...to fight for you

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Montag, 7:30 Uhr. Ich steige aus dem Bus aus und gehe in Richtung Schule. Viele Schüler strömten an diesen recht kühlen Februar Morgen in das Gebäude um sich aufzuwärmen.
Ich gehe betont langsam in das Foyer, bleibe dann vor dem Vertretungsplan stehen und bemerke, dass meine ersten beiden Stunden entfallen. Na klasse. Ich hätte länger schlafen können. Seufzend gehe ich hoch in die erste Etage und setze mich in eine Ecke der Cafeteria. Ich bin todmüde, ich könnte meine Augen schließen und hier an Ort und Stelle einschlafen. Doch das tue ich nicht. Stattdessen höre ich Musik und fange an zu zeichnen. Seitdem Emma und ich zusammen sind, habe ich kein Bild mehr von ihr bekommen und sie keins mehr von mir. Ich würde das jetzt gerne ändern.
Also fange ich an, ein Herz zu zeichnen und Emmas Augen darein.
Ich liebe ihre blauen Augen. Sie waren so unglaublich einzigartig. Sie hatte auch kleine, grüne Sprenkel darin, dadurch wirkten sie noch kräftiger und heller.
Dann malte ich noch ihre Augenbrauen dazu und schrieb ihr dann einen kleinen Text dazu. Fertig. Hoffentlich würde sie sich freuen.

Nach kurzer Zeit kreuzten mehr Leute aus meiner Klasse auf, sie grüßten mich kurz und setzten sich dann etwas weiter weg hin. Auch die Jungs und Kollegen von Ben waren da. Nur er fehlte.
Ich vertiefte mich auf mein Handy und schrieb Vanessa. Die hatte verschlafen, aber durch den Entfall würde sie doch noch pünktlich kommen.
Vanessa hatte immer so ein Glück.

Um kurz nach neun betrat Ben die Cafeteria, sofort zog es sich in mir komplett zusammen. Er begrüßte seine Leute, sah sich um und ließ seinen Blick auf mir haften. Er sagte was zu seinem Kumpel und kam dann auf mich zu.
"Na, Leo? Alles fit im Schritt?", grinste er. Entspannt setzte er sich neben mich und legte seinen Rucksack ab.
"Verschwinde.", sage ich zittrig. Mir wurde schlecht, ich wusste nicht was Ben vorhatte, geschweige denn was er wollte.
"Na, sei mal nicht so. Wie geht's dir? Wie geht's Vanessa? Hat sie dir nun endlich ihre Liebe gestanden?", fährt er fort und lehnt sich auf seine Hand wie ein 10 jähriges Mädchen es machen würde.
In mir rattert es. Was redet Ben da? Er hat ja schonmal so Andeutungen gemacht, aber stimmte es?
"Was redest du für einen Unsinn?", frage ich genervt und packe meine Sachen zusammen.
"Vanessa hat es mir gesagt als wir zusammen waren. Sie hat Gefühle für dich. Sie musste auch ständig an dich denken wenn sie bei mir war, auch wenn wir unanständige Sachen getrieben haben. Aber sie will dass du glücklich bist. Also wollte sie es dir niemals sagen. Ach, upsi..."
Ben hält sich seine Hand vor den Mund.
Ich starre ihn ungläubig an.
"Naja, Dinge passieren. Was wirst du jetzt tun? Emma oder Vanessa? Hm? Und was wird Emma dazu überhaupt sagen? Ich meine, du und Vanessa schlaft ja auch in einem Bett und kuschelt miteinander."
"Ben, sie wird dir kein Wort glauben.", sage ich leise und versuche aufzustehen und zu gehen.
"Leo! Pass auf wenn du mal alleine bist.", sagt er noch und geht zu seinen Kumpels rüber. Ich stehe hastig auf und stürme aus der Cafeteria.
Stimmte es?
Hatte Vanessa Gefühle für mich?

Verdammt.

Ich laufe zur Bushaltestelle und warte auf Vanessas Bus. Die sieben Minuten vergehen viel zu langsam für mich.
Kaum dass ich Vanessa sehe, schnappe ich nach ihrem Arm und ziehe sie beiseite.
"Stimmt es, was Ben über dich sagt?", frage ich sie tonlos.
Vanessa schaut mich erschrocken an.
"Wa- Was sagt er denn?"
"Vanessa, hast du Gefühle für mich?", frage ich sie gerade heraus.
Stille. Vanessas Blick starrt mich entgeistert an.
Ich warte auf die Antwort und schaue sie fragend an.
"Leo, können wir das wann anders besprechen?"
"Nein, Vanessa ich will wissen was mit dir los ist und wieso Ben mir sowas erzählt!", ich werde unabsichtlich  lauter und greife nach ihrer Hand.
"Leo, bitte lass uns nach Hause und ich erkläre es dir. Aber nicht hier. Bitte!", fleht sie mich an.
Ich knicke ein und nicke.
"Lass uns nach Hause."

In mir bricht was ein, während wir mit dem Bus wieder zurück fahren. Wenn das alles stimmt, muss ich das Emma erzählen und wie sie reagiert, das will ich mir gar nicht vorstellen. Und wie soll das funktionieren? Vanessa und ich leben zusammen. Wir sehen uns Tag und Nacht. Sie war immer mein Rückzugsort, die Person der ich am meisten vertraute. Und jetzt? Ich konnte ihr nichts mehr sagen was Emma und mich betrifft, weil es sie verletzen würde.

Vanessa schließt die Wohnung auf und geht schnurstracks in ihr Zimmer. Ich eile ihr nach, weil ich denke, dass sie sich wieder einschließt. Aber sie steht an ihrem Regal und holt ein Buch hervor.
"Was machst du da?", frage ich recht kraftlos.
"Dir deine Antwort geben.", kommt es genauso kraftlos zurück.
Vanessa hatte das Buch aufgeschlagen und holte etliche Zettel aus einer Seite und gab sie mir.
"Was ist das?", frage ich und schaue auf das kleine Bundle.
"Die Antworten auf deine Fragen. Lies sie dir alle durch und dann weißt du alles.", sagt sie und senkt ihren Blick.
Dass ich die sonst so starke und selbstbewusste Vanessa mal so schwach sehen würde, hätte ich niemals gedacht.
Ich lasse mich auf ihr Bett fallen und öffne den ersten Zettel.

Ocean EyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt