Maybe you are my hero...

144 8 0
                                    

Endlich kehrte Ruhe um uns ein. Emma und ich hatten uns ausgesprochen, sie ging jetzt mehrmals wöchentlich zu Frau Missall. Sie meinte, es täte ihr gut mit jemanden über ihre Familie zu reden. Ich merkte es ebenfalls, dass sie viel entspannter geworden ist, auch wenn mal das Thema 'Ex-Freundin' fällt.
Ich hatte mir im Internet einen Termin für eine Therapeutin gemacht, niemand wusste davon. Nur ich. Und ich war recht stolz auf mich, diesen Schritt gemacht zu haben.
Heute war der Termin, ich würde nach der Schule direkt zu der Therapeutin hinfahren, sofern mir eine gute Ausrede für Emma einfiel. Sie würde Fragen stellen.
Es war mittlerweile der Montag nach dem zweiten Advent, Weihnachten rückte näher und meine Mutter fragte mich ziemlich offensichtlich, was ich mir denn wünschen würde.
Geantwortet habe ich bisher nicht auf diese Frage. Ich werde es auch nicht beantworten können, ich hatte ja Emma. Sie war eigentlich alles was ich brauchte.
Eigentlich wollte ich Emma meiner Mutter endlich als meine feste Freundin vorstellen, aber ich traute mich noch nicht. Und Emma war dies eh egal, da sie und meine Mutter wirklich hervorragend miteinander auskamen. Ich dachte auch nicht, dass meine Mutter damit ein Problem haben würde, wenn ich mich oute, aber trotz allem traute ich mich nicht.

An dem Tag verging der Unterricht rasend schnell, Emma hatte mir geschrieben, sie müsste in den Pausen mit Frau Missall reden, nach der Schule würde sie auf mich warten.
Nach dem letzten Gong schlendere ich mit Vanessa raus vor die Schule, wo Emma an einen Pfeiler gelehnt, steht und raucht. Die schwarze Lederjacke mit dem Bordeaux roten Schal sahen echt super an ihr aus.
"Na du Nase?", fragt sie mich schief lächelnd.
"Na du?", gebe ich zurück und küsse sie kurz.
"Hey äh, Leute? Ich geh schonmal, ich hab ja gleich mein Date.", sagt Vanessa etwas lauter und deutet zur Bushaltestelle. Emma und nicken nur. Dann sehen wir einander wieder an.
"Deine Nase ist eiskalt. Wieso hast du heute keinen Schal dabei? Es soll später noch schneien.", sagt sie und tippt auf meine Nase.
Mir war ja auch echt kalt, aber den Schal, den ich besaß, der sah einfach nur blöd aus.
"Hab ich wohl vergessen.", grummelte ich.
"Naja, ich verzeihe dir. Also, was willst du heute machen?", fragt Emma mich dann, zieht ein letztes Mal an ihrer Zigarette und drückt sie dann am Pfeiler aus.
"Ich hab gleich einen Zahnarzt-Termin mit meiner Mutter. Also muss ich jetzt dahin. Aber wir können später gerne was machen oder so.", log ich. Gut dass die Röte in meinem Gesicht von der Kälte kam.
Emma sah mich skeptisch an.
"Hmm, okay. Soll ich dich hinfahren? Dann musst du nicht auf den Bus warten bei der Kälte.", bietet sie an.
"Oh nein, das wäre ein totaler Unweg für dich, fahr du nach Hause und dann geht ganz schnell die Zeit um und wir machen was schönes." Ich hätte Schauspielerin sein können, die gutes Geld verdient.
"Na gut. Aber wenn irgendwas ist, rufst du mich sofort an, ja?", fragt sie ernst.
"Ja mach ich. Versprochen."
Erneut küssen wir uns, diesmal länger. Danach geht Emma zu ihrem Wagen und ich zur Bushaltestelle. Dabei entwirre ich meine Kopfhörer auseinander. In mir wuchs die Aufregung, die Angst und die Nervosität.
Was kommt auf mich zu?

Emmas P.O.V.
Was erwartete mich jetzt zuhause?
Eine Nachricht von meiner Mutter und mir war Übel vor Angst.
Noch saß ich in meinem Auto vor der Schule, starrte auf mein Handy und auf das Lenkrad.
Nach Hause wollte ich nicht. Vorerst auf jeden Fall nicht.
Plötzlich klopfte jemand gegen die Scheibe neben mir.
Erschrocken fahre ich zusammen und schaue in das Gesicht von Frau Missall. Grinsend winkt sie mir, während ich mich entspanne und mir an mein Herz fasse. Ich steige aus und sehe sie bestrafend an.
"Sie haben mich so erschrocken!", sage ich nur atme laut aus.
"Hab ich gesehen!", lacht Frau Missall und drückt meine Hand.
"Das war es echt wert. Sag mal, was machst du noch hier? Hast du nicht schon längst Schule aus?", fragt sie dann.
"Ja schon. Nur will ich nicht nach Hause.", sage ich dann.
"Hm, ich verstehe. Willst du mit zu mir kommen bis heute Abend? Dann verschiebt du das Aufeinander-Treffen zwar nur, aber vielleicht lenke ich dich noch etwas ab.", schlägt die Blondine vor.
"Total gerne.", antworte ich darauf. "Steigen Sie ein, dann fahren wir."
Und so sitze ich, mit meiner Vertrauenslehrein, in meinem Wagen, auf dem Weg zu ihr, um dort den Nachmittag zu verbringen. Überhaupt nicht komisch.

Ocean EyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt