wieder zu ihr.
"Du bist hier ganz alleine. Ich an deiner Stelle wäre auch vorsichtig", antwortet er ihr verständnisvoll.

"Was hast du hier eigentlich gemacht?", fragt sie nach einiger Zeit mit dem Blick gen Boden.
Sie weiß, dass Neugier des Katzes Tod ist. Etwas was ihr ihre Mutter jeden Tag sagte.
"Stell keine Fragen. Nimm die Dinge wie sie sind", geht die Stimme ihrer Mutter durch ihren Kopf, doch sie ist nicht hier und Emma ist auch nicht mehr in ihrem Dorf.
"Ach", unterbricht Ben ihre Gedanken und holt sie zurück ins Hier und Jetzt, "Ich war auf der Jagd."
"Auf der Jagd?", echot Emma und kommt sich allmählich so vor, als besäße sie keinen eigenen Wortschatz.
"Deswegen hast du mich retten müssen." Er grinst und dreht sich zu dem Busch. "Da ist ein Hase rein gelaufen, den ich verfolgte."
Emma glaubt sie hätte sich verhört, "Du jagst, in dem du den Tieren hinterher läufst?"
"Ja natürlich, ist das so merkwürdig?", fragt er irritiert nach, "Wie jagst du denn?"
"Ich jage nicht. Ich kenne es so, dass Fallen ausgelegt werden, zumindest für die kleineren Tiere."
"Und wer versichert einem, dass genau das Tier, das man will in die Falle geht und nicht ein anderes?", fragt er ernst nach und durchbohrt sie mit seinem Blick.
"Ich- ich", stottert sie und knetet ihre Finger.
"Alles gut", sagt er plötzlich und in seinem Gesicht steht wieder ein Lächeln, "Jeder hat seine eigene Art Dinge zu tun, das ist in Ordnung."
"Ja", gibt Emma erleichtert zurück, "Ich denke auch."
"Übrigens", ruft Ben beinahe aus und wirbelt herum, "Hast du Hunger? Ich habe hinter dem gefährlichen Busch einen Hasen liegen, der mir nicht entwischt ist."
Stolz spiegelt sich auf seinem Gesicht, ehe er auf den Busch zugeht und dieses Mal so klug ist ihn zu umrunden.
Mit einem fetten Hasen in den Händen kommt er wieder zum Vorschein.
"Und", fragt er, "Hunger?"

When the snow falls Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt